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AKTION/1420: Urgent Action - Russische Föderation, Usbeke in Foltergefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-330/2012-1, AI-Index: EUR 46/009/2013, Datum: 13. März 2013 - we

Russische Föderation
Usbeke in Foltergefahr



Herr AZAMATZHON ERMAKOV

Azamatzhon Ermakov befindet sich wieder in Usbekistan. Er ist dort in großer Gefahr gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Alles weist darauf hin, dass der usbekische Staatsbürger nach seiner Freilassung aus russischer Haft entführt und per Flugzeug in sein Herkunftsland zurückgebracht wurde. Derzeit soll er in Andizhan im Osten Usbekistans in Untersuchungshaft festgehalten werden.

Der Untersuchungsausschuss von Nizhnii Novgorod hat Amnesty International in einem auf Januar datierten Brief darüber informiert, dass sich Azamatzhon Ermakov wieder in Usbekistan befindet. In dem Brief heißt es, dass er die russische Grenze am 2. November passiert habe, nachdem er aus der Haft in Nizhnii Novgorod freigelassen worden war. Er soll von Moskau aus in die usbekische Hauptstadt Taschkent geflogen sein. Es gibt keinerlei Hinweise, die darauf schließen lassen, dass Azamatzhon Ermakov freiwillig nach Usbekistan zurückgekehrt sein könnte. Ihm war bewusst, dass ihm bei einer Rückkehr schwere Menschenrechtsverletzungen wie Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Verfahren und die anschließende Inhaftierung unter grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen drohen könnten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte vorläufige Maßnahmen erlassen, mit denen Russland zu einer Aussetzung der Abschiebungsanordnung gegen Azamatzhon Ermakov aufgefordert wurde, bis der Gerichtshof die Foltergefahr für ihn bei einer Rückkehr nach Usbekistan überprüfen konnte.

Als Azamatzhon Ermakov aus der Haft entlassen wurde, hatte er kein Geld und bis auf seinen Ausweis keinerlei Papiere bei sich. Seine Kleidung entsprach zudem nicht den herrschenden Minusgraden. Dies und die Tatsache, dass er kein Russisch spricht, hätten es ihm so gut wie unmöglich gemacht, selbst Tickets für die Reise nach Usbekistan zu kaufen.

Am 2. November 2012 wollte der Rechtsbeistand von Azamatzhon Ermakov seinen Mandanten in der Haftanstalt in Nizhnii Novgorod besuchen, durfte ihn jedoch nicht sehen. Bei einem weiteren Versuch am 5. November sagte man ihm, dass Azamatzhon Ermakov am 2. November freigelassen worden sei. Der Verbleib von Azamatzhon Ermakov war bis zu seinem Auftauchen in Usbekistan unbekannt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der aus Usbekistan stammende Azamatzhon Ermakov flüchtete im März 2009 in die Russische Föderation. Im November 2009 wurde er nach einem Auslieferungsantrag der usbekischen Behörden in Nizhnii Novgorod inhaftiert. In Usbekistan wird Azamatzhon Ermakov die angebliche Beteiligung an extremistischen religiösen Gruppen, Anstiftung zu religiös motiviertem Hass und versuchter Umsturz der verfassungsrechtlichen Ordnung vorgeworfen. Seine Auslieferung war vom Büro des Generalstaatsanwalts in Russland genehmigt worden, wogegen Azamatzhon Ermakov erfolglos Rechtsmittel eingelegte. Im Dezember 2009 beantragte Azamatzhon Ermakov bei der Einwanderungsbehörde der Region Nizhnii Novgorod Asyl. Sein Antrag wurde jedoch abgelehnt. Am 22. September 2010 erließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorläufige Maßnahmen, mit denen Russland zu einer Aussetzung der Abschiebungsanordnung gegen Azamatzhon Ermakov aufgefordert wurde, bis der Gerichtshof über seinen Fall entscheiden konnte. Er wurde am 13. Mai 2011 nach 18 Monaten in Haft freigelassen. Am 1. Juli 2011 nahm man ihn jedoch wieder fest. Azamatzhon Ermakov wurde am 7. September 2012 wegen illegalen Besitzes von Waffen und Munition zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt. Er behauptet noch immer, dass die Polizei Beweise gegen ihn konstruiert hat.

