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REZENSION/161: Thierry Meyssan - Pentagate (11. September) (SB)


Thierry Meyssan


Pentagate

Foto- und Fragenkatalog zu einer Inszenierung



Wenn es ein Buch zum Thema der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 in New York und Arlington gibt, das weltweit für Furore gesorgt hat, dann ist es zweifelsohne "L'Effroyable Imposture", zu deutsch "Der schreckliche Betrug", von Thierry Meyssan. Darin wird die These vertreten, daß hinter den Anschlägen auf die Zwilllingstürme des World Trade Centers und das Pentagon nicht in erster Linie Osama bin Laden und dessen nebulöses Al-Kaida-"Netzwerk", sondern rücksichtlose Elemente innerhalb des Geheimdienst- und Militärapparates der USA stecken. Meyssan argumentiert, daß das Explosionsloch in der Außenfassade des Pentagons mit fünf bis sechs Meter Breite zu klein sei, als daß eine über 100 Tonnen schwere Boeing 757 mit einer Flügelspannweite von 38 Meter darin verschwunden sein könnte. Seit dem Erscheinen im Frühjahr 2002 wurde Meyssans häretisches Werk in Frankreich bereits mehr als 300.000mal verkauft und zu einem Bestseller in acht Ländern der Welt. Ende des letzten Jahres hat der Kasseler Verlag Editio de facto die Thesen Meyssans unter dem Titel "11. September 2001 - Der Inszenierte Terrorismus/Auftakt zum Weltenbrand" auf den deutschen Markt gebracht.

Thierry Meyssan gebührt das große Lob, als erster renommierter Politikwissenschaftler der Welt die offizielle Version des Vorfälle am Pentagon, denen im Vergleich zur fernsehgerechten Inszenierung in Südmanhattan viel weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde, grundlegend in Zweifel gezogen zu haben. Ähnlich dem uneinsichtigen Kind in Hans Christian Andersens berühmter Parabel "Des Kaisers neue Kleider" hat Meyssan bis heute hartnäckig die einfache Frage gestellt: Wo am Pentagon ist das Flugzeug von American Airlines beziehungsweise das Wrack abgeblieben? Im Vergleich zu anderen bekannten Unglücksstellen in der Geschichte der zivilen Luftfahrt - man denke an die Bilder von der Absturzstelle im schottischen Lockerbie im Jahre 1988 oder von der Bergung der vor Long Island in New York explodierten TWA 800 im Jahre 1996 - waren vor dem US-Verteidigungsministerium keine Flugzeugwrackteile zu sehen. Wieso nicht? Die US-Behörden behaupten, daß das Flugzeug, das größtenteils in das Pentagon eingedrungen sein soll, durch den Brand verdampft ist. Als mögliche Gegenerklärung behauptet Meyssan, daß keine Passagiermaschine in das US- Verteidigungsministerium gestürzt ist, sondern daß dort eine Rakete eingeschlagen sei.

Ende 2001, Anfang 2002 haben Meyssan und seine Freunde vom französischen Voltaire Network die Bilder der Schäden am Pentagon sowie die Fernsehaufnahmen von jenem Tag auf den französischen Websites Reseauvoltaire.net und Asile.org ausgestellt, das Fehlen jeglicher Wrackteile bemängelt und somit eine weltweite Diskussion im Internet ausgelöst. Frech wurden die Besucher der Websites aufgefordert, sich anhand der vom US-Verteidigungsministerium freigegebenen Bilder an der "Suche nach der Boeing" zu beteiligen. Schockiert durch den enormen Erfolg von "L'Effroyable Imposture", das sich innerhalb von zwei Stunden mehr als 20.000mal verkaufte, wochenlang Platz eins der Bestsellerliste für Sachbücher in Frankreich belegte und im Ausland Aufmerksamkeit erregte, haben die Meinungsführer der französischen Presse wie Le Monde und Le Figaro versucht, die Gruppe um Meyssan als gefährliche Spinner, die mit ihren "Verschwörungstheorien" antiamerikanische, gar antisemitische Ressentiments schürten, zu diffamieren und zu diskreditieren - bislang ohne Erfolg.

Völlig unbeeindruckt von den Anfeindungen der medialen Sittenwächter legt Thierry Meyssan mit "Pentagate" ein beeindruckendes Nachfolgewerk zu seinem Erfolgsbuch über den "Inszenierten Terrorismus" vor. Für das neue Buch ist es Meyssan gelungen, den Artillerie- und Sprengstoffexperten Pierre Henri Bunel für die Auswertung der Bilddokumente von den Schäden am Pentagon - einschließlich derjenigen vom Aufschlagsaugenblick - zu gewinnen. Daß Bunel vom Fach etwas versteht, zeigt die Tatsache, daß er im Rang eines Artillerieoffiziers der französischen Armee während des Golfkrieges 1991 an den täglichen Besprechungen in der Kommandozentrale von US-General "Stormin" Norman Schwartzkopf teilgenommen und dort die eintreffenden Bilder von den durch alliierte Bomben und Raketen angerichteten Kriegschäden ausgewertet hat. Einer solchen Beurteilung der Schäden auf dem Schlachtfeld, auf englisch Battlefield Damage Assessment (BDA), hat Bunel die im Buch präsentierten Farbfotos vom Anschlag auf das Pentagon und den dabei entstandenen Schäden unterzogen. Recht überzeugend und mit einer Fülle an technischen Details - wie zum Beispiel der Erläuterung des Unterschieds zwischen Deflagration und Detonation - erklärt Bunel, weshalb alles auf einen mit einem Marschlugkörper durchgeführten Anschlag anstelle des Aufpralls einer Passagiermaschine auf den größten Bürokomplex der Welt hindeutet.

