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FRANZÖSISCH/158: Lehrmittel... H.-O. Hohmann - Discuter en français (SB)


Heinz-Otto Hohmann


Discuter en français

Französisch-deutsche Diskussionswendungen mit Anwendungsbeispielen



Es gibt ganz unterschiedliche Motive, eine fremde Sprache zu lernen und diesen verschiedenen Interessen gemäß eine Vielfalt sinnvoller und auch weniger sinnvoller Methoden, sich diese zu eigen zu machen. Auch der Begriff davon, was es genau bedeutet, eine Fremdsprache zu beherrschen, kann sich erheblich unterscheiden. In den letzten Jahren haben in dieser Beziehung zwei Tendenzen Raum gegriffen. Zum einen erhalten der Bereich der sachlichen Diskussion, also der Austausch von Argumenten, sowie die Wirtschaftsfachsprache zunehmende Bedeutung, während die Konversation, die weit mehr Platz für individuelle und kreative Gedanken läßt, an Bedeutung verliert. Parallel zu dieser Entwicklung weicht als Entsprechung im weiteren Sinne das umfangreiche Literatur- und Textstudium, also die Lektüre umfänglicher Werke sowie die Auseinandersetzung mit Gedichten und Sachtexten, einer genau definierten Zweckorientierung. Letztere erfordert die Fähigkeit, sich auf schnelle Art einen Überblick über den Informationsgehalt vorliegender Texte zu verschaffen, sie damit auf die gewünschten Daten hin zu überfliegen oder zu sichten. Was man nicht sucht allerdings, das findet man auch nicht, der eigene Horizont bleibt eingeschränkt und Unbekanntes unerschlossen.

Mit dieser allgemeinen Tendenz schwindet die Fähigkeit, komplizierte Sinnzusammenhänge zu erfassen; die Neigung, kurze Sätze, gar Telegrammstil als präziser und informativer zu empfinden, geht damit einher. Dieser Entwicklung entsprechend erscheint uns heute das Lernen mit kontextualen Versatzstücken als selbstverständlich und aus dem Grunde schwer zu hinterfragen. Man empfindet es als hilfreich, weil es direkter zum Ziel zu führen scheint als das Studium längerer Texte, und beraubt sich damit der Möglichkeit, in sprachliche und auch gedankliche Bereiche vorzudringen, die mit Textbausteinen und -versatzstücken nicht zu begehen sind.

Es wäre sicher nicht ganz gerecht, das vorliegende Werk, das französisch-deutsche Diskussionsbausteine präsentiert, in letztere Ecke zu stellen. Dennoch bietet es hier den Anlaß für ein paar grundsätzliche Gedanken zu Sprachenerwerb und Kommunikation.

In einer Gesellschaft, in der in wachsendem Maße der Ellenbogen, also die soziale Durchsetzungsfähigkeit zulasten anderer zählt, um an der Tafel noch platznehmen zu können, hat das ernste Bemühen, über die Sprache einen Zugang zum anderen Menschen zu finden, keinen Raum, denn es macht angreifbar. Statt dessen sind Worthülsen gefragt, erscheint es notwendig zu blenden. Im schulischen Unterricht wird die Fähigkeit, sich im verbalen Austausch zu bewähren und zu behaupten zunehmend wichtiger. Im Vordergrund steht, Eindruck zu machen, Pointen, Killerphrasen und verbale Totschläger geschickt einzusetzen, das Richtige und Treffende zu sagen. So erscheint es natürlich logischer zu lernen, welche Wortkombination in welcher Situation die angemessene ist, als sich über die Auseinandersetzung mit der fremden Situation und Sprache die Frage zu stellen: Was will ich eigentlich genau sagen und wie vermittle ich das meinem Gegenüber? Ist der als treffend definierte Begriff wirklich treffender als mein Bemühen, mich dem anderen mit vielen Worten, Händen und Füßen verständlich zu machen? Wieviel Distanz schaffe ich erst mit der Tatsache, daß ich den "richtigen" Ausdruck wähle? Letztlich reduziert man sich freiwillig und beraubt sich der Möglichkeiten, die das fröhlich verzweifelte Radebrechen noch bietet, Sprachgewandtheit und -witz bleiben auf der Strecke. Und schlimmer: Was man dadurch verliert, merkt man nicht.

Für den Lehrer und auch für den geübten Fremdsprachler gilt es an dieser Stelle, auf das Bemühen um Verständigung, Kommunikation und Wirklichkeitsbewältigung, für die Sprache ein Mittel der Wahl ist, nicht zu verzichten. Nur dann kann ein solches Medium wie das vorliegende Büchlein in dem eingegrenzten Rahmen, für den es konzipiert ist (offizielle Diskussionen, Tagungen, Konferenzen) eine Hilfe sein und sollte dem Sprachlernenden mit den entsprechenden Anmerkungen nahegebracht werden. Als kleine Stütze und Anhaltspunkt im Rahmen einer vielgestaltigen Auseinandersetzung mit der fremden sowie der eigenen Sprache, bietet der vorliegende Band sogar eine Zusammenstellung, wie man sie als Lernender gern zum Stöbern und Nachschlagen für eine Reihe weiterer Bereiche hätte (abgesehen davon begeistert es immer wieder, daß man dieses Format ganz ungezwungen auch in die Hosentasche stecken kann.)

