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AKTION/1803: Briefe gegen das Vergessen, Oktober 2014


www.amnesty.de/briefe-gegen-das-vergessen

Briefe gegen das Vergessen - Aktion des Monats Oktober 2014

- Türkei - Hakan Yaman
- Japan - Iwao Hakamada
- Belarus - Ihar Tsikhanyuk



Täglich werden Menschen weltweit festgenommen, bedroht, gefoltert, getötet. Weil sie ihre Meinung sagen, sich für die Menschenrechte in ihrem Land einsetzen oder mit friedlichen Mitteln ihre Regierung kritisieren. Gewaltlose politische Gefangene verschwinden oft für Jahre hinter Gittern - ohne faires Gerichtsverfahren und unter unterschiedlich schwierigen Haftbedingungen. Die Gefahr, dass sie vergessen werden, ist groß. Darum brauchen sie unseren Schutz, unsere Solidarität, unseren Einsatz!

Aus diesem Grund startet Amnesty International sogenannte "Briefe gegen das Vergessen". Sie geben den Gefangenen Hoffnung und zeigen den Verantwortlichen, dass die Gefangenen nicht in Vergessenheit geraten sind. Die "Briefe gegen das Vergessen" wirken durch ihre enorme Anzahl.

Wir brauchen Ihre Unterstützung. Gegen das Vergessen. Beteiligen Sie sich an den Briefen gegen das Vergessen!


TÜRKEI

Hakan Yaman

Am 3. Juni 2013 kam Hakan Yaman, ein Busfahrer aus Istanbul, auf dem Heimweg von der Arbeit zufällig an einer Demonstration gegen Polizeigewalt vorbei. Kurz darauf griffen Polizeibeamt_innen ihn brutal an.

"Zuerst wurde ein Wasserwerfer auf mich gerichtet. Dann schlugen sie mir einen Tränengaskanister in den Bauch, sodass ich zusammenbrach. Dann kamen ungefähr fünf Polizeibeamt_innen auf mich zu und schlugen mir mehrfach auf den Kopf. Einer von ihnen drückte mir einen harten Gegenstand ins Gesicht und quetschte mir damit ein Auge aus. Ich lag am Boden und konnte mich nicht bewegen. Jemand rief: 'Der ist fertig, wir sollten ihn endgültig erledigen.' Dann schleiften sie mich zehn oder zwanzig Meter über den Boden und warfen mich in ein Feuer. Danach gingen sie, und ich konnte mich aus den Flammen befreien."

Laut eines medizinischen Gutachtens erlitt Hakan Yaman schwere Verletzungen am Kopf und im Gesicht. Seine Nasen-, Wangen-, Stirn- und Kinnknochen waren gebrochen. Er hat ein Auge verloren und auf dem anderen Auge nur noch ein Sehvermögen von 20 Prozent. Er erlitt einen Schädelbruch, der vom Kopf bis zum Kiefer reichte. Zudem wies er auf dem Rücken Verbrennungen zweiten Grades auf. Hakan Yaman hat Anzeige erstattet wegen versuchten Mordes.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den zuständigen Staatsanwalt und fordern Sie ihn auf, die Strafverfahren gegen die verantwortlichen Polizeibeamt_innen nicht weiter zuzögern. Fragen Sie ihn auch, wann die Untersuchung abgeschlossen sein wird und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.

Schreiben Sie in gutem Türkisch, Englisch oder auf Deutsch an:
Staatsanwalt
Cengiz Turan
Cumhuriyet Savcisi, Memur Suçlari Savciligi
Istanbul Anadolu Adliyesi, Esentepe Mahallesi
E-5 Yanyol
Kartal Istanbul, TÜRKEI
(Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: 00 90 - 21 - 63 03 35 99

(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 0,75 EUR)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Türkei
S. E. Herrn Hüseyin Avni Karslioglu
Tiergartenstraße 19-21, 10785 Berlin
Fax: 030 - 27 59 09 15
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr


JAPAN

Iwao Hakamada

Iwao Hakamada wurde mit dem Tod einer vierköpfigen Familie in Verbindung gebracht und 1966 festgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war er Mitte dreißig und arbeitete in einer Fabrik. Gerade hatte er seine Karriere als professioneller Boxer beendet.

Nach einem unfairen Gerichtsverfahren wurde Iwao Hakamada schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Er verbrachte 46 Jahre in der Todeszelle. Im März 2014 ordnete das Bezirksgericht Shizuoka seine Freilassung an, setzte seine Hinrichtung aus und gewährte eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Das Hohe Gericht in Tokio muss nun entscheiden, ob das Verfahren tatsächlich wiederaufgenommen wird.

