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AKTION/500: Urgent Action - Russische Föderation - Kein Recht auf freie Meinungsäußerung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-139/2010-2, AI-Index: EUR 46/003/2011, Datum: 24.1.2011

RUSSISCHE FÖDERATION
Kein Recht auf freie Meinungsäußerung
YURI SAMODUROV, ehemaliger Direktor des Sakharov-Museums
ANDREI YEROFEEV, ehemaliger Leiter der Abteilung für zeitgenössische Kunst der State-Tretiakov-Gallery

Weitere Informationen zu UA 139/2010 (EUR 46/023/2010, 23. Juni 2010 und EUR 46/035/2010, 28. September 2010)


Am 4. Oktober 2010 hat das Stadtgericht Moskau im Berufungsverfahren Urteil und Strafmaß gegen Yuri Samodurov und Andrei Yerofeev bestätigt. Die beiden Männer waren am 12. Juli 2010 vom Gericht des Moskauer Stadtbezirks Taganski wegen "Schürens von Hass und Feindschaft" sowie "Beeinträchtigung der Menschenwürde" zu einer Geldstrafe von 200 000 bzw. 150 000 Rubel (etwa 5000 bzw. 3700 Euro) verurteilt worden.

Yuri Samodurov ist ehemaliger Direktor des Sakharov-Museums, Andrei Yerofeev leitete einst die Abteilung für zeitgenössische Kunst der State-Tretiakov-Gallery. Gegen beide Männer wurde nach § 282 (2) des russischen Strafgesetzbuchs vor dem Gericht des Moskauer Stadtbezirks Taganski Anklage erhoben, weil sie im Jahr 2007 in Moskau eine Ausstellung mit zeitgenössischen Kunstwerken vorbereitet hatten. Die Ausstellung Forbidden Art 2006 beinhaltete eine Reihe von Werken, die in verschiedenen Ausstellungen des Jahres 2006 nicht hatten gezeigt werden dürfen. Dazu zählten Werke renommierter zeitgenössischer Künstler aus Russland wie etwa Ilya Kabakov, Alexander Kosolapov, die Gruppe Blue Noses, Aleksandr Savko und Mikhail Roginskii. Bei einem der ausgestellten Stücke handelte es sich um eine Fotomontage, die einen Ikonenrahmen zeigt, innerhalb dessen ein Foto mit Kaviar zu sehen ist. Auch religiös angelehnte Gemälde, in welche die Figur der Mickey Mouse eingearbeitet war, zählten zu den Ausstellungswerken.

Die Staatsanwaltschaft machte geltend, Yuri Samodurov und Andrei Yerofeev hätten die Ausstellung in einer Weise konzipiert, dass sie das Christentum und insbesondere die Russisch-Orthodoxe Kirche herabwürdige und Hass gegen orthodoxe und anderen Christen schüre. Amnesty International ist der Auffassung, dass die Ausstellung Forbidden Art 2006 nicht dazu angetan ist, Hass zu schüren. Die Macher der Ausstellung haben lediglich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung in friedlicher Weise Gebrauch gemacht. Es hätte kein Strafverfahren gegen sie eröffnet werden dürfen.

Die Urteile gegen die beiden Männer sind nach Bestätigung durch das Stadtgericht Moskau in Kraft getreten. Der Anwalt von Yuri Samodurov und Andrei Yerofeev hat angekündigt, dass seine Mandanten beabsichtigen, sich mit weiteren Rechtsmitteln an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu wenden.

Die innerstaatlichen Rechtsmittel scheinen ausgeschöpft zu sein. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind deshalb keine weiteren Appelle des Eilaktionsnetzes erforderlich. Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-139/2010-2, AI-Index: EUR 46/003/2011, Datum: 24.1.2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2011