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AKTION/1057: Urgent Action - Bahrain - Anklagen wegen friedlicher Proteste


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-117/2012-1, AI-Index: MDE 11/035/2012, Datum: 25. Mai 2012 - ar

Bahrain
Anklagen wegen friedlicher Proteste



ZAINAB AL-KHAWAJA, Aktivistin und Tochter von Abdulhadi Al-Khawaja MA'SUMA SAYYID SHARAF, Aktivistin

Das Verfahren gegen die bahrainische Aktivistin Zainab Al-Khawaja geht weiter. Am 20. Mai trat sie mit einer weiteren Gefangenen aus Protest gegen ihre anhaltende Inhaftierung bis zum 25. Mai in den Hungerstreik. Zainab Al-Khawaja ist in einem kürzlich abgeschlossenen Gerichtsverfahren zu einem Monat Gefängnis verurteilt worden.

Am 24. Mai verurteilte ein Strafgericht Zainab Al-Khawaja wegen "Teilnahme an einer illegalen Versammlung" und "Übergriff auf einen Beamten" zu einer 30-tägigen Haftstrafe. Da sie bereits mehr als 30 Tage im Gefängnis verbracht hat, hat sie diese Freiheitsstrafe mittlerweile eigentlich bereits verbüßt. Am 2. Mai wurde sie von der Anklage freigesprochen, im Militärkrankenhaus einen Beamten beleidigt zu haben. Am 21. Mai wurde ihr jedoch wegen eines anderen Falls von Beleidigung eines Polizeibeamten ein Bußgeld von 200 BHD auferlegt (etwa 530 US-Dollar), dessen Zahlung sie offenbar verweigert. Derzeit wird Zainab Al-Khawaja im Frauengefängnis in 'Issa Town festgehalten. Ihr drohen zwei weitere Gerichtsverfahren: eines wegen "Störung des Straßenverkehrs" während einer Protestveranstaltung, und ein weiteres - gemeinsam mit Ma'suma Sayyid Sharaf - wegen "illegaler Versammlung", "Aufwiegelung gegen das System" und eines weiteren mutmaßlichen Übergriffs auf PolizeibeamtInnen bei ihrer Festnahme im Dezember 2011. Am 22. Mai vertagte ein Strafgericht den Fall auf den 29. Mai. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge gibt es keine Hinweise darauf, dass die beiden Frauen Gewalt angewendet oder zur Gewaltanwendung aufgerufen haben, und beide streiten die Vorwürfe ab.

Ma'suma Sayyid Sharaf wurde zum ersten Mal am 15. Dezember 2011 gemeinsam mit Zainab Al-Khawaja festgenommen, als die Polizei eine friedliche Protestveranstaltung an einem Verkehrskreisel am Stadtrand von Manama unter Einsatz von Tränengas und Lärmbomben auflöste. Beide Frauen wurden am 20. Dezember 2011 wieder freigelassen und müssen sich am 29. Mai gemeinsam vor Gericht verantworten.

Ma'suma Sayyid Sharaf wurde am 27. April dieses Jahres erneut festgenommen, nachdem sie an einer Demonstration vor dem Innenministerium teilgenommen hatte. Mit ihr wurden noch zwei weitere Frauen festgenommen. Die Frauen müssen sich separat wegen "illegaler Versammlung" und mutmaßlicher Übergriffe auf drei Polizeibeamtinnen vor Gericht verantworten. Die beiden Frauen wurden einige Tage nach ihrer Festnahme wieder freigelassen, während Ma'suma Sayyid Sharaf sich nach wie vor im Frauengefängnis in 'Issa Town befindet.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der Familie von Zainab Al-Khawaja zufolge ist sie am 20. Mai gemeinsam mit der ebenfalls inhaftierten Ma'suma Sayyid Sharaf in den Hungerstreik getreten. Am 23. Mai musste Zainab Al-Khawaja wegen niedriger Blutzuckerwerte ins Krankenhaus eingeliefert werden. Als sie daraufhin begann, Fruchtsaft zu trinken, normalisierten sich die Werte wieder. Zainab Al-Khawaja durfte im Krankenhaus Besuch von ihrer Familie erhalten. Beide Frauen beendeten ihren Hungerstreik am 25. Mai.

Zainab Al-Khawaja ist eine bahrainische Aktivistin und die Tochter von Abdulhadi Al-Khawaja, einem der 14 bekannten Oppositionellen, welche im Juni 2011 von einem Militärgericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Abdulhadi Al-Khawaja befindet sich aus Protest gegen seine Inhaftierung bereits seit mehr als zwei Monaten im Hungerstreik.

