Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1462: Urgent Action - Angola, Familien vertrieben, Tausende weitere bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-094/2013, AI-Index: AFR 12/004/2013, Datum: 15. April 2013 - mr

Angola
Familien vertrieben, Tausende weitere bedroht



ZAHLREICHE FAMILIEN

Am 9. April rissen die Behörden der Stadt Menongue die Häuser zahlreicher Familien ab. Tausenden weiteren Menschen droht in der angolanischen Stadt ebenfalls die Zwangsräumung.

Am 9. April besuchte der Bürgermeister von Menongue das Viertel Aeroporto Comandante Kwenha in Menongue, einer Stadt der im Südosten von Angola gelegenen Provinz Kuando Kubango. Er teilte den BewohnerInnen mit, sie müssten das Viertel verlassen. Er erklärte, das Land auf dem sie wohnten, dürfe nur vom Staat genutzt werden und der müsse sicherstellen, dass in einem Umkreis von 200 Metern des nahegelegenen Flughafens niemand wohne. Er sagte weiterhin, dass es ein Regierungsvorhaben für das übrige Land gebe, erklärte dies aber nicht näher. Noch am selben Tag kehrte der Bürgermeister Berichten zufolge mit PolizeibeamtInnen, Angehörigen der Staatssicherheit und der Sicherheitsbehörde sowie einem Abrissfahrzeug zurück. Der Fahrer hatte Anweisung, etwa 40 Häuser abzureißen, während die Polizei den Schutz des Fahrers und Bürgermeisters sicherstellte.

Die Polizei soll mit Waffengewalt, darunter Schüsse, gegen diejenigen vorgegangen sein, die gegen den Abriss ihrer Häuser protestiert haben. Während des Abrisses wurden acht Personen festgenommen, weil sie Fotos vom Abriss gemacht und Scheiben an dem Abrissfahrzeug zerstört hatten. Sechs Protestierende wurden innerhalb von zwei Tagen wieder freigelassen. Die übrigen zwei Personen waren am 15. April weiterhin in Haft.

Den vertriebenen Familien wurden weder eine Entschädigung noch ein alternatives Grundstück bzw. eine alternative Unterkunft angeboten. Sie sind jetzt obdachlos und befinden sich daher in einer verzweifelten Lage. Der Bürgermeister soll den Familien weiteren Schaden angedroht haben, wenn man sie bei der Rückkehr der Behörden noch auf dem Gelände antreffe. Die betroffenen Familien hatten zuvor weder eine offizielle Benachrichtigung erhalten noch waren sie umfassend konsultiert worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im Januar 2013 kündigte der Provinzgouverneur von Kuando Kubango in einer lokalen Radiosendung an, dass das Viertel Aeroporto Comandante Kwenha zusammen mit den Vierteln Feira, Azul, Caemaneiro, Bom dia, Futungo, Aerovia, Paz und Novo einer Umstrukturierung unterzogen würde. Es wird davon ausgegangen, dass der Abriss vom 9. April Teil dieses Umstrukturierungsplans bildet. Amnesty International befürchtet, dass nun tausende Menschen von einer rechtswidrigen Zwangsräumung bedroht sind, ohne dass sie angemessene rechtliche Schutzmaßnahmen erhalten, wie sie in internationalen Menschenrechtsabkommen und -standards festgelegt sind.

Eine Zwangsräumung ist rechtswidrig, wenn Menschen gegen ihren Willen aus ihren Häusern oder dem Land, auf dem sie leben, vertrieben werden, ohne dass sie angemessenen Rechtsschutz und andere Schutzmaßnahmen, wie die frühzeitige Benachrichtigung, die Möglichkeiten einer ernsthaften Konsultation und Zugang zu Rechtsmitteln, erhalten. Das Völkerrecht, wie beispielsweise der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker, untersagt Angola als Vertragsstaat beider Abkommen, rechtswidrige Zwangsräumungen vorzunehmen. Beide Abkommen verlangen vielmehr von den Vertragsstaaten, dass sie ihre BürgerInnen auch vor Zwangsräumungen durch Dritte schützen. Zwangsräumungen dürfen nur als letztes Mittel vorgenommen werden, wenn alle anderen Möglichkeiten mit den betroffenen Gemeindemitgliedern erschöpfend erörtert und verworfen wurden. Es ist die Pflicht der Behörden sicherzustellen, dass Zwangsräumungen nicht in den Nachtstunden oder bei schlechten Witterungsbedingungen vorgenommen werden, es sei denn, die Einverständniserklärung der Betroffenen liegt vor. Zwangsräumungen dürfen unter keinen Umständen dazu führen, dass Menschen obdachlos werden oder ihnen andere Menschenrechtsverletzungen drohen. Angemessene alternative Unterkünfte und Entschädigungen für alle Verluste müssen vor der Zwangsräumung allen Betroffenen bereitgestellt werden. Die genannten Vorschriften gelten ungeachtet der Besitzverhältnisse für die BewohnerInnen sämtlicher und somit auch informeller Siedlungen.

