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AKTION/1076: Urgent Action - Irak - Saddam-Sekretär gehängt - es drohen weitere Hinrichtungen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-225/2010-1, AI-Index: MDE 14/008/2012, Datum: 8. Juni 2012 - cr

Irak
Saddam-Sekretär gehängt - es drohen weitere Hinrichtungen

Weitere Informationen zu UA-225/2010 (MDE 14/008/2012, 28. Oktober 2010)



Hingerichtet:
ABED HAMOUD (ABID HAMID MAHMOUD), ehemaliger Privatsekretär von Saddam Hussein

Im Todestrakt:
TARIK ASIS (TARIQ AZIZ), ehemaliger Außenminister
SADOUN SHAKIR, ehemaliger Innenminister

Der ehemalige Privatsekretär von Saddam Hussein wurde am 7. Juni 2012 im Irak hingerichtet. Zwei ehemalige Minister wurden im selben Verfahren zum Tode verurteilt. Auch ihnen droht die baldige Hinrichtung.

Wie der Sprecher des Justizministeriums, Haidar al-Saadi, der Presse mitteilte, wurde Abed Hamoud, auch bekannt als Abid Hamid Mahmoud, am 7. Juni gehängt. Abed Hamoud war während der Präsidentschaft von Saddam Hussein sein Sekretär und Bodyguard gewesen. Er wurde am 16. Juni 2003 von den US-amerikanischen Streitkräften gefangen genommen und am 29. Oktober 2010 vom Obersten Strafgerichtshof (Supreme Iraqi Criminal Tribunal - SICT) im Irak gemeinsam mit Tarik Asis, unter Saddam Hussein Außenminister und stellvertretender Ministerpräsident, und dem ehemaligen Innenminister Sadoun Shakir zum Tode verurteilt. Alle drei wurden für schuldig erklärt, an dem harten Durchgreifen gegen Oppositionelle unter Saddam Hussein beteiligt gewesen zu sein. Tarik Asis sitzt in Haft, seitdem er sich kurz nach der von den USA angeführten Invasion des Irak im Jahr 2003, welche die Herrschaft von Saddam Hussein im Irak beendete, den US-Truppen stellte. In vorausgegangenen Gerichtsverhandlungen vor dem Obersten Strafgerichtshof im Irak war er im Zusammenhang mit den im Jahr 1992 vollstreckten Hinrichtungen von Händlern zu einer Haftstrafe von 15 Jahren sowie zu einer Gefängnisstrafe von sieben Jahren im Zusammenhang mit der gewaltsamen Vertreibung von Angehörigen der großen kurdischen Minderheit verurteilt worden.

Amnesty International hat bereits zuvor die Fairness der Verfahren vor dem SICT angezweifelt. Der SICT wurde eingerichtet, um Saddam Hussein zu verurteilen und Personen vor Gericht zu stellen, die beschuldigt werden, an den Straftaten während seiner Regierungszeit beteiligt gewesen zu sein. Der SICT unterliegt politischer Einflussnahme, die seine Unabhängigkeit unterläuft. Die Todesstrafe wurde im Jahr 2003 ausgesetzt, als der Irak von Koalitionsstreitkräften unter Führung der USA besetzt war. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im August 2004 sind jedoch Hunderte Personen zum Tode verurteilt und Dutzende hingerichtet worden. Amnesty International sieht in der Todesstrafe eine Verletzung des Rechts auf Leben und die äußerste Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Strafe.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Tarik Asis, der zur christlichen Minderheit im Irak gehört, war als irakischer Außenminister unter Saddam Hussein international bekannt. Zu dieser Zeit reiste er viel. Die US-Regierung unter Bush erklärte ihn während und nach dem US-geführten Einmarsch in den Irak zu einem der meistgesuchten Verbrecher. Der Einmarsch führte 2003 zum Sturz Saddam Husseins. Er wurde gefangenen genommen, erhielt einen Prozess vor dem Obersten Strafgerichtshof im Irak und wurde schließlich hingerichtet. Tarik Asis stellte sich den US-amerikanischen Truppen bereits kurz nach der Invasion und befand sich dann einige Jahre lang in US-amerikanischer Haft. Anschließend wurde er den irakischen Behörden übergeben, die ihn wegen mutmaßlich begangener Straftaten während der Regierungszeit von Saddam Hussein vor den Obersten Strafgerichtshof stellten. In zwei dem Todesurteil vorangegangenen Gerichtsverhandlungen wurde er im Zusammenhang mit Hinrichtungen von Händlern im Jahr 1992 zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt. Weitere sieben Jahre Haft erhielt er im Zusammenhang mit der Vertreibung von Angehörigen der großen kurdischen Minderheit, die von schweren Menschenrechtsverletzungen begleitet wurde. In der Haft hat er einen Schlaganfall erlitten und soll bei schlechter Gesundheit sein.

