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AKTION/1203: Urgent Action - Libyen, Aktivist ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-295/2012, AI-Index: MDE 19/019/2012, Datum: 3. Oktober 2012 - ar

Libyen
Aktivist ohne Kontakt zur Aussenwelt in Haft



DR. AHMED ALI ABDEL RAHMAN ABOU RAQBA, Unterstützer von Hasna und Hala Shaeeb

Der zivilgesellschaftlich engagierte Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba wurde am 26. September bei einem Besuch im Riwami-Gefängnis der libyschen Hauptstadt Tripolis festgenommen. Er befindet sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Womöglich steht seine Festnahme mit seinem Aktivismus in Verbindung.

Am 26. September wurde der 29-jährige Aktivist Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba festgenommen. Die Festnahme erfolgte offenbar im Riwami-Gefängnis im Stadtteil Ain Zara von Tripolis, das dem Obersten Sicherheitsausschuss (Supreme Security Committee) unter dem Dach des Innenministeriums untersteht. Allem Anschein nach besuchte er das Gefängnis in seiner Rolle als Leiter der Libyana Foundation for Mother and Child, einer zivilgesellschaftlichen Stiftung, die sich hauptsächlich für die Rechte und das Wohlergehen von Müttern und Kindern in Libyen einsetzt. Die Angehörigen von Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba wurden über seine Inhaftierung nicht in Kenntnis gesetzt und erfuhren erst zwei Tage nach der Festnahme aus inoffiziellen Quellen, wo er sich aufhielt. Die Gefängnisverwaltung hat die Festnahme von Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba eingeräumt, bisher jedoch alle Besuchsanträge seiner Familie abgewiesen.

Es muss befürchtet werden, dass die Inhaftierung von Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba mit seiner Arbeit für die Libyana Foundation for Mother and Child zusammenhängt. Amnesty International hat am 2. Oktober an den libyschen Innenminister Fawzi Abdelal und den Obersten Sicherheitsausschuss geschrieben und um Klärung des Rechtsstatus von Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba gebeten sowie darauf gedrängt, ihn unverzüglich und bedingungslos freizulassen, sollte er allein wegen seiner Arbeit für die Stiftung in Haft sein.

Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba hat das Riwami-Gefängnis in Verbindung mit seiner Arbeit für die Stiftung sehr oft besucht. Vor Kurzem setzte er sich für zwei Schwestern - Hasna und Hala Shaeeb - ein, die dort inhaftiert waren. Er begleitete die beiden Schwestern zum Gefängnis für ihre Vernehmung, setzte sich für sie bei verschiedenen BeamtInnen ein und half ihren Familienangehörigen, bei der Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde über ihre Inhaftierung einzulegen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Am 4. September holten ungefähr zehn bewaffnete Männer, die sich als Angehörige der dem Innenministerium unterstehenden Abteilung Katibet Isnad al-Amn auswiesen, Hasna und Hala Shaeeb aus ihrer Wohnung in Tripolis ab. Die beiden Schwestern wurden bis zum 7. September im Riwami-Gefängnis festgehalten. Nach ihrer Entlassung wurden sie mehrmals ins Gefängnis zurückgerufen und am 9. September schließlich erneut festgenommen. Am 11. September wurden sie ohne Anklage entlassen, und etwa zwei Wochen später erhielten sie ihre Reisepässe zurück. Der Fall von Hasna Shaeeb war von der Libyana Foundation for Mother and Child aufgegriffen worden, nachdem sie im Oktober 2011 das erste Mal von bewaffneten Männern festgenommen worden war. Gegenüber Amnesty International gab Hasna Shaeeb an, sie habe während ihrer dreitägigen Inhaftierung im Oktober 2011 Elektroschocks, Schläge und Peitschenhiebe bis zur Bewusstlosigkeit über sich ergehen lassen müssen. Außerdem sei sie mit Urin übergossen worden. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Libyan authorities must protect two sisters from harassment, vom 17. September 2012, unter:
http://www.amnesty.org/en/news/libyan-authorities-must-protect-two-sisters-harassment-2012-09-1

Die Libyana Foundation for Mother and Child wurde im Mai 2012 gegründet. Eines der Ziele der Stiftung ist die Förderung der Rechte, die Häftlingen laut Völkerrecht und internationalen Standards zustehen.

