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AKTION/1088: Urgent Action - Oman - Protestierende, AutorInnen und Anwalt in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-174/2012, AI-Index: MDE 20/001/2012, Datum: 19. Juni 2012 - gs

Oman
Protestierende, AutorInnen und Anwalt in Haft



Herr YAQOUB AL-KHAROUSI
Frau HABEEBA AL HINA'I
Herr ISMAIL AL-MUQBAIL
Herr BASMA AL-KIYUMI, Rechtsanwalt
Herr SA'EED AL-HASHIMI
Herr BASIMAH AL-RAJIHI
und weitere AktivistInnen

Mindestens 21 Menschen befinden sich derzeit in Haft, nachdem am 31. Mai 2012 eine Welle von Festnahmen begann, die sich gegen AktivistInnen, AutorInnen, RechtsanwältInnen und BloggerInnen richtete. Möglicherweise handelt es sich bei ihnen um gewaltlose politische Gefangene.

Die Festnahmen begannen am 31. Mai, als Sondereinsatzkräfte der Polizei von Oman drei AktivistInnen in Haft nahmen, die nach Fohoud zu den dortigen Erdölfeldern unterwegs waren. In dem rund 250 Kilometer von der Hauptstadt Muskat entfernt gelegenen Ölfördergebiet wollten die AktivistInnen einen Streik der ArbeiterInnen dokumentieren. Bei den Festgenommenen handelt es sich um den Rechtsanwalt Yaqoub al-Kharousi sowie um Habeeba al Hina'i und Ismail al-Muqbali, Mitglieder der erst jüngst gegründeten omanischen Menschenrechtsorganisation "Omani Group for Human Rights". Gegen die drei AktivistInnen erging Berichten zufolge Anklage wegen "Anstiftung zu Protesten". Sie wurden fünf Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten, bis sie sich schließlich mit ihren Familien in Verbindung setzen durften. Habeeba al Hina'i und Yaqoub al-Kharousi kamen am 4. Juni gegen Kaution frei, Ismail al-Muqbali befindet sich hingegen weiterhin in Haft.

Am 2., 7. und 8. Juni nahmen die Behörden weitere AutorInnen und AktivistInnen fest. Am 11. Juni verhafteten sie erneut mindestens 22 Menschen, unter ihnen den bekannten Rechtsanwalt Basma al-Kiyumi. Die AktivistInnen hatten sich vor der Polizeizentrale in Muskat zu einer friedlichen Protestkundgebung eingefunden und die Freilassung aller seit dem 31. Mai festgenommenen Personen gefordert. Von den mindestens 22 am 11. Juni verhafteten Menschen erhielten zwei wenig später ihre Freiheit zurück.

Am 16. Juni kamen weitere zehn Gefangene ohne Anklageerhebung frei, nachdem sie schriftlich eingeräumt hatten, sich strafbar gemacht zu haben. Zugleich hatten sie zugesichert, sich an keinen weiteren Aktionen mehr zu beteiligen. Amnesty International verfügt über die Namen von 21 noch in Haft verbliebenen Menschen, die tatsächliche Zahl dürfte allerdings höher liegen. Vermutlich haben es die weiterhin inhaftierten Personen abgelehnt, die von den Behörden geforderte schriftliche Erklärung abzugeben.

Aus Protest gegen die Fortdauer ihrer Haft sind mehrere Gefangene in den Hungerstreik getreten. Die gesundheitliche Verfassung einiger von ihnen hat sich seither verschlechtert. Sa'eed al-Hashimi musste am 14. Juni in das Krankenhaus von Sumail gebracht werden, nachdem er offenbar das Bewusstsein verloren hatte. Er wurde anschließend ins Gefängnis zurückgebracht, jüngst aber erneut in die Klinik eingeliefert. Vermutlich befindet sich Sa'eed al-Hashimi weiterhin im Hungerstreik und darf nicht von seiner Familie besucht werden. Basimah al-Rajihi, ein weiterer Aktivist, soll kürzlich Blut erbrochen haben.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die im Januar und Februar 2011 in Oman ausgebrochenen Proteste, die durch Unruhen im gesamten nahöstlichen und nordafrikanischen Raum ausgelöst worden waren, hatten eine Reihe von Reformen zur Folge. Am 27. Februar 2011 ordnete Sultan Qaboos die Schaffung von 50.000 Arbeitsplätzen an und gestand allen Arbeitslosen eine monatliche Unterstützung von 150 Omanischen Rial (umgerechnet etwa 390 US-Dollar oder 275 Euro) zu. Am 7. März nahm Sultan Qaboos eine weitreichende Umbildung des Kabinetts vor und entließ eine Reihe von MinisterInnen. Die Rechte und freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit unterliegen in Oman nach wie vor strikten Einschränkungen. Seit März 2011 finden dort sporadisch immer wieder Demonstrationen statt. Die TeilnehmerInnen fordern mehr Pressefreiheit und verlangen, dass namentlich genannte amtierende und ehemalige MinisterInnen für Straftaten, die sie in ihrer Amtszeit begangen haben sollen, zur Verantwortung gezogen werden. Im Jahre 2011 sind zahlreiche Protestierende festgenommen und viele von ihnen vor Gericht gestellt worden. In der Stadt Sohar soll mindestens ein Mann gestorben sein, als die Polizei dort eine Protestveranstaltung unter Anwendung von Gewalt auflöste.

