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AKTION/1166: Urgent Action - Indonesien, Politischer Aktivist aus Papua in Gefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-251/2012, AI-Index: ASA 21/032/2012, Datum: 24. August 2012 - gs

Indonesien
Politischer Aktivist aus Papua in Gefahr



Herr YUSAK PAKAGE

Der von der Polizei in der indonesischen Provinz Papua in Haft gehaltene Yusak Pakage, ein ehemaliger gewaltloser politischer Gefangener, hat keinerlei Zugang zu medizinischer Versorgung. Ihm ist nach vorliegenden Meldungen Folter angedroht worden. Seit seiner Festnahme ist es Yusak Pakage überdies nicht gestattet, sich mit einem Rechtsbeistand zu beraten.

Yusak Pakage ist am 23. Juli 2012 festgenommen worden und befindet sich derzeit auf der Polizeiwache von Jayapura in Haft. Er leidet Berichten zufolge unter Magenschmerzen und kann keine Nahrung zu sich nehmen. Die Polizeibehörden in Jayapura verwehren Yusak Pakage die medizinische Versorgung. Dem Vernehmen nach ist ihm zudem wiederholt Folter und anderweitige Misshandlung angedroht worden. Schon in der Vergangenheit ist Yusak Pakage in Haft mit Schlägen gequält worden. Die Festnahme von Yusak Pakage erfolgte während des laufenden Gerichtsverfahrens gegen den in Papua politisch aktiven Buchtar Tabun. Yusak Pakage wartete auf den Beginn der Verhandlung. Er stieß Berichten zufolge aus Frustration mit dem Fuß gegen einen Mülleimer, von dem ein in der Nähe stehender Beamter getroffen wurde. Im Gerichtssaal anwesende PolizistInnen griffen sich daraufhin Yusak Pakage. Sie durchsuchten ihn und fanden in seiner Tasche ein Taschenmesser. Yusak Pakage wurde festgenommen und später auf der Grundlage der Notstandsverordnung 12/1951 des "Waffenbesitzes" angeklagt. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Seit seiner Festnahme hat Yusak Pakage noch keinen Zugang zu einem Rechtsbestand erhalten.

Nach Amnesty International vorliegenden Informationen ist Yusak Pakage bei seiner Vernehmung nur am Rande zu dem Vorfall vom 23. Juli im Gerichtssaal befragt worden. Die Polizei wollte in erster Linie Informationen über seine politischen Aktivitäten und seine jüngsten Bemühungen erhalten, finanzielle Mittel für erkrankte politische Gefangene zu sammeln. Weitere Fragen galten den Verbindungen von Yusak Pakage zur Unabhängigkeitsbewegung in Papua.

Yusak Pakage, der in den Vorjahren schon einmal als gewaltloser politischer Gefangener in Haft gehalten worden war und für den sich Amnesty International bereits damals eingesetzt hatte, leitet derzeit in Papua eine vor Ort tätige Bewegung mit dem Namen Parlemen Jalanan (Straßenparlament). Er hat sich besorgt über die Sicherheit der Menschen in Papua und über die Situation politischer Gefangener geäußert. Erst jüngst hat Yusak Pakage die örtliche Nichtregierungsorganisation Solidarity for Victims of Human Rights Violations (SPKP HAM) bei der Einwerbung finanzieller Mittel für erkrankte politische Gefangene unterstützt. Aus diesem Grund hat die Polizei von Jayapura ihn und eine Reihe weiterer AktivistInnen am 20. Juli für mehrere Stunden willkürlich festgenommen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 1. Dezember 2004 war Yusak Pakage schon einmal festgenommen worden. Damals hatte er gemeinsam mit rund 20 weiteren AktivistInnen vor der Polizeiwache von Jayapura gegen die wenige Stunden zuvor erfolgte Festnahme des gewaltfrei politisch engagierten Filep Karma protestiert. Filep Karma und Yusak Pakage hatten zusammen mit etwa 200 anderen Menschen in Abepura in der Provinz Papua an einer friedlichen Veranstaltung teilgenommen, in deren Verlauf die verbotene Flagge "Morning Star" gehisst worden war, die als Symbol für die Unabhängigkeit von Papua gilt.

