ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-183/2013, AI-Index: EUR 44/018/2013, Datum: 18. Juli 2013 - ar
Türkei
Militärdienstverweigerer inhaftiert
Herr ONUR ERDEN, 28-jähriger Militärdienstverweigerer
Am 11. Juli ist der Kriegsdienstverweigerer Onur Erden am Flughafen Istanbul-Atatürk festgenommen worden. Er war zuvor von Zypern an die Türkei ausgeliefert worden, nachdem sein Asylantrag dort abgewiesen worden war. Am 17. Juli wurde er in das Militärgefängnis des Zweiten Armeekorps in Gelibolu in der Provinz Çanakkale überstellt, wo ihm Folter und andere Misshandlung drohen.
Onur Erden trat seinen Militärdienst am 2. Januar 2006 an. Am 11. April 2006 verließ er seine in Tekirdag im Nordwesten der Türkei stationierte Einheit. Am 7. Juli 2006 wurde er unter dem Vorwurf der Fahnenflucht festgenommen, in Untersuchungshaft genommen, schuldig gesprochen und zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Ableisten von sechs Monaten und 20 Tagen wurde er am 23. Januar 2007 aus der Haft entlassen mit der Auflage, innerhalb eines Tages bei seiner Einheit vorstellig zu werden. Er kehrte nicht zu seiner Einheit zurück und wurde aus diesem Grund am 11. März 2009 erneut festgenommen. Onur Erden wurde wieder wegen Fahnenflucht angeklagt und zu weiteren zehn Monaten in Haft verurteilt. Nach Ableisten von drei Monaten und zehn Tagen wurde er erneut unter der Bedingung freigelassen, bei seiner Einheit vorstellig zu werden. Onur Erden kehrte jedoch auch diesmal nicht zu seiner Einheit zurück, weshalb er nun erneut festgenommen worden ist. Seinem Rechtsbeistand zufolge hat Onur Erden ausgesagt, während seiner beiden vorhergehenden Aufenthalte im Militärgefängnis in Gelibolu misshandelt worden zu sein.
Der Rechtsbeistand von Onur Erden berichtet weiter, dass Onur Erden daraufhin die Türkei verlassen und in Zypern einen Antrag auf Asyl gestellt habe. Dieser Antrag wurde abgewiesen mit der Begründung, er habe nicht beweisen können, im Militärgefängnis misshandelt worden zu sein, und die Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen sei kein anerkannter Grund für einen Asylantrag. Am 11. Juli wurde er an die Türkei ausgeliefert und bei seiner Ankunft in Istanbul festgenommen.
Seinem Rechtsbeistand zufolge hat Onur Erden noch drei Monate und zehn Tage seiner ersten zehnmonatigen Haftstrafe und sechs Monate und 20 Tage von seiner zweiten Verurteilung zu verbüßen. Es wird davon ausgegangen, dass Onur Erden vor einem Militärgericht in Gelibolu der Prozess gemacht wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die noch ausstehenden Haftstrafen zu dem neuen Strafmaß hinzugerechnet werden. Onur Erden sagte 2011, er wolle den Wehrdienst nicht weiterführen, da er "nicht Teil des anhaltenden Krieges in unserem Land sein wolle" und ihn seine "humanitären Überzeugungen" daran hinderten.
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MILITÄRSTAATSANWALT
Ugur Gültekin
2 Kolordu Komutanligi
Askeri Savcisi
Gelibolu / Çanakkale, TÜRKEI
(Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
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VERTEIDIGUNGSMINISTER
Ismet Yilmaz
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Milli Savunma Bakanligi, 06100 Ankara, TÜRKEI
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 90) 312 417 63 86
E-Mail: beb@msb.gov.tr
PARLAMENTARISCHER AUSSCHUSS FÜR MENSCHENRECHTE
Ayhan Sefer Üstün
Commission Chairperson
TBMM Insan Haklari Inceleme Komisyonu
Bakanliklar, 06543 Ankara
TÜRKEI
Fax: (00 90) 312 420 53 94
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S. E. Herrn Hüseyin Avni Karslioglu
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1998 hat die UN-Menschenrechtskommission in ihrer Resolution 1998/77 ausgeführt, dass das Recht auf Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen durch Artikel 18 des IPbpR zum Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit geschützt wird. Die Menschenrechtskommission macht unter Punkt 1 auf das Recht eines jeden Menschen aufmerksam, "im Rahmen der legitimen Ausübung des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, wie es in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie in Artikel 18 des IPbpR festgeschrieben ist, den Militärdienst aus Gewissensgründen zu verweigern". Darüber hinaus erinnert die Menschenrechtskommission unter Punkt 4 "die Staaten, die über ein Militärpflichtsystem verfügen, an ihre Empfehlung, für Militärdienstverweigerer und -verweigerinnen aus Gewissensgründen verschiedene Formen des Ersatzdienstes vorzusehen, die mit den Gründen für die Militärdienstverweigerung vereinbar sind, als Dienst ohne Waffe oder als Zivildienst abgeleistet werden, im öffentlichen Interesse liegen und keinen Strafcharakter aufweisen". Sie betont zudem unter Punkt 5, "dass die Staaten die notwendigen Maßnahmen ergreifen sollen, um Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen nicht auf Grund des Nichtableistens des Militärdienstes der Freiheitsentziehung und wiederholter Bestrafung zu unterwerfen", und erinnert daran, "dass niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des jeweiligen Landes rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, zur Rechenschaft gezogen oder erneut bestraft werden darf".
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2013