Zainab Al-Khawaja wurde am 21. April festgenommen, nachdem sie mit einem Sitzstreik auf einer Schnellstraße nahe des Financial Harbour in Manama gegen die anhaltende Inhaftierung ihres Vaters sowie gegen die schwierige Menschenrechtssituation in Bahrain im Allgemeinen protestiert hatte. Sie wurde auf der Grundlage von zwei Anklagepunkten verurteilt und von einem dritten Vorwurf freigesprochen.

Die Menschenrechtskrise in Bahrain ist noch lange nicht vorbei. Trotz gegenteiliger Beteuerungen der Behörden geht die staatliche Unterdrückung der GegnerInnen des Königshauses Al Khalifa und die Repression gegen KritikerInnen der Regierung seit den im Februar und März 2011 radikal niedergeschlagenen Aufständen unvermindert weiter.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Zainab Al-Khawaja und Ma'suma Sayyid Sharaf nur deshalb inhaftiert wurden, weil sie friedlich Gebrauch von ihren Rechten auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gemacht haben und fordere Sie daher auf, beide Frauen sofort und bedingungslos freizulassen.

- Stellen Sie bitte sicher, dass Zainab Al-Khawaja und Ma'suma Sayyid Sharaf weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden und Zugang zu jeglicher nötiger medizinischer Behandlung erhalten.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa'a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain
oder über die Webseite: http://www.interior.gov.bh/complaints_en.aspx

STAATSANWALT
'Ali al-Bu'ainein
Public Prosecution Office
P.O. Box 450, al-Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Dear Mr 'Ali al-Bu'ainein / Sehr geehrter Herr 'Ali al-Bu'ainein)
Fax: (00 973) 1753 0884


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-117/2012 (MDE 11/026/2012, 25. April 2012)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern that Zainab al-Khawaja and Ma'suma Sayyid Sharaf are held solely for exercising their rights to freedom of expression, association and assembly, and urging the Bahraini authorities to release both women immediately and unconditionally.

- Urging them to protect the women from torture and other ill-treatment and to ensure they are granted all necessary medical treatment.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die bahrainische Regierung erklärte wiederholt ihre Absicht, Reformen auf den Weg zu bringen und Lehren aus den Ereignissen des Jahres 2011 zu ziehen. Im November 2011 präsentierte die von König Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa einberufene unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BICI) ihre Ermittlungsergebnisse mit Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen während der Proteste. In dem Bericht wurde unter anderem festgestellt, dass die Behörden straffrei mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vorgegangen waren, dazu zählte exzessive Gewaltanwendung gegen Protestierende, weit verbreitete Folter und andere Misshandlungen von Protestierenden, unfaire Gerichtsverfahren und rechtswidrige Tötungen. Der Bericht enthält die Aufforderung, umgehend ein unabhängiges Gremium bestehend aus VertreterInnen der Zivilgesellschaft, der Opposition und der Regierung zu bilden. Es soll die Umsetzung der Empfehlungen des Berichts beobachten und rechtliche Reformen voranbringen, um sicherzustellen, dass die Gesetze mit den internationalen Menschenrechtsstandards übereinstimmen. Zudem soll es dafür sorgen, dass die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt werden.

Doch bislang hat die Regierung Bahrains auch auf die Empfehlungen der BICI lediglich mit halbherzigen Reformen reagiert, die möglicherweise nur darauf abzielen, Bahrains internationale Partner zufriedenzustellen. Rechenschaft und Gerechtigkeit für die Betroffenen haben sie bisher nicht bewirkt. Die Menschenrechtsverletzungen gehen unvermindert weiter. Die Regierung weigert sich, die vielen Gefangenen freizulassen, die sich für bedeutende politische Reformen einsetzten, und ignoriert auch weiter die von der schiitischen Minderheit angeprangerte Diskriminierung und politische Marginalisierung, die die religiöse Spaltung im Land vertieft.

Weitere Informationen zu diesem Fall und weiteren, ähnlichen Fällen können im englischen Bericht Flawed Reforms: Bahrain fails to achieve Justice for protesters, online unter
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE11/014/2012/en
nachgelesen werden.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-117/2012-1, AI-Index: MDE 11/035/2012, Datum: 25. Mai 2012 - ar
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2012