Die Festnahme von Filep Karma war am Ort der Flaggenhissung erfolgt. Diejenigen Menschen, die sich vor der Polizeiwache versammelt hatten, waren seinerzeit ebenfalls verhaftet, später aber zum größten Teil wieder frei gelassen worden. Yusak Pakage hingegen blieb inhaftiert und wurde ebenso wie Filep Karma nach den Paragraphen 106 und 110 des indonesischen Strafgesetzbuchs der "Rebellion" (makar) angeklagt. Am 26. Mai 2005 erging gegen Filep Karma eine 15-jährige Freiheitsstrafe, Yusak Pakage wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der Oberste Gerichtshof hielt am 27. Oktober 2005 Urteil und Strafmaß gegen beide Männer aufrecht. Amnesty International betrachtete seinerzeit sowohl Filep Karma als auch Yusak Pakage als gewaltlose politische Gefangene. Während Yusak Pakage am 7. Juli 2010 im Rahmen einer Begnadigung durch den Staatspräsidenten aus der Haft frei gelassen wurde, sitzt Filep Karma nach wie vor im Gefängnis ein. Amnesty International fordert seine unverzügliche und bedingungslose Freilassung.

Gemäß den indonesischen Gesetzen und Standards sind die Behörden des Landes dazu verpflichtet, für alle Gefangenen des Landes medizinische Versorgung zu gewährleisten. Paragraph 58 der Strafprozessordnung verlangt von der Regierung sicherzustellen, dass inhaftierte Personen Zugang zu medizinischer Behandlung durch unabhängige Fachkundige erhalten.

Paragraph 10 (f) der Richtlinie des Leiters der Nationalpolizei für die Durchsetzung von Menschenrechtsgrundsätzen und -standards bei der Polizeiarbeit (Richtlinie Nr. 8/2009) besagt, dass die Polizei in umfassender Weise für das gesundheitliche Wohlergehen einer jeden in ihrem Gewahrsam befindlichen Person Sorge zu tragen hat und bei Bedarf umgehend medizinische Versorgung sicherstellen muss.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Yusak Pakage in der Haft weder gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.
  • Veranlassen Sie bitte, dass Yusak Pakage medizinisch versorgt wird und Zugang zu einem Rechtsbeistand seines Vertrauens erhält.
  • Ich fordere Sie weiterhin auf sicherzustellen, dass die Bedingungen in den Hafteinrichtungen des Landes und die Behandlung von Gefangenen sowohl indonesischen Rechtsstandards als auch den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen gerecht werden.

APPELLE AN

POLIZEIPRÄSIDENT DER STADT JAYAPURA
AKBP Alfred Papere
Jl. A. Yani No.11 Jayapura
Papua , INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear Alfred Papere/ Sehr geehrter Herr Papere
Fax: (00 62) 967 533 763

LEITER DER BEHÖRDE FÜR JUSTIZ UND MENSCHENRECHTE IN DER PROVINZ PAPUA
Daniel Biantong
Jl. Raya Abepura No. 37
Kotaraja - Jayapura 99117
Papua, INDONESIEN
(korrekte Anrede: Dear Daniel Biantong / Sehr geehrter Herr Biantong)
Fax: (00 62) 967 586 112


KOPIEN AN

LEITER DER ABTEILUNG FÜR FACHLICHE QUALIFIKATION UND SICHERHEIT
Inspector General Drs. Herman Effendi
Kadiv Propam Mabes Polri
Jl. Trunojoyo No.3
Jakarta Selatan, INDONESIEN
Fax: (00 62) 21 7220 669

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S.E. Herrn Eddy Pratomo
Lehrter Straße 16-17, 10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: nur über das
Kontaktformular: http://www.botschaft-indonesien.de/de/kontak/kontakt.php


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Oktober 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Ensure that Yusak Pakage is not tortured or otherwise ill-treated while in detention.
  • Ensure that Yusak Pakage has access to medical treatment, and to lawyers of his choosing.
  • Ensure that prison conditions, conditions in detention facilities, and the treatment of prisonrs meet standards provided for in Indonesian law as well as UN Standard Minimum Rules on the Treatment of Prisoners.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Internationale Standards verlangen ebenfalls eine angemessene medizinische Versorgung von Gefangenen. So heißt es im Grundsatzkatalog für den Schutz aller irgendeiner Form von Haft oder Strafgefangenschaft unterworfenen Personen in Grundsatz 24, dass Inhaftierte oder Strafgefangene bei Bedarf ärztlich zu betreuen und zu behandeln sind und die dadurch entstehenden Kosten von den Gefängnisbehörden getragen werden müssen.

Bei Amnesty International gehen nach wie vor glaubwürdige Berichte über Folterungen und anderweitige Misshandlungen an Menschen während ihrer Festnahme durch die Polizei, ihrer Vernehmung und in der Haft ein. Als Vertragsstaat sowohl des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte als auch des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ist Indonesien in der Pflicht, Folter und anderweitige Misshandlungen unter allen Umständen zu unterbinden. Die Verfassung des Landes wie auch das Gesetz über die Menschenrechte (Nr. 39/1999) schützen das Recht aller Menschen in Indonesien, weder gefoltert noch anderweitig misshandelt zu werden.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-251/2012, AI-Index: ASA 21/032/2012, Datum: 24. August 2012 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2012