Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1443: Urgent Action - Bahrain, der Aktivistin Zainab Al-Khawaja wurden Familienbesuche untersagt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-232/2012-5, AI-Index: MDE 11/008/2013, Datum: 3. April 2013 - mr

Bahrain
Familienbesuche untersagt



ZAINAB AL-KHAWAJA, Tochter von Abdulhadi Al-Khawaja

Der bahrainischen Aktivistin Zainab Al-Khawaja werden seit Mitte März Besuche ihrer Familie untersagt, da sie sich weigert, während der Besuche die Gefängnisuniform zu tragen. Zainab Al-Khawaja ist eine gewaltlose politische Gefangene, die nur deshalb inhaftiert ist, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit friedlich wahrgenommen hat.

Zainab Al-Khawaja, die die bahrainische und dänische Staatsbürgerschaft besitzt, trat vom 17. bis 29. März in einen Hungerstreik, um gegen die Entscheidung der Gefängnisleitung zu protestieren, ihr die wöchentlichen Familienbesuche zu verweigern, da sie es ablehnt, währenddessen die Gefängnisuniform zu tragen. Ihr Vater, der bekannte Dissident Abdulhadi Al-Khawaja, trat ebenfalls in den Hungerstreik, um ihren Protest zu unterstützen. Doch Zainab Al-Khawaja beendete ihren Hungerstreik aufgrund des sich verschlechternden Gesundheitszustands ihres Vaters. Er beendete den Hungerstreik ebenfalls. Laut Angaben der Familie von Zainab Al-Khawaja wurde dem dänischen Konsul am 2. April ein Besuch bei ihr verweigert.

Am 17. März untersagten die Gefängniswärter Zainab Al-Khawaja den Besuch ihrer Familie, solange sie die Gefängnisuniform nicht trage. Ihre Weigerung gründet sich auf ihre Überzeugung, dass die Uniform nur von Kriminellen getragen wird und sie sich durch das Tragen zu einer Kriminellen erklären würde. Am selben Tag durfte ihr inhaftierter Vater, der bekannte Oppositionelle Abdulhadi Al-Khawaja, seine Tochter nicht sehen, da er sich ebenfalls weigerte, die Uniform anzuziehen und zur Unterstützung seiner Tochter in den Hungerstreik trat.

Zainab Al-Khawaja war am 27. Februar 2013 ein weiteres Mal festgenommen worden und leistet nun im Frauengefängnis in 'Issa Town eine Haftstrafe von insgesamt drei Monaten und 22 Tagen ab. Am 27. Februar erhielt das Berufungsgericht eine Verurteilung Zainab Al-Khawajas zu einer einmonatigen Freiheitsstrafe wegen "Betreten eines Sperrgebiets" (am Perlenplatz) durch ein Strafgericht am 10. Dezember 2012 aufrecht. Zainab Al-Khawaja hatte davon bereits acht Tage in Haft verbracht, bevor sie aufgrund des anhängigen Rechtsmittelverfahrens freigelassen wurde. Am folgenden Tag, den 28. Februar, verurteilte das Berufungsgericht in der bahrainischen Hauptstadt Manama Zainab Al-Khawaja wegen "Beleidigung eines Polizeibeamten" zu einer dreimonatigen Haftstrafe. Damit hob es das Urteil des Strafgerichts auf, das sie am 2. Mai 2012 freigesprochen hatte. Seit Dezember 2011 ist Zainab Al-Khawaja bereits wiederholt festgenommen und wieder freigelassen worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Zainab Al-Khawaja ist die Tochter des gewaltlosen politischen Gefangenen Abdulhadi Al-Khawaja. Sie wurde erstmals im Dezember 2011 zusammen mit einer weiteren Aktivistin, Ma'suma Sayyid Sharaf, festgenommen, wenige Tage später aber wieder freigelassen. Gegen sie erging Anklage wegen "nicht genehmigter Versammlung" und "Anstachelung zum Hass gegen die Regierung", nachdem die Polizei eine friedliche Demonstration an einem Verkehrskreisel außerhalb von Manama mithilfe von Tränengas und Geräuschbomben aufgelöst hatte. Als die Polizei Zainab al-Khawaja festnahm, war sie die einzige Person, die sich noch am Verkehrskreisel aufhielt. Sie saß friedlich auf dem Boden. Filmmaterial zeigt, wie sie bei ihrer Festnahme von der Polizei in Handschellen gelegt und dann von zwei Polizistinnen über den Boden zu einem wenige Meter entfernten Fahrzeug geschleift wurde. Dabei schlug ihr Kopf mehrmals auf den Boden auf. Gegenüber Amnesty International gab Zainab al-Khawaja an, dass sie nach ihrer Ankunft auf der Polizeistation in einem Außenbezirk von Manama auf den Kopf geschlagen und getreten worden sei. Ma'suma Sayyid Sharaf wurde ebenfalls getreten und bespuckt.