Iwao Hakamada "gestand" den Mord an seinem Vorgesetzten, dessen Ehefrau und ihren beiden Kindern, nachdem er von der Polizei 20 Tage lang verhört worden war, ohne dass ein Rechtsbeistand anwesend sein durfte. Später zog Iwao Hakamada sein Geständnis zurück und gab an, man habe ihn zur Erzwingung des Geständnisses geschlagen, bedroht und täglich zwölf Stunden lang verhört. Sein Geständnis diente dennoch als Grundlage für die Verurteilung.

Iwao Hakamada ist heute 78 Jahre alt. Er ist aufgrund der langen Zeit im Gefängnis, die er größtenteils in Einzelhaft verbracht hat, in einer schlechten seelischen und körperlichen Verfassung.

Einer der Richter des ursprünglichen Gerichtsverfahrens erklärte 2007 öffentlich, dass er Iwao Hakamada für unschuldig halte. Er sagte, dass er während des Verfahrens versucht habe, die anderen beiden Richter von der Unschuld des Angeklagten zu überzeugen, letztendlich jedoch überstimmt worden sei. Alle früheren Rechtsmittel und Anträge auf ein Wiederaufnahmeverfahren wurden abgelehnt - bis zum März 2014.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den zuständigen Staatsanwalt und fordern Sie ihn auf, keine Rechtsmittel gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens einzulegen. Bitten Sie ihn außerdem, sicherzustellen, dass Iwao Hakamada ein faires Urteil erhält.

Schreiben Sie in gutem Japanisch, Englisch oder auf Deutsch an:
Staatsanwalt
Kotaro ONO
Tokyo Public Prosecutors Office
1-1-1 Kasumigaseki Chiyoda-ku
Tokyo-to 100-8904, JAPAN
(Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)

(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 0,75 EUR)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft von Japan
S. E. Herrn Takeshi Nakane
Hiroshimastraße 6, 10785 Berlin
Fax: 030 - 21 09 42 22
E-Mail: info@bo.mofa.go.jp


BELARUS

Ihar Tsikhanyuk

Ihar Tsikhanyuk lag am 6. Februar 2013 zur Behandlung eines Magengeschwürs in Hrodna in West-Belarus im Krankenhaus, als zwei Polizist_innen in Zivil die Station betraten und ihn aufforderten, sie zu begleiten. Auf der Polizeistation befragten sie ihn nach der Marke seines Handys, seines Autos und seiner Schuhe.

Als sich Ihar Tsikhanyuk bückte, um unter seinen Schuhen nachzusehen, schlugen ihn die Polizist_innen auf den Brustkorb, sodass er zu Boden fiel. Sie befahlen ihm, aufzustehen und schlugen ihn erneut. Dann verließen sie den Raum und drei andere Polizeibeamt_innen kamen herein. Sie machten sich über Ihar Tsikhanyuk, der schwul ist und sich für die Rechte von LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle) einsetzt, lustig und drohten ihm weitere Gewalt an.

Nachdem die Polizei ihn zurück ins Krankenhaus gebracht hatte, bat Ihar Tsikhanyuk das medizinische Personal, seine Verletzungen zu dokumentieren, was jedoch abgelehnt wurde mit der Begründung, dass dies nicht ihre Aufgabe sei.

Dieser Vorfall ereignete sich kurz nachdem Ihar Tsikhanyuk und weitere Aktivist_innen versucht hatten, die Organisation "Human Rights Centre Lambda", die sich aktiv für die Rechte von LGBTI in Belarus einsetzt, registrieren zu lassen.

Als Ihar Tsikhanyuk wegen des Vorgehens der Polizei Anzeige erstattete, teilte ihm die Staatsanwaltschaft unverzüglich mit, dass es nicht genügend Beweise gebe, um eine Untersuchung einzuleiten. Seine gegen diesen Beschluss eingelegten Rechtsmittel wurden abgelehnt. Die verantwortlichen Polizist_innen sind bisher nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den belarussischen Generalstaatsanwalt und fordern Sie ihn auf, die Misshandlungen und Drohungen, denen Ihar Tsikhanyuk durch die Polizei in Hrodna ausgesetzt war, zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Schreiben Sie in gutem Belarussisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch an:
Generalstaatsanwalt
Alyaksander Koniuk
Generalnaya Prokuratura
ul. Internatsionalnaya 22
220030 Minsk, BELARUS
(Anrede: Dear General Prosecutor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)

(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 0,75 EUR)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Belarus
S. E. Herrn Andrei Giro
Am Treptower Park 32, 12435 Berlin
Fax: 030 - 53 63 59 23
E-Mail: berlin@belembassy.org

*

Quelle:
www.amnesty.de/briefe-gegen-das-vergessen
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2014