Nicht zuletzt gilt es zu erwähnen, daß es diesen Band erfreulicherweise nicht nur auf Englisch, sondern auch für die französische Sprache gibt und man damit das Englische an den Platz stellt, auf den es gehört: eine Fremdsprache unter vielen, mit deren Hilfe es gelingen könnte, eine Verständigung zu erreichen. Die Dominanz einer Sprache und mit ihr einhergehend einer ganzen Gedankenwelt über eine andere, bedeutet einen nicht wiedergutzumachenden Verlust. Das Bemühen hingegen, sich mit der eigenen eine andere zu erschließen, ist immer ein Gewinn.


*


Zur Gestaltung des Bandes:

Die in der vorliegenden Ausgabe präsentierten Formulierungen und Redewendungen sind soweit möglich nach Alphabet sortiert und unter den einzelnen Überschriften zu Gruppen zusammengefaßt.

1. Expressions fréquemment utilisées dans une discussion
  Häufig gebrauchte Wendungen in Diskussionsbeiträgen

2. Exprimer une opinion ou une réaction personnelle
  Meinungsäußerung oder persönliche Reaktion

3. Souligner quelque chose
  Aussageintensivierung

4. Exprimer une réserve
  Absicherung durch Einschränkung

5. Constater des faits
  Konstatieren von Sachverhalten

6. Évaluer des faits
  Einschätzung von Sachverhalten

7. Contraste/Opposition
  Gegensatz/Gegenüberstellung

8. Transition/Expressions utilisées pour éviter des pauses
  Überleitung/Sprechpausenüberbrückung

9. Conclusions/Récapitulation
  Abschluss/Zusammenfassung von Gesprächsbeiträgen

10. Expressions diverses fréquemment employées dans une discussion, un commentaire ou une conversation
   Häufig gebrauchte allgemeine Wendungen beim Diskutieren und Kommentieren sowie im Gespräch - ohne besondere Zuordnung

Formulierungen zum organisatorischen Ablauf von Konferenzen und Sitzungen

Neben diesen Rubriken gibt es:
Lernerinformationen,
Arbeitshinweise,
Zeichen und Abkürzungen
sowie ein Register der deutschen Übersetzungen.

Begleitet werden die einzelnen Wendungen jeweils durch ein Anwendungsbeispiel. Auswahlkriterien waren ihre hohe Gebrauchsfrequenz durch Muttersprachler sowie ihre leichte Transferierbarkeit - letzteres ein Hinweis auf die Einschränkungen, denen man schon durch das Konzept, Sprache über Satzbausteine zu vermitteln, unterliegt.

traiter qc sommairement
Je ne pourrai traiter ce problème que
sommairement. [S. 26]

etwas summarisch (knapp/gedrängt) behandeln
(abhandeln)
Ich werde dieses Problem nur summarisch
(knapp/gedrängt) behandeln (abhandeln)
können. [S. 27]

Laisser [beaucoup à désirer
Sa culture générale laisse [beaucoup]
à désirer [S. 82]

[sehr] zu wünschen übrig lassen
Seine (Ihre) Allgemeinbildung lässt [sehr]
zu wünschen übrig. [S. 83]

On peut dire d'une façon générale que (...)
On peut dire d'une façon générale que les
problèmes sociaux vont s'aggraver dans
les prochaines années. [S. 84]

Man kann ganz allgemein sagen, dass ...
Man kann ganz allgemein sagen, dass die
sozialen Probleme in den nächsten Jahren
zunehmen (wörtl.: sich verschlimmern)
werden. [S. 85]

Das Bändchen bietet das, was man in diesem Zusammenhang im Wörterbuch häufig sucht und selten findet, an einem Ort vereint. Es handelt sich, seiner Funktion gemäß, um eine gehobenere Wortwahl und weniger um eine lockere Umgangssprache. Der jeweilige Beispielsatz ist unerläßlich, weiterer Kontext, also Beispieltexte oder Diskussionsauszüge würden den Rahmen des Bändchens sprengen. Man sollte sich im Unterricht oder beim Selbstlernen allerdings darum bemühen, so viele weitere Texte wie möglich miteinzubeziehen. Darüber hinaus wäre es wichtig, um das eigene Spektrum zu erweitern und sich letztlich von einengenden Orientierungen lösen zu können, immer auch der Frage nachzugehen, wie man das Gewünschte noch ausdrücken könnte und welche weiteren Implikationen die vorliegende Wendung möglicherweise hat. Der flexible Umgang mit starren Vorgaben könnte darüber hinaus Wege erschließen, sich den aktuellen Tendenzen zu Vereinheitlichung und Reduktion der denkbaren Inhalte und Konzepte entgegenzustellen.

19. Februar 2007


Discuter en français
Französisch-deutsche Diskussionswendungen
mit Anwendungsbeispielen
Von Heinz-Otto Hohmann
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 19716
Philipp Reclam jun. Stuttgart 2006
144 Seiten, 4,00 Euro
ISBN-13: 978-3-15-019716-5
ISBN-10: 3-15-019716-3