Leipziger Messe GmbH - LEIPZIGER BUCHMESSE (12. bis 15. März 2015)
Pressemeldung vom 12.03.2015
Die Gewinner des Preises der Leipziger Buchmesse stehen fest: Jan Wagner, Phlipp Ther und Mirjam Pressler
Die Jury des Preises der Leipziger Buchmesse unter der Leitung von Hubert Winkels hat entschieden: Jan Wagner, Philipp Ther und Mirjam Pressler lauten die Preisträger 2015 in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung. Insgesamt 115 Verlage hatten 405 Werke in den Wettbewerb 2015 geschickt.
Jan Wagner
Regentonnenvariationen
Hanser Berlin
Zur Begründung:
Jan Wagners Gedichte haken sich im Gedächtnis fest. Sie sind anschaulich, spezifisch, von zurückhaltender Intelligenz. Flora, Fauna und menschliche Debakel nimmt er freundlich in den Blick, ohne allzu viel Aufhebens um seine Wahrnehmungsfähigkeit zu machen. Klassische Formen wie die Ode oder das Sonett verwendet Jan Wagner ganz unauffällig, in meist reimlosen Versen, deutlich rhythmisiert und oft mit erzählerischem Schwung.
Die Lyrik ist die von den Lesern am meisten unterschätzte Gattung. Dabei war sie einst die Königsdisziplin. Gedichte bieten Ruhe und Konzentration auf engstem Raum. Sie sind kleine Bollwerke gegen Ablenkung und Zerstreuung. Und sie sind nicht flüchtig: fürs Wiederholen gemacht, prägen sie sich dem Gedächtnis ein. Jan Wagners Gedichte schenken dem Kleinen, dem Nebensächlichen Beachtung. Und sie machen es dem Leser nicht schwer. Dass nun zum ersten Mal beim Preis der Leipziger Buchmesse ein Gedichtband ausgezeichnet wird, wirkt hoffentlich wie ein Paukenschlag. Der möge den "Regentonnenvariationen", dem mittlerweile fünften Gedichtband des Lyrikers, viele Leser bescheren.
Der Autor
Jan Wagner, 1971 in Hamburg geboren, lebt als Lyriker, Übersetzer
und Herausgeber in Berlin. 2001 erschien sein erster Gedichtband
Probebohrung im Himmel. Es folgten Guerickes Sperling (2004),
Achtzehn Pasteten (2007), Australien (2010) und Die Eulenhasser in
den Hallenhäusern (2012). Er wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit
dem Kranichsteiner Literaturpreis und dem Hölderlin-Preis der Stadt
Tübingen sowie dem Mörike-Preis 2015.
Philipp Ther
Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des
neoliberalen Europa
Suhrkamp Verlag
Zur Begründung
Ein Wirtschaftsbuch? Ein politisches Buch? Eine Kulturgeschichte? Eine Reportage oder gar Erinnerungen? Wer die Landschaft der nonfiction-Literatur, der Sachbücher, beobachtet, nimmt naturgemäß unterschiedlichste Genres in den Blick. Einer der vielen Vorzüge des Buches von Philipp Ther ist, dass es unterschiedlichste Genres in einem Band vereint. Es ist ein Wirtschaftspolitikideengeschichtsbuch, mit reportierenden Einsprengseln, unter besonderer Berücksichtigung der eigenen Erinnerung.
Philipp Ther holt in "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent" die Vorgeschichte der Reformen von 1989/90 aus den Akten der achtziger Jahre, die Rezepte, die sich mit den Namen Thatcher oder Reagan verbinden. Er beschreibt die Praxis und die Nebenwirkungen der neoliberalen Therapien, die in den Staaten jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs angewendet wurden, während der neunziger und während der nuller Jahre. Vor allem aber reist Philipp Ther mit seinen Lesern durch Prag oder Bratislava oder Budapest und auch übers flache Land. Das Buch changiert aufs Erhellendste zwischen Anschauung und Abstraktion.
Am Ende haben wir eine genauere Vorstellung von den Kontinentalplattenverschiebungen - politisch, geistig, materiell -, die in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten dazu geführt haben, dass heute, unter dem Titel "Ukraine-Konflikt", in Europa wieder Krieg herrscht.
Mit "Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent" ist eine ganz eigene Geschichte der Gegenwart gelungen; eine Geschichte unserer Gegenwart. Man versteht sie besser nach der Lektüre.
Der Autor
Philipp Ther, geboren 1967 im Kleinwalsertal, Österreich, ist
Professor am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität
Wien. Zuvor war er u. a. John F. Kennedy Fellow an der Harvard
University. 2011 erschien sein Buch Die dunkle Seite der
Nationalstaaten. "Ethnische Säuberungen" im modernen Europa,
das vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet
und in mehrere Sprachen übersetzt wurde.
Mirjam Pressler
Judas
Suhrkamp Verlag
Zur Begründung
Das Kammerspielartige dieses vielschichtigen Romans findet sich in den still wirkenden Beschreibungen. Aber es findet sich auch der weite Kontext, in dem dieser Roman spielt. Der politische Kontext Israels um das Jahr 1960 - gelangweilte Heckenschützen - was für eine Wendung! -, das Gewicht der Mauern. Hinter dem Kammerspiel, in dem Oz von drei lebenden Menschen und einigen toten Menschen erzählt, die vermisst und betrauert werden, stehen bei Oz die großen Geschichten von Krieg, Frieden und vielleicht möglich gewesenen Alternativen zum Krieg.