Abed Hamoud, ein entfernter Cousin und ehemaliger Privatsekretär von Saddam Hussein, wurde im Juni 2003 von den US-amerikanischen Truppen gefangen genommen. Er war einst die Nummer vier der von den Vereinigten Staaten meistgesuchten Personen im Irak.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, die gegen Tarik Asis und Sadoun Shakir verhängten Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln, falls das Berufungsgericht die Todesurteile bestätigt.
  • Ich erkenne an, dass die Regierung das Recht und die Pflicht hat, Personen vor Gericht zu stellen, die eine Straftat begangen haben. Ich lehne jedoch die Verhängung der Todesstrafe unter allen Umständen ab, weil sie die extremste Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Strafen ist.
  • Ich fordere Sie auf, alle verhängten Todesurteile in andere Strafen umzuwandeln und ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen.

APPELLE AN

Senden Sie Ihre Schreiben bitte an die irakische Botschaft mit der Bitte um Weiterleitung an die hier aufgeführten Adressaten:

MINISTERPRÄSIDENT
His Excellency Nuri Kamil al-Maliki
Prime Minister
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK
(korrekte Anrede: Ihre Exzellenz/ Your Excellency)

MINISTER FÜR MENSCHENRECHTE
His Excellency Mohammad Shayaa
al-Sudani
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK
(korrekte Anrede: Ihre Exzellenz/ Your Excellency)

JUSTIZMINISTER
Hassan al-Shammari
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK
(korrekte Anrede: Ihre Exzellenz/ Your Excellency)
KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK IRAK
S. E. Dr. Hussain M. Fadhlalla Alkhateeb
Pacelliallee 19 - 21
14195 Berlin
Fax: 030-81488 222
E-Mail: info@iraqiembassy-berlin.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • urging the Iraqi authorities to commute the death sentences imposed on Tariq Aziz and Sadoun Shakir, if they are confirmed by the appeal court.
  • recognizing the right of governments to bring to justice those responsible for serious crimes but insisting that the death penalty is the ultimate form of cruel, inhuman and degrading punishment.
  • Calling on the authorities to commute all death sentences and declare a moratorium on executions.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die beiden Männer wurden im Oktober 2003 gemeinsam mit dem ehemaligen Innenminister Sadoun Shakir vom Obersten Strafgerichtshof SICT zum Tode verurteilt. Nach dem Sturz Saddam Husseins im Jahre 2003 war der SICT von den neuen Behörden im Irak eingerichtet worden, um den ehemaligen Präsidenten und andere, die beschuldigt werden, an den Straftaten während der Regierungszeit von Saddam Hussein beteiligt gewesen zu sein, vor Gericht zu stellen. Die Verfahren des SICT werden allerdings den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren nicht gerecht.

Die Todesstrafe wird im Irak in großem Umfang verhängt. Seitdem sie im Jahre 2004 durch die irakische Regierung wieder eingeführt wurde, sind Hunderte von Menschen zum Tode verurteilt worden. Der Wiedereinführung war eine einjährige Aussetzung der Todesstrafe vorausgegangen, die durch Paul Bremer, dem damaligen Leiter der Provisorischen Zivilverwaltung (Coalition Provisional Authority - CPA), angeordnet worden war. Die Regierung stellt der Öffentlichkeit nur sehr spärliche Informationen zur Verfügung, weshalb auch kaum Statistiken über die Vollstreckung der Todesstrafe vorliegen. Es ist jedoch bekannt, dass in den ersten zwei Monaten des Jahres 2012 im Irak mindestens 65 Personen hingerichtet wurden. Hunderte Menschen sollen zum Tode verurteilt sein.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe bedingungslos ab, weil sie einen Verstoß gegen Artikel 3 und 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte darstellt: Sie verletzt das Recht auf Leben und das Recht auf Schutz vor grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe. Amnesty International betrachtet die Todesstrafe als extremste Form grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Strafe. Amnesty International hat bereits wiederholt Menschenrechtsverletzungen, die im Irak durch bewaffnete Gruppen verübt werden, verurteilt. Manche dieser Taten sind Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darin eingeschlossen sind Entführungen, Folterungen und das Töten von Zivilpersonen. Amnesty International fordert nach wie vor, dass die für diese Verbrechen Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-225/2010-1, AI-Index: MDE 14/008/2012, Datum: 8. Juni 2012 - cr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2012