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AKTION/1312: Urgent Action - Taiwan, Unmittelbar drohende Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-358/2012, AI-Index: ASA 38/006/2012, Datum: 14. Dezember 2012 - jw

Taiwan
Unmittelbar drohende Hinrichtung



Herr CHENG HSING-TSE

Cheng Hsing-tse droht in Taiwan unmittelbar die Hinrichtung, nachdem der Generalstaatsanwalt am 11. Dezember einen Antrag auf außerordentliche Rechtsmittel abgelehnt hat. Der Justizminister könnte den Befehl zur Hinrichtung jederzeit unterschreiben.

Cheng Hsing-tse wurde am 5. Januar 2002 inhaftiert. Man warf ihm vor, während eines Schusswechsels einen Polizisten getötet zu haben. Am 18. November 2002 verurteilte das Bezirksgericht in Taichung ihn wegen der Tötung zum Tod. Der Fall ging in Berufungs- und Wiederaufnahmeverfahren zwischen dem Hohen Gericht und dem Obersten Gerichtshof hin und her, doch am 25. Mai 2006 wurde das Todesurteil für Cheng Hsing-tse endgültig verhängt. Seine Rechtsbeistände haben seitdem mehrmals außerordentliche Revision beantragt, doch die Anträge wurden vom Generalstaatsanwalt jedes Mal abgelehnt.

Cheng Hsing-tse hatte sein Geständnis, das er unter Folter gemacht haben soll, am 6. Januar zum ersten Mal und am 22. Januar erneut zurückgenommen. Während der Gerichtsverhandlungen wiederholte er die Rücknahme des Geständnisses. Es hat bisher keine Untersuchung der Foltervorwürfe gegeben.

Die Rechtsbeistände von Cheng Hsing-tse haben zudem kritisiert, dass es Unregelmäßigkeiten in den Ermittlungen gegeben hat. So wurden am Tatort vier Waffen gefunden, von denen keine die Fingerabdrücke von Cheng Hsing-tse aufwies. Der Tatort wurde verändert, indem die Waffen bewegt wurden. Auch hat das Gericht nie eine ballistische oder forensische Untersuchung eingefordert. In Taiwan zum Tod verurteilte Menschen haben keine Möglichkeit, einen Antrag auf Begnadigung oder auf Umwandlung der Strafe zu stellen. Dies verstößt gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Als Vertragsstaat des Pakts ist Taiwan zur Einhaltung der darin verbrieften Rechte verpflichtet. Cheng Hsing-tse ist seit mehr als zehn Jahren in Haft und befindet sich zurzeit im Gefängnis von Taichung.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Taiwan hat in diesem Jahr bisher keine Hinrichtungen vollstreckt. In den Todestrakten sitzen derzeit 61 Menschen ein. Im Jahr 2011 wurden fünf Menschen hingerichtet. Die Familien von zum Tod verurteilten Gefangenen werden im Vorfeld nicht über den Hinrichtungstermin unterrichtet. Sie erfahren erst im Nachhinein vom Tod ihrer Angehörigen, wenn ihnen eine Nachricht zugeht, dass sie den Leichnam aus dem Leichenschauhaus abholen können. Die Regierung in Taiwan hat seit dem Jahr 2000 wiederholt ihre Absicht bekundet, die Todesstrafe abschaffen zu wollen. Am 30. April 2010 wurden dessen ungeachtet mit der Hinrichtung von vier Menschen erstmals seit 2005 wieder Todesurteile vollstreckt. Die derzeitige Regierung hat im Jahr 2009 zugestimmt, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte umzusetzen und ihre Absicht erneut unterstrichen, die Todesstrafe abzuschaffen.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderer Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode. Internationale Gesetze und Normen zur Anwendung der Todesstrafe verlangen in allen Fällen strenge Einhaltung der internationalen Standards für faire Verfahren, zumindest in Einklang mit Artikel 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Dieser beinhaltet: Das Recht, vor einem unabhängigen, unparteiischem und fachkundigen Gericht gehört zu werden, das Recht auf kompetente Verteidigung während des gesamten Prozesses, das Recht auf einen ausreichenden Zeitraum und angemessene Umstände, um die Verteidigung vorzubereiten, das Recht, als unschuldig zu gelten, solange die Schuld nicht zweifelsfrei bewiesen ist, das Recht, in Revision zu gehen, das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen oder Schuld eingestehen zu müssen und das Recht, Begnadigung oder Umwandlung der Strafe zu beantragen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich darum, keinen Hinrichtungsbefehl für Cheng Hsing-tse oder einen anderen Gefangenen zu unterzeichnen.
  • Führen Sie bitte ein juristisches Verfahren ein, das die Möglichkeit bietet, eine Begnadigung zu beantragen.
  • Ich bitte um den unverzüglichen Erlass eines Hinrichtungsmoratoriums mit dem Ziel der vollständigen Abschaffung der Todesstrafe. Eine solche Maßnahme ist von der UN-Generalversammlung mit Resolution 62/149 vom 18. Dezember 2007, 63/168 vom 18. Dezember 2008 und 65/206 vom 21. Dezember 2010 allen Staaten angeraten worden.
  • Ich fordere die Umwandlung aller Todesurteile in Haftstrafen.

APPELLE AN

JUSTIZMINISTER
Tseng Yung-fu
Ministry of Justice
No. 130, Sec. 1, Chongqing S. Rd.
Zhongzheng Dist.
Taipei City 10048
TAIWAN
(Anrede: Dear Minister of Justice/ Sehr geehrter Herr Justizminister)
Fax: (00 886) 2 2331 9102
E-Mail: tyftp@mail.moj.gov.tw

PRÄSIDENT
Ma Ying-jeou
Office of the President
No. 122, Sec. 1, Chongqing S.Rd.
Zhongzheng Dist.
Taipei City 100
TAIWAN
(Anrede: Dear President/Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 886) 2 2383 2941


KOPIEN AN

Cheng Hsing-tse
Taichung Detention Center
No. 11, Peide Road
Nantun District
Taichung City 408
TAIWAN

TAIPEH VERTRETUNG IN BERLIN
Herr Dr. Wu-Lien Wie
Markgrafenstraße 35
10117 Berlin
Fax: 030-2036 1101
E-Mail: taipehvertretung@gmx.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 25. Januar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities not to sign an execution order for Cheng Hsing-tse or any other prisoner;
  • Urging the authorities to introduce a legal procedure for requesting clemency;
  • Urging the authorities to establish an immediate moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty, in line with UN General Assembly resolutions 62/149 of 18 December 2007, 63/168 of 18 December 2008 and 65/206 of 21 December 2010;
  • Urging the authorities to commute all death sentences to terms of imprisonment.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-358/2012, AI-Index: ASA 38/006/2012, Datum: 14. Dezember 2012 - jw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2012