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AKTION/1614: Urgent Action - Bahrain, zwei Freilassungen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-206/2013-2, AI-Index: MDE 11/051/2013, Datum: 10. Oktober 2013 - bs

Bahrain
Zwei Freilassungen



MOHAMMAD HASSAN SUDAYF, 26-jähriger Blogger und Übersetzer (gegen Kaution frei)
'ABDUL-'AZIZ MOUSSA, Anwalt von Mohammad Hassan Sudayf (gegen Kaution frei)
HUSSAIN HUBAIL (bislang als HUSSAIN HABIB bekannt), 23-jähriger Fotograf (nach wie vor in Haft)

Mohammad Hassan Sudayf kam am 3. Oktober gegen Zahlung einer Kaution frei. Sein Anwalt 'Abdul-'Aziz Moussa war bereits am 21. August gegen Kaution freigelassen worden. Das Gerichtsverfahren gegen die beiden Männer läuft derzeit. Der Fotograf Hussain Hubail befindet sich jedoch nach wie vor in Haft.

Mohammad Hassan Sudayf wurde am 3. Oktober aus dem Dry Dock-Gefängnis in der bahrainischen Hauptstadt Manama entlassen. Die gegen ihn und den Fotografen Hussain Hubail erhobenen Anklagen lauten auf "Hass gegen das Regime zu schüren", "zu illegalen Versammlungen aufzurufen", "Menschen dazu anzustiften, die Gesetze nicht zu beachten" und "Mitglied der Mediengruppe 14. Februar" zu sein. Die beiden Männer waren am 31. Juli festgenommen worden. Mohammad Hassan Sudayf wurde in den frühen Morgenstunden im Haus seiner Eltern in Sitra von SicherheitsbeamtInnen in Zivil in Haft genommen. Seine Familienangehörigen durften ihn am 6. August besuchen. Der Blogger berichtete ihnen, er sei im Gewahrsam der Kriminalpolizei (Criminal Investigations Directorate - CID) gefoltert worden. Er erzählte, dass er dort mit Elektroschocks misshandelt und geschlagen worden war. Man habe ihn auch gezwungen, sich ganz auszuziehen und ihm die Kleidung abgenommen.

Hussain Hubail wurde am 31. Juli am internationalen Flughafen von Bahrain festgenommen, wo er gerade an Bord eines Fluges nach Dubai gehen wollte. Er wurde zum Verhör in das Gebäude der Kriminalpolizei gebracht. Seinen Familienangehörigen, die ihn am 7. August besuchen konnten, teilte er mit, man habe ihn geschlagen und Drohungen gegen seine Familie ausgesprochen. Er befindet sich nach wie vor im Dry Dock-Gefängnis. Dorthin waren er und Mohammad Hassan Sudayf am 3. August verlegt worden.

Der Anwalt von Mohammad Hassan Sudayf, 'Abdul-'Aziz Moussa, kam am 21. August gegen Kaution frei. An diesem Tag begann sein Verfahren vor der Abteilung 4 des Strafgerichts wegen der Anklage, "Einzelheiten über die Ermittlungen verbreitet" zu haben. Der nächste Gerichtstermin ist für den 30. Dezember angesetzt. 'Abdul-'Aziz Moussa war am 7. August festgenommen worden, nachdem er an einem Verhandlungstermin seines Mandanten teilgenommen und später auf Twitter geschrieben hatte, dass er bei seinem Mandanten Folterspuren gesehen habe. Zudem gab er die Anklagen gegen beide Männer bekannt, nannte sie namentlich und berichtete auf dem Kurznachrichtenportal über Einzelheiten ihres Verhörs.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Festnahmen von Mohammad Hassan Sudayf und Hussain Hubail fanden im Vorfeld der für den 14. August geplanten Proteste gegen die Regierung statt, die in mehreren schiitischen Dörfern organisiert wurden. Die Protestierenden planten einen Marsch nach Manama, aber die Sicherheitskräfte hielten sie davon ab, indem sie Tränengas einsetzten und in einigen Fällen Stacheldrahtbarrieren um die Dörfer legten. Mindestens 18 Personen wurden festgenommen. Die "Tamarrud"-Bewegung (Rebellion), die sich aus Jugendgruppen zusammensetzt, wählte den 14. August als Protesttag gegen die Regierung aus und wollte sich an diesem Tag gegen Unterdrückungsmaßnahmen der Behörden wenden und echte politische Reformen fordern. Auch andere oppositionelle Gruppierungen hatten Protestkundgebungen geplant, diese aber aufgrund der hohen Sicherheitskräftepräsenz in Manama wieder abgesagt.

