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AKTION/1733: Urgent Action - Mexiko, verschleppte MigrantInnen in Gefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-073/2014, AI-Index: AMR 41/013/2014, Datum: 25. März 2014 - mr

Mexiko
Verschleppte MigrantInnen in Gefahr



MIGRANTINNEN OHNE REGULÄREN AUFENTHALTSSTATUS IN TAMAULIPAS

MigrantInnen ohne regulären Aufenthaltsstatus im nordmexikanischen Bundesstaat Tamaulipas droht die Verschleppung durch kriminelle Banden. Amnesty International sorgt sich um die Sicherheit der MigrantInnen und befürchtet, dass die mexikanischen Behörden keine ausreichenden Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen.

Am 19. März erhielten wir Informationen, dass mindestens 40 MigrantInnen aus Mittelamerika ohne regulären Aufenthaltsstatus von einer kriminellen Bande in Reynosa an der Nordgrenze Mexikos festgehalten wurden. Nach ihrer Befreiung während einer Militäroperation erhielt keiner der Betroffenen Unterstützung oder Schutz als Verbrechensopfer. Siebzehn MigrantInnen aus Guatemala, darunter mindestens eine Frau und mehrere Teenager, suchten Schutz in der von der katholischen Kirche betriebenen Migrantenherberge Albergue Nuestra Señora de Guadalupe in Reynosa. Laut Angaben von MitarbeiterInnen der Herberge näherte sich am Nachmittag eine weitere Gruppe von zehn mittelamerikanischen MigrantInnen der Herberge. Sie waren schon früher befreit worden, doch eine Gruppe Bewaffneter hielt sie vor der Herberge an, bedrohte und zwang sie, in drei Pickups einzusteigen. Das Schicksal der zehn ist nicht bekannt. Obwohl die Verschleppung angezeigt wurde, haben keine ErmittlerInnen die Herberge besucht, um die Fakten und den Verbleib der MigrantInnen zu klären.

Bei einem anderen Vorfall, über den der Migrantenherberge im nahegelegenen Matamoros berichtet wurde, verschleppte eine Gruppe Männer allem Anschein nach drei Mexikanerinnen, die aus den USA abgeschoben worden waren, in der Nähe der Grenze, als sie in einem Western-Union-Büro auf eine Geldanweisung warteten. Eine vierte Frau konnte flüchten und rannte zu einem nahegelegenen Busbahnhof, wo sie die Polizei über den Vorfall informierte. Eine Suche brachte jedoch keine Spur über den Verbleib der drei Frauen.

Örtliche Solidaritätsgruppen der MigrantInnen haben beobachtet, dass kriminellen Banden zunehmend gegen MigrantInnen an der US-Grenze vorgehen und schwere Menschenrechtsverstöße an ihnen verüben. Dies geschieht häufig im Einvernehmen mit korrupten BehördenmitarbeiterInnen. Die MigrantInnen laufen Gefahr, Opfer einer Entführung, Erpressung, Vergewaltigung oder des Menschenhandels zu werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

2013 nahmen die Einwanderungsbehörden Mexikos 82 269 MigrantInnen fest und 75 704 wurden abgeschoben, die große Mehrheit nach Guatemala, Honduras und El Salvador. Eine größere Zahl mittelamerikanischer MigrantInnen versuchte, in die USA zu gelangen. In Mexiko erleiden viele MigrantInnen weiterhin Verstöße durch die Polizei, und andere werden Opfer gezielter Entführungen, des Menschenhandels, von Vergewaltigung und Tötungen durch kriminelle Banden, die häufig im Einvernehmen mit lokalen Behörden agieren.

Reformen der Migrationsgesetzgebung, die manche Rechte von MigrantInnen, insbesondere das Recht auf Schutz und Zugang zur Justiz stärkten, wurden nicht angemessen umgesetzt. Die nationale Strategie zur Bekämpfung der Entführung von MigrantInnen zieht immer noch keine kriminellen Banden und MitarbeiterInnen von Behörden zur Verantwortung, die Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen begehen. 2011 berichtete die nationale Menschenrechtskommission von 10 00 Entführungen von MigrantInnen ohne regulären Aufenthaltsstatus durch kriminelle Banden in einem Zeitraum von nur sechs Monaten, häufig im Einvernehmen mit BehördenvertreterInnen. Die Verantwortlichen für Verschleppungen und andere Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen werden nur selten zur Rechenschaft gezogen.