Seit dem Ende des bewaffneten Konflikts im letzten Jahr sind nach wie vor tausende Personen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert, weil sie verdächtigt werden, die ehemalige Regierung unterstützt zu haben. Viele von ihnen sind in Haft gefoltert oder anderweitig misshandelt worden. Die meisten Fälle von Misshandlung gehen auf bewaffnete Milizen zurück, die nach wie vor mutmaßliche Verdächtige ohne Haftbefehl festnehmen.

Laut völkerrechtlicher und nationaler gesetzlicher Bestimmungen sind die libyschen Behörden verpflichtet, sicherzustellen, dass niemand willkürlich festgenommen oder inhaftiert wird. In Artikel 9 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, dessen Vertragsstaat Libyen ist, heißt es: "Niemand darf seiner Freiheit entzogen werden, es sei denn aus gesetzlich bestimmten Gründen und unter Beachtung des im Gesetz vorgeschriebenen Verfahrens." Artikel 14 des libyschen Gesetzes Nr. 20 aus dem Jahr 1991 legt fest: "Niemand darf seiner Freiheit beraubt, durchsucht oder befragt werden, es sei denn, er wurde gemäß des Beschlusses eines zuständigen Gerichts und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen und zeitlichen Beschränkungen einer straffälligen Handlung angeklagt."


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird.
  • Ich befürchte, dass Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba allein wegen seines zivilgesellschaftlichen Engagements inhaftiert sein könnte und bitte Sie eindringlich, ihn in diesem Fall unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Leiten Sie seinen Fall bitte andernfalls umgehend an die Generalstaatsanwaltschaft weiter und klagen Sie ihn einer als Straftat erkennbaren Handlung an.
  • Solange Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba noch nicht freigelassen oder angeklagt wurde, bitte ich Sie, ihm umgehend Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand seiner Wahl zu gewähren.

APPELLE AN

JUSTIZMINISTER
H.E. Ali Hamida Ashour
Ministry of Justice and Human Rights
LIBYEN
(korrekte Anrede: Exzellenz / Your Excellency)
Fax: (00 218) 2 1480 5427 (bitte sagen Sie "Fax") (Briefe kommen nicht immer an. Bitte nur Faxe schicken!)

INNENMINISTER
H.E. Fawzi Abdelal
Ministry Interior
LIBYEN
(korrekte Anrede: Exzellenz / Your Excellency)
Fax: (00 218) 2 1480 3645 oder
(00 218) 2 1444 2997
(Briefe kommen nicht immer an. Bitte nur Faxe schicken!)


KOPIEN AN

PRÄSIDENT DES HOHEN RATES FÜR MENSCHENRECHTE
Mr. Mohamed Allagi
Supreme Council for Human Rights and Freedoms
LIBYEN
(korrekte Anrede: Sehr geehrter Herr Mohamed Allagi / Dear Mr. Mohamed Allagi)
Fax: (00 218) 2 14 44 73 77
(Briefe kommen nicht immer an. Bitte nur Faxe schicken!)

LIBYSCHE BOTSCHAFT
Herrn Aly Masednah Idris El-Kothany
Geschäftsträger a.i
Podbielskiallee 42
14195 Berlin
Fax: 030-2005 9699 oder 030-200 596 99
E-Mail: info@libysche-botschaft.de oder
konsulat@libysche-botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. November 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Libyan authorities to ensure that Dr. Ahmed Ali Abdel Rahman Abou Raqba is protected from torture or other ill-treatment.
  • Expressing concern that he might be detained solely on the basis on his activism, in which case he should be immediately and unconditionally released. Otherwise, he should be immediately referred to the general prosecution to face recognizably criminal charges.
  • Pending release or referral to the general prosecution, calling on the authorities to ensure that he is immediately granted access to his family and a lawyer of his choice.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-295/2012, AI-Index: MDE 19/019/2012, Datum: 3. Oktober 2012 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2012