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AKTION/1319: Urgent Action - Bahrain, Jugendlicher ohne Anklage inhaftiert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-362/2012, AI-Index: MDE 11/070/2012, Datum: 18. Dezember 2012 - jw/we

Bahrain
Jugendlicher ohne Anklage inhaftiert



MOHAMMAD MOHAMMAD 'ABDULNABI 'ABDULWASI, 16 Jahre alt

Ein in Bahrain festgenommener Jugendlicher ist ohne Anklage in einer Haftanstalt für Erwachsene inhaftiert worden. Er hat keinen Zugang zu seiner Familie oder einem Rechtsbeistand und die Haft ist bis Ende Dezember verlängert worden.

Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi wurde in seinem Haus auf Sitra, einer Insel östlich von Manama, der Hauptstadt von Bahrain, festgenommen, nachdem dort am 11. Dezember 2012 eine Razzia durchgeführt worden war. Die PolizeibeamtInnen sollen keinen Durchsuchungsbefehl vorgelegt haben. Sie zerstörten die Eingangstür und entwendeten Geld und andere Gegenstände. Die Eltern von Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi und ein jüngerer Bruder waren zum Zeitpunkt der Festnahme im Haus. Sie sagen, die PolizeibeamtInnen fragten nach einer Stromrechnung und nahmen Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi, während die Familie in einem anderen Zimmer nach der Rechnung suchte, ohne deren Wissen mit. Die Familie hat daraufhin zwei Tage lang nichts über seinen Aufenthaltsort erfahren können, obwohl sie sich in dieser Zeit bei Polizeistationen, dem Büro der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei nach ihm erkundigte. Zwei Tage nach der Festnahme rief Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi seine Familie an und teilte ihnen mit, dass er sich im Dry-Dock-Gefängnis im Nordosten von Bahrain befinde. Am Tag nach der Festnahme war er ohne Familienangehörige oder einen Rechtsbeistand zum Büro der Staatsanwaltschaft gebracht worden. Seine Familie durfte am Telefon mit ihm sprechen, ihn bisher aber nicht besuchen. Auch sein Rechtsbeistand erhielt keine Besuchserlaubnis und die Haft ist für weitere Ermittlungen bis zum 26. Dezember verlängert worden. Weder sein Rechtsbeistand noch seine Familie wissen von einer Anklage gegen ihn oder kennen die Gründe für seine Inhaftierung.

Gemäß internationalen Richtlinien ist jeder unter 18 Jahren ein Kind und Kinder, die unter Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben, sollten entsprechend des Jugendstrafgesetzes behandelt werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In den vergangen Monaten hat die Anzahl der Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren, die in Gefängnissen für Erwachsene inhaftiert sind, zugenommen. Laut bahrainischer Menschenrechtsorganisationen befinden sich derzeit möglicherweise 80 Jugendliche in Haftanstalten für Erwachsene.

Viele dieser Jugendlichen wurden während Demonstrationen festgenommen und wegen "illegaler Versammlung" und Aufruhr angeklagt. In einigen Fällen scheint ihre Inhaftierung eine Strafe für das Ausüben ihres Rechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu sein. Einige von ihnen geben an, während ihrer Festnahme oder auf dem Weg zur Polizeiwache geschlagen worden zu sein. Sie haben zu Beginn ihrer Inhaftierung zum Teil keinen Zugang zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen erhalten und wurden gezwungen "Geständnisse" zu unterschreiben. In anderen Fällen wurden die Jugendlichen formell wegen Straftaten angeklagt und in Verfahren vor regulären Gerichten zu Haftstrafen verurteilt, statt einem Jugendgericht vorgeführt zu werden.

Das Völkerrecht legt dar, dass jede Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, als Kind zu betrachten ist. Außerdem schreibt es vor, dass jedes Kind, das einer Straftat beschuldigt wird, nach dem Jugendstrafrecht behandelt werden muss. Dieses beinhaltet unter anderem folgende Grundsätze: Freiheitsentzug oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden und nur unter regelmäßiger Überprüfung und der Verpflichtung, Alternativen zu nutzen, wann immer es möglich ist; Verbot von Einzelhaft; eine von erwachsenen Gefangenen getrennte Unterbringung jugendlicher StraftäterInnen; keine lebenslangen Haftstrafen ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Freilassung für Straftaten, die vor dem 18. Lebensjahr begangen wurden; Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse von Kindern in Haft und als Schwerpunkt die Besserung und soziale Wiedereingliederung von inhaftierten Kindern.

Im Widerspruch zu diesen Vorschriften werden Kinder in Bahrain, denen Straftaten vorgeworfen werden, immer wieder wie Erwachsene behandelt. Die Menschenrechtslage in Bahrain hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Repressive Maßnahmen haben stark zugenommen und die Ablehnung der Regierung gegenüber den von der unabhängigen Untersuchungskommission Bahrains (BICI) ausgesprochenen Empfehlungen wurde immer offenkundiger. Die BICI ist 2011 gegründet worden, um die weitreichenden Menschenrechtsverletzungen während der Aufstände 2011 zu untersuchen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Es bereitet mir Sorgen, dass Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi wie ein Erwachsener behandelt wird, obwohl er noch nicht 18 Jahre alt ist. Bitte stellen Sie sicher, dass er gemäß der internationalen Standards des Jugendstrafrechts behandelt wird. - Bitte verschaffen Sie Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi sofortigen Zugang zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand. - Ich fordere Sie auf, den Grund für die Festnahme von Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi öffentlich zu machen und ihn freizulassen oder einer anerkannten Straftat anzuklagen. Sorgen Sie bitte dafür, dass er während seiner Inhaftierung getrennt von erwachsenen Häftlingen verwahrt wird. - Bitte stellen Sie sicher, dass Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P. O. Box 450, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1753 1284
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Januar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Mohammad Mohammad 'Abdulnabi 'Abdulwasi is being treated as an adult despite being under the age of 18, and urging the authorities to ensure that he is treated in accordance with the international standards of juvenile justice.
  • Urging the Bahraini authorities to grant him immediate access to his family and lawyer.
  • Urging the authorities to disclose the reason for his arrest and to release him unless he is charged with a recognisable criminal offence and in the interim ensure he is held separately from adult detainees.
  • Urging the authorities to protect him from torture or other ill-treatment.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Zu den Mitgliedern der BICI, die am 29. Juni 2011 vom König benannt wurden, gehörten auch fünf international renommierte Rechts- und MenschenrechtsexpertInnen. Sie sind damit beauftragt worden, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Hauptempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und unverhältnismäßige Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.

Viele der Versprechen der Regierung sind bisher jedoch nicht erfüllt worden. Die Gründung der BICI und der von der Kommission erstellte Bericht galten als bahnbrechende Initiative. Nach einem Jahr besteht durch die Ablehnung der Regierung, wichtige Empfehlungen hinsichtlich der Rechenschaftspflicht umzusetzen, kaum noch Hoffnung auf einschlägige Reformen. Unter anderem führten die bahrainischen Behörden keine unabhängigen, zielgerichteten und transparenten Untersuchungen zu Folter- und Misshandlungsvorwürfen und der unverhältnismäßigen Anwendung von Gewalt durch und stellten nicht, wie empfohlen, alle für Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen BefehlshaberInnen vor Gericht. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Bahrain: Reform shelved, repression unleashed, unter:
http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en)

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-362/2012, AI-Index: MDE 11/070/2012, Datum: 18. Dezember 2012 - jw/we
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2012