Die Behörden auf Bundesstaatenebene ignorieren die Misere der MigrantInnen zu großen Teilen, und die Bundesbehörden sehen Migrantenströme zunehmend als Gefahr für die nationale Sicherheit, statt die Sicherheit von MigrantInnen auf der Durchreise zu gewährleisten. Vor kurzem reisten Mütter von MigrantInnen aus Mittelamerika auf der Suche nach ihren Kindern durch Mexiko und forderten staatliche Untersuchungen. Die nationale Menschenrechtskommission veröffentlichte kürzlich einen unbefriedigenden Bericht zu der Tötung von 72 MigrantInnen in San Fernando im Bundestaat Tamaulipas im August 2010. Das Versagen der Behörden beim Schutz des Rechts auf Leben der MigrantInnen und der umfassenden Aufklärung des Massakers war nicht Inhalt des Berichts. Er beschränkte sich auf begrenzte Aspekte des Falls im Zusammenhang mit grob fehlerhaften forensischen Untersuchungen zur Identifizierung der Opfer. Die Leichname aus anderen Massakern, von denen vielen vermutlich MigrantInnen sind, sind noch gar nicht identifiziert worden.

Amnesty International veröffentlichte 2010 einen Bericht über die Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen auf der Durchreise durch Mexiko mit dem Titel "Invisible Victims: Migrants on the move in Mexico".

Amnesty International hat eine Aktion ins Leben gerufen, um die Misere der MigrantInnen auf dem Weg durch Mexiko sichtbar zu machen: http://sendsocks.org.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie hiermit auffordern, umgehend eine umfassende und unparteiische Untersuchung über den Verbleib der vor der Migrantenherberge Nuestra Señora de Guadalupe verschleppten MigrantInnen in Reynosa und der drei in Matamoros entführten Frauen durchzuführen.
  • Bitte stellen Sie sicher, dass MigrantInnen, die aus der Gefangenschaft krimineller Banden freikommen oder aus den USA abgeschoben werden, wirksamen Schutz erhalten.
  • Ich fordere Sie nachdrücklich auf, Artikel 7 des Opfergesetzes zu beachten, das das physische und psychische Wohlergehen genauso wie die Sicherheit von Verbrechensopfern einschließlich MigrantInnen ohne regulären Aufenthaltsstatus garantiert.

APPELLE AN

INNENMINISTER Miguel Ángel Osorio Chong
Secretaría de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez, Cuauhtémoc Distrito Federal,
MEXIKO, C.P. 06600 (Anrede: Dear Minister / Sr. Secretario / Sehr geehrter Herr Innenminister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx

GOUVERNEUR VON TAMAULIPAS
Egidio Torre Cantú
Palacio de Gobierno
15 y 16 Juárez - 3er Piso
Cd. Victoria, CP 87000, Tamaulipas, MEXIKO
(Anrede: Dear Governor / Sr. Gobernador / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
E-Mail: egidio.torre@tamaulipas.gob.mx


KOPIEN AN

ÖRTLICHE NGO
SMR Scalabrinianas:
Misión para Migrantes y Refugiados
E-Mail: migrantes.scalabrinianas@gmail.com

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
I.E. Patricia Espinosa Cantellano
Klingelhöferstraße 3
10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23-700
E-Mail: mail@mexale.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 6. Mai 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging for a full and impartial investigation into the whereabouts of migrants abducted outside the Our Lady of Guadalupe shelter in Reynosa and three women abducted in Matamoros.
  • Calling on the authorities to provide effective protection for migrants released from captivity of criminal gangs or deported from the US.
  • Urging the authorities to respect article 7 of the General Victims' Law guaranteeing the physical and psychological well-being, as well as safety of victims of crime, including irregular migrants.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-073/2014, AI-Index: AMR 41/013/2014, Datum: 25. März 2014 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2014