Diese Szenen - das ist aber auch die Übersetzerin Mirjam Pressler. Bei ihr klingen die Szenen so leicht, so selbstverständlich - wie dieser ganze Roman im Klang etwas immer auch etwas Leichtes, manchmal erfrischend Altmodisches, stets Lebendiges hat - in die dann Dialoge über die Figur des Jesus aus der Sicht der Juden und über die schwerwiegenden Entscheidungen bei der israelischen Staatsgründung lebendig eingebaut sind.
Diese Szenen sind in der Übersetzung wie der ganze Roman unter anderem deshalb so gelungen, weil hier nichts nach Übersetzung klingt. Keine Spur des Hebräischen - keine leicht zu übersetzende Sprache - hallt hier nach. Zugleich hat Mirjam Pressler einen Ton gefunden, der sowohl das Kammerspielartige dieses Romans transportiert wie die großen Geschichten, die in ihm stecken.
Ausgezeichnet mit dem Leipziger Buchpreis 2015 wird sie aber keineswegs für diese vielfältigen Verdienste. Sondern ausdrücklich für ihre Übersetzung des Romans "Judas" von Amos Oz, die im Gelingen etwas Beispielhaftes hat. Ein großes Engagement und eine große Kompetenz kamen hier zusammen in einer Zeit, in der dieser Roman auch so etwas wie ein Buch der Stunde ist. Ein Roman, der uns sehr literarisch in viele Hintergründe der konfliktreichen Geschichten rund um Jerusalem einführen kann.
Die Autorin
Mirjam Pressler, geboren 1940, ist Schriftstellerin und Übersetzerin
aus dem Hebräischen, Englischen und Niederländischen. Ihre
Kinder- und Jugendbücher wie auch ihre Übersetzungen wurden u.
a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis, der
Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache und der
Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Sie übersetzte u. a. Aharon
Appelfeld, Zeruya Shalev und John Steinbeck.
Kategorie Belletristik:
Kategorie Sachbuch/Essayistik:
Kategorie Übersetzung:
Der mit insgesamt 60.000 Euro dotierte Preis der Leipziger Buchmesse wird seit 2005 vergeben und ehrt herausragende deutschsprachige Neuerscheinungen und Übersetzungen in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung.
Der Journalist und Literaturkritiker Hubert Winkels hat zum dritten, und damit turnusgemäß letzten Mal den Vorsitz der Fachjury inne. Neben ihm bewerten Lothar Müller, Feuilletonredakteur der Süddeutschen Zeitung; René Aguigah, Abteilungsleiter Kultur und Gesellschaft beim Deutschlandradio Kultur; Daniela Strigl, Literaturwissenschaftlerin an der Universität Wien; Dirk Knipphals, Literaturredakteur der taz und Sandra Kegel, Redakteurin im Ressort Literatur und Literarisches Leben der Frankfurter Allgemeinen Zeitungen. Als neues Jurymitglied konnte Meike Feßmann, Literaturkritikerin und Essayistin vor allem für die Süddeutsche Zeitung und den Tagesspiegel sowie für das Deutschlandradio Kultur und den Deutschlandfunk, gewonnen werden.
Der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig unterstützen den Preis der Leipziger Buchmesse. Partner des Preises ist das Literarische Colloquium Berlin (LCB), Medienpartner sind die Magazine buchjournal und Cicero sowie Deutschlandradio Kultur.
Über die Leipziger Buchmesse
Die Leipziger Buchmesse ist der wichtigste Frühjahrstreff der Buch- und
Medienbranche und versteht sich als Messe für Leser, Autoren und
Verlage. Sie präsentiert die Neuerscheinungen des Frühjahrs, aktuelle
Themen und Trends und zeigt neben junger deutschsprachiger Literatur
auch Neues aus Mittel- und Osteuropa. Durch die einzigartige Verbindung
von Messe und "Leipzig liest" - dem größten europäischen Lesefest - hat
sich die Buchmesse zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Die
Leipziger Buchmesse 2015 findet vom 12. bis 15. März auf dem Leipziger
Messegelände sowie im gesamten Stadtgebiet statt. Es werden rund 2.000
Aussteller, über 235.000 Besucher und mehr als 2.500 Journalisten
erwartet. Parallel zur Leipziger Buchmesse findet die 21. Leipziger
Antiquariatsmesse statt.
Preis der Leipziger Buchmesse im Internet:
http://www.preis-der-leipziger-buchmesse.de
Leipziger Buchmesse im Internet:
http://www.leipziger-buchmesse.de
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Quelle:
Pressemitteilung vom 12. März 2015
Leipziger Messe GmbH
Abteilung: Kommunikation Messen
Messe-Allee 1, 04356 Leipzig
PF 10 07 20, 04007 Leipzig
Julia Lücke, Pressesprecherin Leipziger Buchmesse
Telefon: +49 341 678-6555, Fax: +49 341 678-166555
E-Mail:j.luecke@leipziger-messe.de
Leipziger Buchmesse im Internet: http://www.leipziger-buchmesse.de
Leipziger Messe im Internet: http://www.leipziger-messe.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2015
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