ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-177/2013, AI-Index: EUR 50/010/2013, Datum: 15. Juli 2013 - dw
Ukraine
Psychiatrische Zwangsbehandlung begonnen
Frau RAISA RADCHENKO
Frau DARYNA RADCHENKO
Eine 70-jährige Menschenrechtsaktivistin ist gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden. Damit soll sie allem Anschein nach für ihr menschenrechtliches Engagement bestraft werden. Raisa Radchenko ist Mitglied mehrerer Bürgerverbände in Zaporizhzhya (Saporischschja) in der Ukraine und setzt sich gegen die dortige Korruption und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei ein. Sie unterstützt MitbürgerInnen, die versuchen ihre Rechte einzufordern. Anfang Juni reiste sie in die Hauptstadt Kiew, um der Generalstaatsanwaltschaft und der Präsidialverwaltung Petitionen von Menschen aus Zaporizhzhya zu übergeben. Zuvor hatte sie bereits eine Petition organisiert, die den Rücktritt des Bürgermeisters von Zaporizhzhya fordert.
Daryna Radchenko, die Tochter von Raisa Radchenko, berichtete Amnesty International, am 10. Juli seien zwei PolizeibeamtInnen und ein/e PsychiaterIn zu ihnen nach Hause gekommen und haben Raisa Radchenko darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie laut Gerichtsbeschluss stationär einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen werden solle. Bisher ist nichts über eine psychische Erkrankung bei ihr bekannt. Raisa Radchenko weigerte sich die Tür zu öffnen, da die PolizeibeamtInnen und der/die PsychiaterIn keine Dokumente vorlegen konnten, die den Gerichtsbeschluss bestätigten. Am 11. Juli begab sie sich mit ihrer Tochter und ihrem 5-jährigen Enkel zum Bezirksgericht Lenin, um nähere Informationen zu dem Vorfall zu erhalten. Daryna Radchenko berichtete, dass bis zu 30 PolizeibeamtInnen ihre Mutter umgehend festnahmen und auch sie und ihren Sohn festhielten. Daryna Radchenko trug dadurch Blutergüsse an den Armen davon. Am darauffolgenden Tag traf Daryna Radchenko den Chefarzt der psychiatrischen Klinik in Zaporizhzhya. Er setzte sie darüber in Kenntnis, dass der Gerichtsbeschluss aufgrund der Aussage zweier Reinigungskräfte zustande gekommen sei, die in Raisa Radchenkos Wohnblock arbeiten und sie des unsozialen Verhaltens beschuldigt hätten. Erst daraufhin wurde Daryna Radchenko eine Kopie des Gerichtsbeschlusses vorgelegt, in dem eine stationäre psychiatrische Beurteilung angeordnet wird.
Am 13. Juli konnte Daryna Radchenko ihre Mutter kurze Zeit in der Psychiatrie sehen und stellte dabei fest, dass ihre Mutter bereits ohne einen Gerichtsbeschluss, der ihre psychiatrische Behandlung genehmigt, behandelt worden war. ÄrztInnen hatten ihr Aminazin, ein starkes Beruhigungsmittel, das oft zur Behandlung von Depressionen und Schizophrenie eingesetzt wird, verabreicht. Die Tochter bemerkte darüber hinaus Blutergüsse am Körper ihrer Mutter. Am 15. Juli ordnete ein Gericht die stationäre psychiatrische Behandlung von Raisa Radchenko an, da sie ein Verhalten aufweise, das "eine Gefahr für die Gesellschaft darstelle".
Amnesty International hat bereits früher auf den Einsatz psychiatrischer Zwangsbehandlungen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen aufmerksam gemacht. Im November 2009 drohte dem Gewerkschafter Andrei Bondarenko in der ukrainischen Region Vinnytsya eine psychiatrische Zwangsbehandlung. Die erste Untersuchung sollte am 13. Dezember stattfinden. Als Amnesty International eine Urgent Action zu seinem Fall startete, wurde die Anordnung zur psychiatrischen Behandlung jedoch aufgehoben (siehe UA-232/2010 und weitere Informationen, http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-232-2010-2/teilerfolg)
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Quelle:
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UA-Nr: UA-177/2013, AI-Index: EUR 50/010/2013, Datum: 15. Juli 2013 - dw
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2013