Mehr als zwei Jahre nach dem Aufstand in Bahrain und den angekündigten Reformen befinden sich immer noch gewaltlose politische Gefangene in Haft - darunter auch Demonstrierende, die während der Proteste festgenommen wurden. Ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werden weiterhin unterdrückt. In den vergangenen Monaten wurde gewaltlosen politischen Gefangenen nicht nur die Freilassung verwehrt, es ist sogar vermehrt zu Inhaftierungen von Frauen und Männern gekommen, die auf Twitter oder bei Demonstrationen friedlich ihre Meinung geäußert hatte. Bahrainische Gerichte scheinen stärker darauf bedacht zu sein, sich der Regierung unterzuordnen, als wirksame Rechtsmittel für BahrainerInnen anzubieten und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten.

Die Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry - BICI), die am 29. Juni 2011 vom König benannt wurde, ist damit beauftragt worden, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Schlüsselempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und exzessive Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie höflich und mit Nachdruck auffordern, Hussain Hubail umgehend und bedingungslos freizulassen, falls er ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung festgehalten wird.
  • Bitte sorgen Sie außerdem dafür, dass die von Mohammad Hassan Sudayf und Hussain Hubail erhobenen Foltervorwürfe unverzüglich untersucht werden und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
  • Gewährleisten Sie bitte die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, entsprechend den Verpflichtungen ihres Landes im Rahmen internationaler Menschenrechtsabkommen.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13
al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P.O. Box 450
al-Manama
BAHRAIN
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: minister@justice.gov.bh
Twitter: @Khaled_Bin_Ali

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-206/2013 (MDE 11/028/2013, 2. August 2013 und MDE 11/031/2013, 9. August 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the Bahraini authorities to release Hussain Hubail immediately and unconditionally if he is being held solely for peacefully exercising his right to freedom of expression.
  • Calling on them to order an impartial and independent investigation into Mohammad Hassan Sudayf and Hussain Hubail's allegations of torture and other ill-treatment, and bring those responsible to justice.
  • Urging them to uphold the rights to freedom of expression, association and assembly in line with Bahrain's international human rights obligations

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Viele der Versprechen der Regierung sind bis heute nicht eingelöst worden. Die Einberufung der BICI und ihr Bericht wurden als bahnbrechende Initiative angesehen, doch nach 18 Monaten ist das Versprechen bedeutender Reformen von der Regierung immer noch nicht in die Tat umgesetzt worden. Die bahrainische Regierung kommt den wesentlichen Empfehlungen der BICI zur Rechenschaftslegung nicht nach. Dazu zählt ihr Versagen, unabhängige, zielgerichtete und transparente Untersuchungen der Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen sowie exzessive Gewaltanwendung durchzuführen und die Strafverfolgung all derjenigen Personen zu veranlassen, die Befehle gegeben haben, aufgrund derer Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem englischen Bericht Bahrain: Reform shelved, repression unleashed unter
http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en

Das Parlament von Bahrain kam am 28. Juli zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen und legte dem König anschließend 22 Empfehlungen vor. Diese sehen eine Verschärfung der im Antiterrorgesetz von 2006 festgelegten Strafen vor. Wenige Tage darauf erließ der König mehrere Verordnungen, die die freie Meinungsäußerung im Land noch weiter einschränken. Unter anderem wurden alle Proteste, Sitzstreiks und öffentliche Versammlungen in Manama auf unbestimmte Zeit verboten und die Sicherheitskräfte erhielten zusätzliche weitreichende Befugnisse. In einer gemeinsamen Erklärung an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte vom 9. September zur Menschenrechtslage in Bahrain, die 47 Staaten unterzeichnet haben, äußerten diese im Rahmen der 25. Tagung des UN-Menschenrechtsrates ihre Besorgnis über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in Bahrain.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-206/2013-2, AI-Index: MDE 11/051/2013, Datum: 10. Oktober 2013 - bs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2013