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BUCHTIP/1137: "Nur Wissen kann Wissen beherrschen" (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 01.09.2008

"Nur Wissen kann Wissen beherrschen"

Forscher der Universität Jena legt Buch über Macht und Verantwortung der Wissenschaft vor


Jena (01.09.08) Wissen ist Macht! Auf diesen Zusammenhang hat schon vor 400 Jahren der englische Staatsmann und Philosoph Francis Bacon mit Nachdruck hingewiesen. Bacon ließ sich damals von der Vision leiten, dass Wissenschaft und Technik den Menschen eines Tages in das verloren gegangene Paradies zurückführen werden. Doch er konnte nicht ahnen, dass das Wissen sich eines Tages verselbstständigen und, geschürt durch gesellschaftspolitische Ideologien, bei vielen Menschen Ängste hervorrufen würde. Aus den Ängsten entwickelte sich wiederum eine weit verbreitete Feindseligkeit gegenüber dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt.

Gegen die sich in der Gesellschaft ausbreitende Wissenschaftskritik und die damit verbundene, gelegentlich auch aggressive Form des Anti-Intellektualismus wendet sich Prof. Dr. mult. Bernd-Olaf Küppers von der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit seinem gerade erschienenen Buch "Nur Wissen kann Wissen beherrschen". Das Buch will über das Wesen der Wissenschaft aufklären und damit einen offensiven Beitrag zur Debatte um Chancen und Gefahren der Wissenschaft leisten. Worin besteht das Wesen der Wissenschaft? Was sind ihre Forschungsgegenstände? Welche Ziele verfolgt sie und welche Verfahren wendet sie an? Gibt es in der Vielzahl ihrer Disziplinen einen inneren Zusammenhang? Wo liegen die Grenzen und wo die Perspektiven der Wissenschaft? Das sind Kernfragen, die Küppers zu klären versucht, wobei es ihm nicht zuletzt um die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Technik geht.

"Die Segnungen der Wissenschaft werden im täglichen Leben von den Kritikern zwar gerne genutzt - von denselben Leuten aber auch rigoros abgewertet. Diese antiintellektuelle Haltung zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten", kritisiert der Physiker und Philosoph. Dabei ist die Abwertung des wissenschaftlich-analytischen Denkens als Folge fortwährender Kritik an Wissenschaft und Technik kein neues Phänomen. Bereits vor Jahrzehnten haben Wissenschaftsphilosophen und Kulturtheoretiker darauf aufmerksam gemacht. Neu sei jedoch die übertriebene Moralisierung, mit der Wissenschaft und Technik überzogen würden und die letztlich den wissenschaftlichen Fortschritt gefährde. Dementsprechend plädiert Küppers in seinem Buch für die uneingeschränkte Freiheit der Grundlagenforschung.

Vom Leitgedanken Bacons ausgehend, entwickelt der Autor eine Philosophie des Wissens, die das aufgeklärte wissenschaftliche Denken zum Maßstab aller Dinge macht. Die Menschheit müsse sich, so die Grundthese des Buches, in der Wissensgesellschaft der Zukunft auf einen uneingeschränkten Szientismus einstellen, der unter der Vorherrschaft der modernen Biologie die grenzenlose Manipulierbarkeit der Natur ermögliche. Und man werde es lernen müssen, den wissenschaftlichen Fortschritt nicht als Fluch, sondern als Chance zu begreifen. Eine Chance, die es möglich macht, die Gesellschaft endlich von den Fesseln und Widersprüchlichkeiten eines über zweitausend Jahre alten Natur- und Menschenbildes zu befreien.

In der Radikalität des Fortschritts lauert naturgemäß auch die Gefahr des Untergangs. Da es aber in der wissenschaftlich aufgeklärten Welt keine absolute Wahrheit gebe, so Küppers, werde das Wissen zur Kontrollinstanz seiner selbst. "Die Kritiker von Wissenschaft und Technik sollten deshalb begreifen, dass nur mit einem sich ständig verbessernden Wissen die Folgen von Wissenschaft und Technik kontrolliert werden können", sagt Küppers. Als "eine gefährliche Gratwanderung zwischen Selbstverwirklichung und Selbstzerstörung" beschreibt Küppers die Rolle des Menschen im wissenschaftlich-technischen Zeitalter und beweist damit, dass auch 400 Jahre nach Bacon die Devise "Wissen ist Macht" gültig ist.


Bernd-Olaf Küppers:
Nur Wissen kann Wissen beherrschen
Fackelträger Verlag, Köln 2008, 570 Seiten
32 Euro, ISBN 978-3-7716-4360-7

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution23


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Katrin Czerwinka, 01.09.2008
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2008