Erstaunlicherweise hat das Objekt, das an jenem Tag in das Pentagon eingeschlagen ist, nicht einen, nicht zwei, sondern ganze drei Ringe des von fünf konzentrischen Kreisen gebildeten Gebäudes durchschlagen und an der Austrittsstelle ein 2,30 Meter großes Loch hinterlassen. Allein die aus der Vogelperspektive aufgenommenen Bilder von den "durchbrochenen Gebäuden" betrachten und sich seine eigenen Gedanken dazu machen zu können lohnte schon den Kauf dieses Buches. Für die These von einen Angriff per Luft-Boden-Rakete sprechen nicht nur die seriösen Ausführungen Bunels, sondern auch die Tatsache, daß US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld dieses Szenario im Herbst 2001 bereits erwähnt hat: "Wir sprechen hier ... von dem Missile, mit dem das Gebäude [Pentagon] zerstört werden sollte."

Neben der aufschlußreichen Bildauswertung von Bunel präsentiert Thierry Meyssan in "Pentagate" eine recht erhellende Analyse der Aussagen der allerersten Augenzeugen des Unglücks und setzt sich erneut kritisch mit weiteren Details, welche die unerklärliche Untätigkeit der US-Militärführung beweisen, auseinander. Laut Meyssan stand bislang zu Unrecht das für die Luftraumüberwachung zuständige North American Aerospace Defense Command (NORAD) im Kreuzfeuer der Kritik. Für ihn ist es vor allem die Tatenlosigkeit des im Pentagon angesiedelten National Military Command Centre (NMCC), welche für die Richtigkeit der These von einem "inside job" spricht. Als mögliche Eingeweihte nennt Meyssan in erster Linie Verteidigungsminister Rumsfeld und den damaligen Generalstabschef in spe, US- Luftwaffengeneral Richard Myers. Von höchstem Interesse ist auch der in "Pentagate" erstmals dokumentierte, im Auftrag der US-Armee durchgeführte und fehlgeschlagene Versuch der im US-Bundesstaat Indiana ansässigen Universität Purdue, die am Pentagon entstandenen Schäden mittels einer Computersimulation des Absturzes einer Boeing 757 zu erklären.

Zur Zeit macht die Affäre um die Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins, welche den jüngsten Irakkrieg Washingtons begründeten, die jedoch bis heute unauffindbar sind, der Regierung von George W. Bush schwer zu schaffen. Mit jedem Tag verdichten sich die Hinweise, daß die Bush-Regierung den Kriegsvorwand erfunden und erlogen hat. Doch möglicherweise trifft dies auch auf den von Bush zum messianischen Endkampf mit dem "Bösen" hochstilisierten "globalen Antiterrorkrieg" zu. Schließlich haben die Vordenker des "Project for a New American Century" (PNAC) bereits in ihrem 2000 erschienenen Strategiepapier "Rebuilding America's Defenses" ein zweites "Pearl Harbor" beschworen, welches die Umsetzung ihrer Weltherrschaftspläne erleichtern sollte. Zum PNAC gehörten bekanntlich Männer wie Dick Cheney und Donald Rumsfeld, die ab Januar 2001 die wichtigsten Posten in der neuen republikanischen US-Regierung besetzen sollten.

Wie man weiß, waren sich in den ersten Stunden und Tagen nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 alle Sicherheitsexperten einig, daß eine solche Operation, wie sie die Welt an jenem Tag vorgeführt bekam, ohne die tatkräftige Mitwirkung eines staatlichen Sponsors einfach nicht durchführbar gewesen wäre. Diesen Standpunkt vertritt bis heute Thierry Meyssan, der die Verantwortlichen im militärisch-industriellen Komplex der USA ausmacht. Zur Untermauerung seiner These hat er nun "Pentagate" präsentiert - ein brisantes und extrem kurzweiliges Buch, das man jedem politisch interessierten Menschen nicht genug empfehlen kann.

15. Juli 2003


Thierry Meyssan
Pentagate
Foto- und Fragenkatalog zu einer Inszenierung
Editio de facto - Kassel, 2003
80 Seiten & 16 Seiten Farbfotos als Anhang, Preis 10 Euro
ISBN 3-9808561-1-9.