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BUCHTIP/1185: Vögel, Bestimmungsbuch von Haymann und Hume (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 9/2009

Vögel - Von P. Hayman & R. Hume

552 S., über 3900 Abb., Hardcover, 30 x 22 cm, inkl. CD-ROM.
Kosmos, Stuttgart, 2009
ISBN 978-3-440-11795-8. EUR 49,90.


Das mächtige Buch soll der Vogelbestimmung dienen. Es sitzt aber zwischen den Stühlen. Einerseits wenden sich die vielen Bilder und Detailbilder von Peter Hayman, die wiederum die von ihm gewohnte Könnerschaft beweisen, an den Vogelbeobachter, der schon "angebissen" hat, und nähern sich dem Ziel eines modernen Bestimmungsbuches, möglichst viele Kleider einer Art abzubilden. Andererseits kann manches nur dem Anfänger etwas sagen, wie etwa sehr simple Phänologiediagramme, plakative kurze Hinweise in einem Kasten "Schon gewusst?" und ein oft dürftiger Arttext mit Gemeinplätzen. Der Anfänger aber wiederum wird durch die Vielzahl der keineswegs immer in einer sinnvollen Reihe angeordneten Teilbilder überfordert. Auch für versierte Beobachter und Bestimmungsbuchnutzer verzögert sich das Nachschlagen, da der Druckraumaufteilung mancher Tribut gezollt wurde: Bei den Großmöwen etwa sind nicht alle Altersstadien und dann noch bei den zu vergleichenden Arten teilweise in unterschiedlicher Anordnung und Sichtweise dargestellt, den Kurzfangsperber hat man zwischen Würgfalke und Gleitaar geschoben statt bei Sperber und Habicht zu lassen, für ein altes gibraltariensis-Männchen beim Hausrotschwanz blieb nur ein Foto statt eines Vergleichsbildes. Überall hat man versucht, neue "Splits" zu berücksichtigen; oft ist das auch gut gelungen. Aber wenn etwa Steppenmöwe, Zypernsteinschmätzer, Waldpieper, Kanarenpieper, Türkenammer oder maura-Schwarzkehlchen nicht behandelt und z.T. auch nicht einmal erwähnt werden, sind das für heutige Ansprüche einfach zu viele Auslassungen. In der Nomenklatur hat man sieh neuen Gesichtspunkten weitestgehend angepasst, in der Familieneinteilung (nur im Inhaltsverzeichnis) geht es noch durcheinander. Übersetzungsmängel scheinen sich in Grenzen zu halten, doch ist das natürlich Unsinn, wenn sieh die Mittelmeersteinschmätzer "einander so ähnlich sehen, dass sie heute meist als eigene Arten behandelt werden". Jeder Art ist auch ein Foto beigegeben, das oft eine recht gute Möglichkeit bietet, die Zeichnung in einen realen Eindruck umzusetzen.

Das Buch bringt mit seinen Bildern und Hinweisen manche Anregung bei der Nacharbeit einer Exkursion zu Hause. Für draußen steht eine CD mit Bildern, Text und Stimmen von 250 Arten für den iPod zur Verfügung. Das ist eine nicht unwesentliche Kombination. Im Buch sind die kurzen Begleithinweise zu den Zeichnungen sehr nützlich und in dieser Form auch noch kaum praktiziert; die kurzen Arttexte dagegen weitgehend nichtssagend. Insgesamt wird aber wenig Neues gegenüber der großen von Peter Barthel bearbeiteten Ausgabe von Grant, Mullarney, Svensson u.a. von 1999 desselben Verlags geboten, deren Text nach damaligem Stand erheblich gründlicher und nützlicher, deren Bilder trotz sehr guter Leistung von Peter Hayman durchweg besser sind. Auch gegenüber dem Taschenführer von Svensson u. a. halten sich die Neuerungen und Fortschritte in Grenzen. Vom Bildangebot ein modernes und gutes, dem Text nach ein eher mäßiges Vogelbuch.

E. Bezzel


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 9/2009
56. Jahrgang, September 2009, S. 360
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de
Internet: www.falke-journal.de

Erscheinungsweise: monatlich
Einzelhelftpreis: 4,80 Euro
Das Jahresabonnement für 12 Hefte ist im In-
und Ausland für 49,- Euro zzgl. Porto erhältlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2009