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AKTION/1444: Briefe gegen das Vergessen, Februar/März 2013


amnesty journal 02/03/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

Briefe gegen das Vergessen - Aktion der Monate Februar/März 2013

- Äthiopien - Eskinder Nega
- Philippinen - Darius Evangelista
- Türkei - Ahmet Yildiz



Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Hautfarbe oder Herkunft inhaftiert, ermordet, verschleppt oder man lässt sie "verschwinden". AMNESTY INTERNATIONAL veröffentlicht regelmäßig an dieser Stelle drei Einzelschicksale, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden.

Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes.

Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie bitte eine Kopie an AMNESTY INTERNATIONAL.

AMNESTY INTERNATIONAL
Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin
Tel.: 030-42 02 48-0, Fax: 030-42 02 48-488
E-mail: info@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

Spendenkonto
Bank für Sozialwirtschaft (BfS) Köln,
Kto.-Nr.: 8090100, BLZ: 370 205 00
oder Postbank Köln,
Kto.-Nr.: 22 40 46-502, BLZ 370 100 50
BIC: BFSWDE33XXX
IBAN: DE23370205000008090100

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ÄTHIOPIEN

Eskinder Nega

Am 13. Juli 2012 wurde der Journalist Eskinder Nega wegen Hochverrats und terroristischer Vergehen zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Er war im September 2011 festgenommen worden, nachdem er regierungskritische Artikel geschrieben und Reden gehalten hatte, in denen er das Recht auf freie Meinungsäußerung in Äthiopien forderte.

Dies ist bereits das achte Mal, dass Eskinder Nega aufgrund seiner Arbeit als Journalist festgenommen und strafverfolgt wird. 2005 verhaftete man ihn zusammen mit seiner Frau Serkalem Fasil. Das Paar gehörte zu 131 JournalistInnen, AktivistInnen und OppositionspolitikerInnen, denen Landesverrat und andere Straftaten zur Last gelegt wurden. 2006 brachte Serkalem Fasil im Gefängnis ihren Sohn Nafkot zur Welt.

Kurz vor seiner jüngsten Festnahme im September 2011 sprach Eskinder Nega bei einer Veranstaltung der Oppositionspartei über die Pressefreiheit und darüber, ob die Unruhen im Nahen Osten und Nordafrika auf Äthiopien übergreifen könnten. Einige Tage zuvor hatte er auch den Einsatz von Antiterrorgesetzen zur Unterdrückung von RegierungskritikerInnen moniert, die dann gegen ihn selbst eingesetzt wurden. 23 weitere Menschen wurden unter derselben und ähnlichen Anklagen zusammen mit Eskinder Nega vor Gericht gestellt. Bis auf zwei sprach man alle schuldig. Das Gerichtsverfahren wies schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, darunter Foltervorwürfe von mindestens einem Angeklagten, die nicht untersucht wurden. Schon zu Beginn des Verfahrens erklärte der Ministerpräsident die Angeklagten im staatlichen Fernsehen für schuldig und setzte damit das Gericht unter Druck, zu einem Schuldspruch zu kommen. Amnesty International geht davon aus, dass Eskinder Nega nur aufgrund seiner friedlichen und rechtmäßigen Tätigkeit als Journalist verurteilt wurde.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den äthiopischen Ministerpräsidenten und weisen Sie darauf hin, dass Amnesty International Eskinder Nega als gewaltlosen politischen Gefangenen betrachtet. Fordern Sie seine umgehende und bedingungslose Freilassung. Dringen Sie darauf, dass die Regierung nicht länger Strafverfahren einsetzt, um Kritik zu unterbinden und dass sie andere Formen der Schikane gegen JournalistInnen, Angehörige der Opposition und AktivistInnen der Zivilgesellschaft unterlässt. Gesetze, die die freie Meinungsäußerung einschränken, müssen ebenso reformiert werden.

Schreiben Sie auf gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch an:
Hailemariam Desalegn
Prime Minister
P.O. Box 1031
Addis Ababa
ÄTHIOPIEN
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 251) 11 155 20 20

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien
S. E. Herrn Fesseha Asghedom Tessema
Boothstraße 20 a, 12207 Berlin
Fax: 030-772 0624
E-Mail: Emb.ethiopia@t-online.de


PHILIPPINEN
Darius Evangelista

Margie Evangelista sah ihren Ehemann Darius Evangelista am 5. März 2010 zum letzten Mal. An dem Tag wurde er wegen Diebstahls festgenommen. Sie hörte nichts von ihm, bis ihr jemand am 17. August 2010 erzählte, ihn in den Nachrichten gesehen zu haben. Das Video zeigte einen nackten Mann, der sich vor Schmerzen wandte, während ein Polizeibeamter ihn schlug und immer wieder an einer Schnur zog, die an seinen Genitalien befestigt war. Andere PolizeibeamtInnen in Uniform sahen zu.

Als Margie Evangelista das Video sah, erkannte sie sofort ihren Mann und Vater von drei Kindern. Einige Tage später erfuhr sie, dass Müllsucher einen Kopf gefunden hatten. Der Kopf ähnelte dem ihres Mannes.