Mehrere der jüngst festgenommenen AktivistInnen waren im Jahr 2011 schon einmal verhaftet worden. Den am 11. Juni 2012 festgenommenen Basma al-Kiyumi hatten die Behörden beispielsweise am 14. Mai 2011 während einer friedlichen Protestveranstaltung vor dem Shura-Rat in Muscat gemeinsam mit 14 anderen Personen verhaftet. Nachdem seinerzeit gegen Basma al-Kiyumi Anklage wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung erhoben worden war, hatten die Behörden ihn zwei Tage später gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt (siehe UA-142/2011und UA-142/2011-1). In den zurückliegenden Jahren sind immer wieder auch BloggerInnen und JournalistInnen festgenommen worden, die Kritik an der Regierung geübt hatten.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere die umgehende und bedingungslose Freilassung aller Personen, die allein deshalb in Haft gehalten werden, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit in friedlicher Weise wahrgenommen haben.
  • Bitte veröffentlichen Sie Einzelheiten über etwaige Anklagen gegen die genannten Personen und stellen Sie sicher, dass mögliche Verfahren gegen sie in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren geführt werden.
  • Sorgen Sie für den Schutz der Inhaftierten vor Folter und anderen Misshandlungen und stellen Sie sich, dass die Gefangenen umgehend Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen und - falls notwendig - zu medizinischer Versorgung erhalten.

APPELLE AN

SULTAN VON OMAN
His Majesty Sultan Qaboos bin Sa'id
Head of State, Prime Minister, Foreign Affairs
Defence and Finance Minister
Diwan of the Royal Court
The Palace
Muscat 113
SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 968) 24 735 375

INNENMINISTER
His Excellency
Sayyid Hamoud bin Faisal bin Said Al Busaidi
Minister of the Interior, Ministry of Interior
PO Box 127, Ruwi 112
Muscat, SULTANAT OMAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)


KOPIEN AN

VORSITZENDER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Mr Mohammed bin Abdullah Al Riyami
Chairman, National Human Rights Commission
P.O. Box 29, Postal Code: 103
Bareq A' Shati
Muscat, SULTANAT OMAN
Fax: (00 968) 24 648 801
E-Mail: enquiry@nhrc.om

BOTSCHAFT DES SULTANATS OMAN
Herrn Mohammed Salim Mabakhut Jadad Al Kathiri
Geschäftsträger a.i., (Botschaftsrat)
Clayallee 82, 14195 Berlin
Fax: 030-8100 5199
E-Mail: botschaft-oman@t-online.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 31. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling for the immediate and unconditional release of all detainees held solely for peacefully exercising their rights to freedom of expression and assembly.
  • Asking for details of any charges they face to be revealed and calling on the authorities to ensure that any legal proceedings against them conform to international fair trial standards.
  • Urging the authorities to ensure that they are protected from torture and other ill-treatment and given immediate access to their families, lawyers and any medical attention they need.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Nach der Verhaftung von drei AktivistInnen am 31. Mai 2012 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft eine Reihe von Mitteilungen. In einer der Erklärungen hieß es, gegen eine jede Person, die "unter Vorspiegelung des Rechts auf freie Meinungsäußerung" in den Printmedien oder im Internet "beleidigende Äußerungen" veröffentliche, welche dazu geeignet seien, andere Menschen "aufzuwiegeln", werde rechtlich vorgegangen. Am 10. Juni bestätigte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft in der Tageszeitung Times of Oman die Festnahmen mit den Worten: "Wir behalten Blogger im Auge, die derartige Plattformen nutzen."

Am 13. Juni veröffentlichte die Nachrichtenagentur Oman News Agency auf ihrer Website eine Erklärung der Staatsanwaltschaft in englischer Sprache. Darin heißt es:

"Wir stellen fest, dass in Diskussionsforen, auf den Websites sozialer Netzwerke und über mobile Kommunikationsmittel zunehmend negative Äußerungen verbreitet werden. Dazu zählen Verleumdungen und Gerüchte sowie Aufrufe zu Sitzblockaden und Streiks. Derartige Äußerungen sind mit den Werten und Moralvorstellungen der Gesellschaft Omans, mit dem Grundsatz des Rechts auf freie Meinungsäußerung und mit dem Prinzip der konstruktiven Kritik unvereinbar. Sie laufen der nationalen Sicherheit und dem öffentlichen Interesse zuwider. Und sie verstoßen gegen geltendes Recht... Mehrere jüngste festgenommene Gesetzesbrecher werden im Einklang mit den gültigen Rechtsvorschriften verhört und den Justizbehörden überstellt werden."

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-174/2012, AI-Index: MDE 20/001/2012, Datum: 19. Juni 2012 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2012