Seit der Unabhängigkeit Usbekistans von der Sowjetunion im Jahre 1991 beobachtet Amnesty International aufmerksam die Menschenrechtslage des Landes. Die Organisation sorgt sich insbesondere darüber, dass die usbekischen Behörden im Namen der nationalen Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung aktiv die Auslieferung angeblicher Mitglieder islamischer Bewegungen oder radikalislamischer Parteien aus Nachbarländern zu erreichen versucht. Die Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass die meisten dieser an Usbekistan ausgelieferten Personen ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden, wodurch eine erhöhte Gefahr der Folter und anderweitiger Misshandlung besteht.

Amnesty International ist in großer Sorge, dass Tausende gläubiger Muslime, die in Usbekistan wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer verbotenen radikalislamischen Organisation verurteilt wurden, unter Bedingungen festgehalten werden, die grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkommen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

An die russischen Behörden

  • Es bereitet mir große Sorge, dass Azamatzhon Ermakov möglicherweise entführt und nach Usbekistan zurückgebracht wurde.
  • Ich fordere Sie auf, eine sofortige, unabhängige und zielführende Untersuchung der mutmaßlichen Entführung und Rückführung von Azamatzhon Ermakov einzuleiten. An den usbekischen Innenminister
  • Es bereitet mir große Sorge, dass Azamatzhon Ermakov möglicherweise entführt und nach Usbekistan zurückgebracht wurde.
  • Ich bitte Sie eindringlich darum, den Verpflichtungen Usbekistans aus internationalen Menschenrechtsabkommen, wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der Antifolterkonvention, nachzukommen. Stellen Sie sicher, dass Azamatzhon Ermakov ein faires Verfahren erhält und schützen Sie ihn vor Folter und anderweitigen Misshandlungen.

APPELLE AN

VORSITZENDER DES UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Aleksandr Ivanovich Bastrykin
Investigation Committee of the Russian Federation
Tekhnicheski pereulok, dom 2
105005 Moscow, RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Chairman of the Investigation Committee / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 7) 499 265 9077

INNENMINISTER VON USBEKISTAN
Bahodir Ahmedovich Matlubov
Ministerstvo vnutrennikh del
ul. Junus Rajabiy, Tashkent 100029, USBEKISTAN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 998) 712 338 934
E-Mail: mvd@mvd.uz oder info@mvd.uz


KOPIEN AN

VERTRETER DER RUSSISCHEN FÖDERATION BEIM EGMR
Georgiy Olegovich Matyushkin
Ul Zhitnaya 14
119991 Moscow, RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (00 7) 495 955 5703 (Bitte schreiben Sie zwischen 09.00 Uhr und 17.00 Uhr GMT +4)
E-Mail:representationpermderussie@wanadoo.fr

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030 2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-330/2012 (46/045/2012, 9. November 2012).


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing your concern that Azamatzhon Ermakov might have been unlawfully abducted and transferred to Uzbekistan.
  • Urging the Russian authorities to investigate promptly, impartially and effectively the alleged abduction of Azamatzhon Ermakov and his transfer to Uzbekistan.
  • Urging the Uzbekistani authorities to comply with their obligations under international human rights law, including the International Covenant on Civil and Political Rights and the Convention Against Torture, and to ensure that Azamatzhon Ermakov is neither subjected to unfair trial nor tortured or otherwise ill-treated.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Amnesty International hat eine Serie von jüngsten Vorfällen dokumentiert, bei denen die russischen Behörden mutmaßlich mit zentralasiatischen Geheimdiensten zusammengearbeitet haben, um die Entführung und Entfernung von Personen durchzuführen, deren Auslieferung durch den Erlass einstweiliger Anordnungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gestoppt worden war. Im Juni 2012 erließ der Oberste Gerichtshof der Russischen Föderation eine Verordnung über die Auslieferung an andere Regierungen. Diese unterstreicht die Verpflichtungen Russlands gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen, unter anderem das Verbot der Folter, und wies die Gerichte an, Auslieferungsgesuchen nicht nachzukommen, wenn die begründete Sorge besteht, dass die ausgelieferte Person gefoltert, auf andere Weise grausam, unmenschlich oder erniedrigend behandelt oder zu Tode verurteilt werden könnte.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-330/2012-1, AI-Index: EUR 46/009/2013, Datum: 13. März 2013 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2013