Am 21. April 2012 wurde Zainab Al-Khawaja erneut festgenommen, nachdem sie mit einem Sitzstreik auf einer Schnellstraße nahe des Finanzbezirks gegen die Inhaftierung ihres Vaters und die allgemeine schlechte Menschenrechtssituation in Bahrain protestiert hatte. Am 29. Mai wurde sie nach Zahlung einer Geldstrafe von 200 bahrainischen Dinar (umgerechnet rund 530 US-Dollar oder ca. 400 €) wegen "Beleidigung eines Polizeibeamten" aus der Haft entlassen. Am 28. Juni zog sie sich Verletzungen am Bein zu, als sie das Vorgehen der Polizei auf einer Protestaktion beobachtete. Am 2. August inhaftierte man sie ein weiteres Mal und verurteilte sie am Ende des Monats zu zwei Monaten Haft wegen "Zerstörung von Staatseigentum", nachdem sie ein Bild des Königs zerrissen hatte. Zwei Monate später, am 2. Oktober, wurde sie gegen Kaution bis zu weiteren Gerichtsterminen freigelassen, am 20. Oktober jedoch erneut für mehrere Stunden inhaftiert und wiederum gegen Kaution freigelassen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Es bereitet mir Sorge, dass Zainab Al-Khawaja eine gewaltlose politische Gefangene ist und allein wegen der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit festgehalten wird. Ich fordere daher nachdrücklich ihre sofortige und bedingungslose Freilassung.
  • Bitte gestatten Sie umgehend wieder den Zugang zu ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand.
  • Ich möchte Sie dringend bitten, Zainab al-Khawajas Haftstrafen sowie sämtliche Urteile gegen sie aufzuheben und alle gegen sie erhobenen Anklagen fallenzulassen.
  • Bitte unterlassen Sie jede weitere Schikane von Zainab Al-Khawaja.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 176 64 587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior
P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 172 32 661
Twitter: @moi_Bahrain

STAATSANWALT
Mr 'Ali al-Bu'ainein
Public Prosecution Office
P.O. Box 450, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Dear Mr 'Ali al-Bu'ainein / Sehr geehrter Herr 'Ali al-Bu'ainein)
Fax: (00 973) 1753 0884


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-232/2012 (MDE 11/047/2012, 6. August 2012, MDE 11/056/2012, 26. September 2012, MDE 11/061/2012, 25. Oktober 2012, MDE 11/069/2012, 13. Dezember 2012 und MDE 11/006/2013, 4. März 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Expressing concern that Zainab Al-Khawaja has been imprisoned solely for exercising her rights to freedom of expression, association and assembly, and calling for her immediate and unconditional release.
  • Urging the Bahraini authorities to allow her immediate access to her family and lawyer
  • Urging them to quash her prison sentences, drop all the charges and overturn all her convictions.
  • Calling on them to stop all forms of harassment against her.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Am 9. Dezember 2012 wurde Zainab Al-Khawaja festgenommen, als sie das Foto eines verletzten Demonstranten hochhielt, den sie im Krankenhaus Salmaniya in der bahrainischen Hauptstadt Manama besuchen wollte. Das Büro des Staatsanwalts leitete Ermittlungen gegen sie wegen "Anstachelung zum Hass gegen die Regierung" ein und verlängerte in diesem Zusammenhang zweimal die Untersuchungshaft. Am 27. Dezember wurde Zainab Al-Khawaja wieder freigelassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall jedoch weiter.

Die bahrainische Regierung hat unter anderem die Empfehlung der Universellen Regelmäßigen Überprüfung des UN-Menschenrechtsrats von 2012 angenommen, die Einschränkungen für MenschenrechtsverteidigerInnen aufzuheben. Seitdem sind MenschenrechtsverteidigerInnen und andere AktivistInnen in Bahrain allerdings weiterhin aufgrund ihrer Menschenrechtsarbeit schikaniert, festgenommen und sogar inhaftiert worden.

Zwei Jahre nach Beginn der Proteste in Bahrain befinden sich gewaltlose politische Gefangene, darunter auch Personen, die während der Aufstände festgenommen wurden, weiterhin in Haft und die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit werden nach wie vor unterdrückt. Die aufsehenerregenden Reformen, die infolge der Proteste erlassen wurden, verschleiern dies lediglich. In den vergangenen Monaten wurden nicht nur gewaltlose politische Gefangene nicht freigelassen, stattdessen wurden weitere Personen inhaftiert, die es gewagt hatten, ihr Ansichten via Twitter oder auf friedlichen Demonstrationen kundzutun. Die bahrainischen Gerichte scheinen ihre Aufgabe vielmehr darin zu sehen, sich der Regierung unterzuordnen, als der bahrainischen Bevölkerung effektiven rechtlichen Schutz zu bieten und für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen.

Die am 29. Juni 2011 vom König benannte unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BICI) hatte den Auftrag, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Hauptempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und unverhältnismäßige Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen. Viele der Versprechen der Regierung sind bisher jedoch nicht erfüllt worden. Die Gründung der BICI und der von der Kommission erstellte Bericht galten als bahnbrechende Initiative. Nach einem Jahr besteht jedoch durch die Widerwilligkeit der Regierung, wichtige Empfehlungen hinsichtlich der Rechenschaftspflicht umzusetzen, kaum noch Hoffnung auf einschlägige Reformen. Unter anderem führten die bahrainischen Behörden keine unabhängigen, zielgerichteten und transparenten Untersuchungen zu Folter- und Misshandlungsvorwürfen und der unverhältnismäßigen Anwendung von Gewalt durch und stellten nicht, wie empfohlen, alle für Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen BefehlshaberInnen vor Gericht.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-232/2012-5, AI-Index: MDE 11/008/2013, Datum: 3. April 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2013