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BUCHBESPRECHUNG/046: Carter - Planet des Untergangs (STAR TREK) (SB)


Carmen Carter, Peter David, Michael Jan Friedman, Robert Greenberger


Planet des Untergangs

The Next Generation



Romane aus dem Star-Trek-Universums ähneln oft den TV- Episoden: Die Wechsel der Handlungsebene erfolgen wie Szenenwechsel, und bei den Figuren werden die typischen Charaktereigenschaften betont. "Planet des Untergangs" bildet da keine Ausnahme. Die Haupthandlung spielt auf dem Planeten Kirlos, auf dem sowohl die Föderation als auch die Hegemonie der kriegerischen K'Vin in ihrem Stadtteil eine Botschaft unterhalten. Die latenten Spannungen zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern schlägt in offenen Aufruhr um, als zeitgleich mit dem Erscheinen der drei Sternenflotten-Offiziere Data, Worf und LaForge auf dem Planeten auf beiden Seiten Bombenattentate durchgeführt werden. Wer für die vielen Anschläge verantwortlich ist, weiß man nicht, aber die wichtigsten Diplomaten auf beiden Seiten, der K'Vin Gregach und die Andorianerin Stephaleh, kennen sich von ihrem gemeinsamen Dyson-Spiel zumindest so gut, daß sie die Situation nicht weiter eskalieren lassen. Dennoch sehen sie sich gezwungen, das Kriegsrecht auszurufen, was nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme gilt, aber unvermeidbar scheint.

Wer aber steckt hinter den Anschlägen? Wer hat ein Interesse an einem neuerlichen Krieg zwischen Föderation und K'Vin Hegemonie? Lange Zeit halten sich die Autoren mit der Antwort zurück, aber die Konstellation ist so klischeehaft, daß dem Leser recht schnell klar wird, wer die Verschwörer sind. Es handelt sich um die Sullurh, die schon vor den beiden Mächten auf Kirlos lebten und nun bei beiden Seiten als Berater auftreten. Allein das macht sie verdächtig, hinzu kommt, daß sie stets lautlos zu erscheinen pflegen, was den Verdacht des Lesers nur noch fördert. Sullurh genießen auf beiden Seiten vollstes Vertrauen, und entsprechend arglos sind die Diplomaten. Und da nicht nur in den TV-Episoden die verschiedenen Handlungsstränge am Ende zusammengeführt und zu einem Faden verwoben werden, sondern auch in den Romanen, kann der Leser auch diesmal von Anfang an erahnen, worum es den Sullurh geht. Denn das einzig Interessante auf diesem Planeten sind die Relikte der uralten, geheimnisvollen Zivilisation der Ariantu, die auszugraben sich die Föderation vorgenommen hat.

Bei den turbulenten Ereignissen auf Kirlos durften alle drei Sternenflotten-Offiziere ihre besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen: Der Klingone Worf besiegte in einer üblen Spelunke einen bärbeißigen, lautstarken Piraten im Armdrücken; Data berechnete auf die zweite Stelle hinter dem Komma genau, wann Worf den Arm seines Widersaches herabpressen würde, und LaForge hat mal wieder den vollen Durchblick und kann einen Hohlraum unter ihrem Gefängnis in der K'Vin-Botschaft entdecken, durch den ihm, Data und dem Sullurh Thul nicht nur die Flucht gelingt, sondern auch eine sensationelle Entdeckung: die lange gesuchte legendäre Omega- Ebene, von der aus man planetaren Ereignisse steuern kann!

Aufgebaut ist der Science-fiction-Roman "Planet des Untergangs" wie ein einfacher klassischer Krimi: Zwei Gegner, auf beiden Seiten Attentate, und die Frage, wer hinter den Morden stecken könnte. Das Wer ahnt der Leser indes recht schnell, nur über die Motive wird anfangs wenig verraten. Doch dann werden die Zusammenhänge zwischen den heutigen Sullurh und den legendären Ariantu aufgeklärt, so daß der Leser die Lösung des Rätsels erfährt, daß nämlich die Sullurh in Wirklichkeit ... Gehen wir nicht zu sehr ins Detail, denn auch wenn das Pflänzchen bescheiden ist, so wird doch eine gewisse Spannung aufgebaut, was es mit der geheimnisvollen Kultur der Ariantu auf sich hat und wo deren Nachfahren heute leben.

Trotz der vielen tragischen Ereignisse entbehrt der Roman nicht eines gewissen Humors, der stellenweise durchschimmert und, wie in den TV-Episoden, für seichte Unterhaltung sorgt. "Der Planet des Untergangs", soviel sei verraten, wird am Ende nicht untergehen, und die wirklich Bösen, die noch hinter den Bösen stehen und diese mißbraucht haben, werden natürlich nicht das von ihnen erhoffte Ziel erreichen. Dazu trägt nicht zuletzt auch Captain Picard bei, der in diesem Roman eher im Hintergrund agiert, da er die Enterprise zu einer Rettungsmission auf einem anderen Planeten fliegen mußte. Hier hat er mal wieder eine schwierige Entscheidung zu fällen, und als er den Planeten schuztlos gegen einen möglichen neuerlichen Angriff aus dem All zurückläßt, wird deutlich, daß die Entscheidungen des Captains immer einsam sind. Seine Offiziere verstehen ihn mal wieder nicht, fügen sich aber selbstverständlich seinem Kommando.

Die Geschichte zeigt, daß Picard die richtige Wahl getroffen hat. Die Figur des Jean-Luc Picard entspringt einer Zeit, in der die Diplomatie der USA in Wirklichkeit noch nicht so unverhohlen kriegerisch war wie heute. Zwar haben die Vereinigten Staaten schon immer ihre Interessen mit Waffengewalt durchgesetzt, doch inzwischen geschieht dies so unverblümt und wider aller rechtlichen Schranken im vermeintlichen Auftrag der Weltgemeinschaft, daß vor diesem Hintergrund eine integre Figur wie Picard womöglich gar nicht mehr erfunden werde könnte. Gewiß, er wäre als Raumschiff-Captain unglaubwürdig, würde er nicht auch die Waffen sprechen lassen, wenn es ihm erforderlich scheint, doch viel lieber führt er das scharfe Schwert der Zunge.

Für Leser, die leichte Kost vor dem Hintergrund eines klassischen Science-fiction-Szenarios mögen, bietet der "Planet des Untergangs" einige unterhaltsame Stunden mit viel Action, einer Prise Humor und der Würze archäologischer Ausgrabungen sowie - für alle Star-Trek-Fans - den Wiedererkennungseffekt bei sämtlichen Helden, die auch in der Fernsehserie "The Next Generation" vorkommen.


Carmen Carter, Peter David, Michael Jan Friedman,
Robert Greenberger
Planet des Untergangs
The Next Generation
Heyne, 2. Aufl., München 1992
282 Seiten, 10,80 DM
ISBN-Nr. 3-453-05825-9