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INTERNATIONAL/034: Kolumbien - Der "Herr der Bücher" von Bogotá (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Kolumbien
Der "Herr der Bücher" von Bogotá

Von Luz María Gómez


(Buenos Aires, 16. Februar 2018, ecupres) - José Alberto Gutiérrez ist ein ganz normaler Kolumbianer. Von zehn Uhr nachts bis sechs Uhr morgens arbeitet er in den wohlhabenden Vierteln Bogotás als Müllsammler. Rund zwanzig Jahre ist es her, dass er bei einer seiner Touren auf eine Ausgabe von Leo Tolstois Anna Karenina stieß. Mit dem Fund kam ihm die Idee zu einem ganz besonderen Projekt: Er sammelt die Bücher ein, die die Leute weggeschmissen haben und verteilt sie in den ärmsten Vierteln. Durch seine Tätigkeit hat er mittlerweile weitreichende Bekanntheit erlangt, man kennt ihn als den "Herrn der Bücher". Seine erste Bibliothek entstand mit den Fundstücken seiner Touren durch Bogotá. Ein Problem in der kolumbianischen Hauptstadt ist, dass sich städtischen Bibliotheken weit entfernt von den ärmeren Vierteln befinden, was den Zugang erschwert.


Die Kraft der Worte

Dank José Albertos Idee entstand die Initiative "Die Kraft der Worte" (La fuerza de las palabras). Dahinter verbirgt sich das Ziel das Lesen zu fördern, begleitet von verschiedenen Workshops und Konferenzen. Um dieses Programm noch weiter zu verbreiten, besorgte sich Gutiérrez sogar einen Kleintransporter, belud diesen mit Büchern und machte sich auf den Weg durch Kolumbien und erreichte auch die entlegensten, überwiegend von Indigenen bewohnten, Randzonen Kolumbiens. Von Anfang an war es ein Familienprojekt: Alberto sammelte, was er fand, während seine Frau beschädigte Buchdeckel flickte und seine Tochter die Titel sortierte. Der jüngste Sohn und die jüngste Tochter unterstützten bei den Workshops. Am Ende entstand sogar eine Bibliothek im Erdgeschoss des eigenen Wohnhauses.


Der Traum vom Büchermuseum

Gegenüber Associated Press äußerte Gutiérrez seinen Wunsch: "Ich möchte mein eigenes Büchermuseum [...] Seit vielen Jahren sammele ich, was in den Müll gegeben wird. Ganz besonders im Norden von Bogotá. In den letzten Jahren überließ man mir dabei Tausende von Spenden. Man kennt mich jetzt. [...] Beeinflusst wurde ich durch meine Mutter, die mittlerweile 80 Jahre alt ist. Jeden Abend las sie mir Geschichten vor. [...] Sie hat mich dazu gebracht den Büchern Liebe und Glauben zu schenken. Für mich sind sie die beste Erfindung, das Großartigste, was einem Mensch passieren kann."

Gerettet hat José Alberto Gutiérrez bislang rund 20.000 Bücher.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2018

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