Im Zuge der Untersuchungen der Menschenrechtskommission sagten drei Mitgefangene von Darius aus, er sei nach seiner Festnahme in das Büro des Polizeichefs und anschließend schwer verletzt in die Zelle zurückgebracht worden. Danach brachte man ihn aus der Polizeiwache weg. Ein Häftling hörte einen Polizisten dabei sagen: "Seht zu, dass ihr ihn loswerdet." Sie sahen Darius Evangelista nie wieder.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den philippinischen Polizeipräsidenten, in denen Sie die sofortige und umfassende Untersuchung der Folter, des Verschwindens und der möglichen außergerichtlichen Hinrichtung Darius Evangelistas fordern. Drücken Sie Ihre Sorge darüber aus, dass einige Personen, deren Festnahme aufgrund der Folter Darius Evangelistas angeordnet wurde, noch immer auf freiem Fuß sind. Obwohl ein Gericht in Manila die Festnahme von sieben PolizistInnen angeordnet hat, steht sie bei vier Personen noch aus. Bitten Sie um Information, welche Schritte die Polizei einleiten möchte, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten an diesem Verbrechen zeitnah festgenommen werden.

Schreiben Sie in gutem Filipino, Englisch oder auf Deutsch an:
PDG Nicanor Bartolome
PNP National Headquarters Camp General Crame
Quezon City, 1100
PHILIPPINEN
(Anrede: Dear Police Director General / Sehr geehrter Herr Polizeipräsident)
E-Mail: über Kontaktformular
http://bit.ly/pnp-supportdesk

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Philippinen
I.E. Frau Maria Cleofe Natividad
Uhlandstr. 97
10715 Berlin
Fax: 030-873 2551
E-Mail: info@philippine-embassy.de


TÜRKEI
Ahmet Yildiz

Am 15. Juli 2008 verließ Ahmet Yildiz seine Wohnung, um ein Eis zu kaufen. Kurz darauf hörte sein Lebenspartner Ibrahim Can Schüsse. Als er hinunterlief, sah er, dass auf Ahmet Yildiz geschossen worden war. Die Erschießung von Ahmet Yildiz wird weithin als "Ehrenmord" betrachtet. Bei anderen mutmaßlichen Ehrenmorden holte, wie bei Ahmet Yildiz, die Familie den Leichnam nicht zur Bestattung ab. Nach drei Monaten wurde schließlich ein Haftbefehl gegen den einzigen Verdächtigen, den Vater von Ahmet Yildiz, ausgestellt. Doch bislang ist er noch nicht festgenommen worden.

Der Fall zeigt, dass die türkischen Behörden nicht ausreichend gegen Gewalt gegen Lesben, Schwule Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LGBTI) vorgehen. Ibrahim Can teilte Amnesty International mit, dass Ahmet in den Monaten vor seiner Ermordung von seiner Familie und insbesondere vom Vater bedroht worden war. Im Oktober 2007 erstattete Ahmet Yildiz Anzeige gegen seine Familie und bat die Staatsanwaltschaft im Istanbuler Stadtteil Üsküdar um Schutz. Statt etwas zu unternehmen, gab die Staatsanwaltschaft die Anzeige an einen benachbarten Bezirk weiter. Nach seiner Ermordung stellte sich heraus, dass seine Anzeige gar nicht bearbeitet worden war.

Zu Verbrechen gegen LGBTIs werden in der Türkei keine Daten erhoben. Doch Gruppen, die sich für die Rechte der LGBTI einsetzen, verzeichneten allein zwischen Januar und Juli 2012 mindestens vier getötete Transgender-Frauen und einen getöteten Schwulen. Im türkischen Recht gibt es noch immer kein explizites Verbot von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität, obwohl sich Menschenrechtsgruppen längst dafür einsetzen.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den türkischen Justizminister und legen sie Ahmet Yildizs Fall dar. Fordern Sie ihn auf, den einzigen Verdächtigen endlich in einem fairen Verfahren vor Gericht zu stellen. Verlangen Sie eine Untersuchung bezüglich der unterlassenen Schutzmaßnahmen für Ahmet Yildiz, und dass mehr als vier Jahre nach der Tat endlich ein Strafverfahren gegen den einzigen Verdächtigen durchgeführt wird. Dringen Sie darauf, endlich gegen homophob und transphob motivierte Gewaltverbrechen vorzugehen.

Schreiben Sie in gutem Türkisch oder auf Deutsch an:
Justizminister
Mr Sadullah Ergin
Ministry of Justice
Adalet Bakanligi
06659 Ankara
Türkei
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Justizminister)
Fax: (00 90) 312 417 71 13
E-Mail: sadullahergin@adalet.gov.tr

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Türkei
S. E. Herrn Hüseyin Avni Karslioglu
Rungestraße 9, 10179 Berlin
Fax: 030-2759 0915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr oder turk.em.berlin@t-online.de

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Quelle:
amnesty journal, Februar/März 2013, Seite 64-65
Herausgeber: amnesty international
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Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2013