Die angolanischen Behörden haben im Vorfeld der Abrissaktion in Aeroporto Comandante Kwenha in Menongue keine rechtlichen oder anderweitigen Schutzvorkehrungen vor Zwangsräumungen getroffen. Mit den betroffenen Menschen haben keine ernsthaften Gespräche über mögliche Alternativen oder ihre Wiederansiedlung an einem anderen Ort stattgefunden. Sie wurden weder rechtzeitig noch umfassend über die geplante Maßnahme informiert noch standen ihnen wirksame Rechtsmittel zur Verfügung. Zudem wurden den Betroffenen unter Verstoß gegen das Völkerrecht weder angemessene Alternativunterkünfte noch finanzielle Entschädigungen angeboten.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Mit großer Sorge habe ich von der rechtswidrigen Zwangsräumung zahlreicher Familien im Viertel Aeroporto Comandante Kwenha in Menongue erfahren.
  • Ich bitte Sie, dafür zu sorgen, dass die vertriebenen Familien Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln, wie eine angemessene Ersatzunterkunft und Entschädigung für etwaige Verluste, erhalten.
  • Bitte unterlassen Sie jede weitere rechtswidrige Zwangsräumung in Menongue und erlassen Sie ein Moratorium für alle Großzwangsräumungen, bis alle notwendigen Schutzvorkehrungen in Kraft sind. Es muss sichergestellt werden, dass Zwangsräumungen unter strikter Beachtung internationaler und regionaler Menschenrechtsabkommen durchgeführt werden, die beispielsweise die Erarbeitung von Plänen für einen Umzug der betroffenen Menschen in angemessene Ersatzwohnungen vorschreiben.

APPELLE AN

MINISTER FÜR STÄDTEBAU UND ENTWICKLUNG
Fernando Fonseca
Ministro de Urbanismo e Construção Ministério de Urbanismo e Construção
Avenida 4 de Fevereiro, Luanda, ANGOLA
(Anrede: Sua Excelência / Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 244) 222 310 517
(Wenn jemand abhebt, sagen Sie bitte "Queria mandar um fax")
E-Mail: geral@minua.gov.ao

GOUVERNEUR DER PROVINZ KUANDO KUBANGO
Francisco Higino Lopes Carneiro
Governador Provincial, Menongue, Kuando-Kubango, ANGOLA
(Anrede: Sua Excelência / Excellency / Exzellenz)
E-Mail: Über Website:
http://www.kuandokubango.gov.ao/CentroContactos.aspx


KOPIEN AN

BÜRGERMEISTER DER STADT MENONGUE
Antunes Fernando Huambo
Administrador do Menongue
Menongue
Kuando-Kubango
ANGOLA

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ANGOLA
S.E. Herrn Alberto Correia Neto
Wallstraße 58
10179 Berlin
Fax: 030-2408 9712
E-Mail: botschaft@botschaftangola.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Portugiesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE SEND APPEALS IMMEDIATELY
  • Expressing concern that scores of families were forcibly evicted and rendered homeless in the Aeroporto Comandante Kwenha neighbourhood.
  • Urging the authorities to ensure that all those forcibly evicted are provided with effective remedies including adequate alternative accommodation and compensation for their losses where applicable.
  • Requesting that the authorities halt all further forced evictions in Menongue and to adopt a moratorium on all mass evictions until all necessary safeguards are put in place, to ensure that evictions are carried out in accordance with international and regional human rights standards, including the development of a resettlement plan to provide adequate alternative housing where applicable.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-094/2013, AI-Index: AFR 12/004/2013, Datum: 15. April 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2013