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ANTIQUARIAT/139: "Waffenhändler" von Isabel Kreitz (SB)


Isabel Kreitz


Waffenhändler



Hamburg in den späten 50ern: Während in einem Luxushotel eine Prominentenhochzeit vorbereitet wird, explodiert wenige Straßen entfernt eine Bombe. Dem Attentat fällt ein Exporteur zum Opfer, der mit einer delikaten Ware handelt: Waffen. Zwei Kripo-Beamte nehmen die Ermittlungen auf, sind den Fall jedoch auf Anweisung von oben bald wieder los. Tatenlos müssen sie zusehen, wie sich ein Geflecht aus Wirtschaftskriminalität und Terrorismus entfaltet, in das höchste Kreise verwickelt sind und dessen Vorgeschichte bis in den Krieg zurückreicht ...


Über diese Einführung kann der Leser froh sein, denn die Handlung dieses sehr kompakten Albums erschließt nicht so leicht, wie man es vielleicht gewohnt ist. Das hat mehrere Gründe: Während andere Zeichner den gleichen Stoff in einer der heutzutage üblichen drei- bis fünfbändigen Mini-Serien unterbringen, hat Isabel Kreitz die ganze Story in ein einziges Album gepackt - was durchaus lobenswert ist, denn wann kommt man sonst schon mal in den Genuß, eine Geschichte gleich von Anfang bis Ende durchlesen zu können, ohne erst viele Monate auf eine Fortsetzung warten zu müssen (die dann vielleicht noch nicht einmal erscheint). Zum anderen verzichtet die Zeichnerin bei ihrer in verschiedenen Zeitebenen spielenden Geschichte völlig auf die normalerweise verwendeten graphischen Hilfsmittel oder Hinweise im Text, um den Wechsel der Erzählebene zu verdeutlichen. Man muß sich also schon mehr als üblich konzentrieren, um der Handlung folgen zu können. Als weitere Erschwernis kommt hinzu, daß man die Personen zum Teil kaum auseinanderhalten kann und daß sich zudem das Aussehen ein und derselben Person von Bild zu Bild so stark verändert, daß man sich nicht mehr sicher ist, wer da jetzt in welcher Zeitschiene agiert. Aber, wie gesagt, mit ein bißchen Konzentration kommt man schon dahinter.

Nimmt man nun auch noch den auf den ersten Blick wenig ansprechenden Aquarellstil hinzu, mit der die Federzeichnungen - ausschließlich in Grautönen übrigens - koloriert sind, könnte man schnell zu einem übereilten Urteil kommen, das diesem Album ganz und gar nicht gerecht wird. Denn, und das macht die Sache wieder spannend, man merkt bei aufmerksamer Betrachtung bald, daß all diese "unattraktiven" Eigenschaften absichtlich gewählt wurden, und ganz im Dienst der Geschichte stehen. Da soll eine bestimmte Atmosphäre, die Tristesse der 50er Jahre eben, vermittelt werden, und die eher derb und grobschlächtig wirkenden Gestalten, die wenig Sympathie erwecken, machen deutlich, daß jeder sich zunächst einmal selbst der Nächste ist - und dies auch bleibt.

Kurz und gut, "Waffenhändler" ist ein interessantes und empfehlenswertes Album, keine leichte Kost allerdings, und in seiner Ernsthaftigkeit irgendwie "typisch deutsch". Mit Sicherheit ist es nichts für diejenigen unter den Comic-Fans, die lieber im Hochgeschwindigkeitstempo über die Seiten fliegen, oder sich vorzugsweise an farbenprächtigen Phantasiegespinsten ergötzen.

16. Februar 2010


Waffenhändler
von Isabel Kreitz
Carlsen Verlag Hamburg, September 1998
48 S., Softcover, s/w., damaliger Preis 19,90 DM
ISBN 3-551-01732-8