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AKTION/692: Urgent Action - Indonesien - Menschenrechtler in Gefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-188/2011, AI-Index: ASA 21/014/2011, Datum: 17. Juni 2011 - gs

Indonesien
Menschenrechtler in Gefahr


Herr YONES DOUW, 42 Jahre alt

Yones Douw, der sich in der indonesischen Provinz Papua für die Menschenrechte engagiert, ist am 15. Juni von MilitärpolizistInnen geschlagen worden und hat anschließend keine medizinische Versorgung erhalten. Er ist in der Vergangenheit schon einmal wegen seines Einsatzes für die Menschenrechte verhaftet und tätlich angegriffen worden und fürchtet nun um seine Gesundheit und seine Sicherheit. In den Morgenstunden des 15. Juni fand vor dem Militärstützpunkt 1705 in Nabire in der Provinz Papua eine Protestkundgebung statt, deren TeilnehmerInnen Rechenschaft für den gewaltsamen Tod von Derek Adli einforderten. Der Papua war am 14. Mai 2011 erstochen worden, Berichten zufolge von SoldatInnen des Stützpunkts 1705. Am Morgen des 15. Juni gegen 9.00 Uhr erfuhr der 42-jährige Menschenrechtsverteidiger Yones Douw von einer bevorstehenden Protestkundgebung, zu der Familienangehörige von Derek Adli erwartet wurden. Der Menschenrechtler machte sich auf den Weg zu dem Militärstützpunkt, um die Kundgebung zu beobachten. Rund 30 Minuten nach seinem Eintreffen fuhren dort in drei Lastwagen ProtesteilnehmerInnen vor, die den Eingang zum Stützpunkt erstürmten und begannen, Fensterscheiben einzuschlagen und mit Gegenständen zu werfen. Yones Douw eilte daraufhin auf das Gelände des Stützpunkts, um beruhigend auf die Demonstrierenden einzuwirken.

Angehörige des Militärs reagierten auf das Eindringen der Protestierenden, indem sie Schüsse in die Luft abfeuerten und begannen, auf die demonstrierenden Menschen einzuprügeln. Yones Douw wurde von Holzstöcken mehrfach am Kopf getroffen und trug überdies Verletzungen an der Schulter und den Handgelenken davon. Während auf ihn eingeschlagen wurde, hörte er, wie Militärangehörige drohten, das Feuer auf die Demonstrierenden zu eröffnen. "Diesen Tieren müssen wir eine Lektion erteilen", lauteten die Worte, die er vernahm. Auf Damas Adii, den Vater von Derek Adii, wurde von einem der Soldaten mit einer Holzlatte ebenfalls eingeprügelt. Yones Douw suchte nach dem Vorfall das Krankenhaus von Siriwini auf, um dort seine Verletzungen behandeln zu lassen und ein ärztliches Gutachten einzuholen. Das Klinikpersonal teilte ihm jedoch mit, er müsse ein Schreiben der Polizei vorlegen, anderenfalls könne man ihn nicht behandeln. Yones Douw ging daraufhin nach Hause zurück. Er leidet noch immer unter seinen Verletzungen und ist um seine Gesundheit und seine Sicherheit in Sorge.

Yones Douw ist ein in Papua anerkannter und respektierter Menschenrechtsverteidiger. In den zurückliegenden Jahrzehnten hat er immer wieder Menschenrechtsverletzungen der Polizei und der Streitkräfte dokumentiert.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im Januar 2009 versuchte Yones Douw, bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstrierenden in Nabire zu vermitteln und die Gewalt beizulegen. Daraufhin wurde er von PolizistInnen unter Fußtritten und Fausthieben festgenommen und gemeinsam mit sieben weiteren TeilnehmerInnen der Demonstration einen Tag lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Während dieser Zeit erhielt er nichts zu essen und nicht einmal Wasser zum trinken.

In den zurückliegenden Jahren wurden MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen in Indonesien immer wieder zur Zielscheibe von Einschüchterungsversuchen und Angriffen. In Papua werden menschenrechtlich engagierte Personen regelmäßig eingeschüchtert und schikaniert. Dort tätige internationale MenschenrechtsbeobachterInnen, Nichtregierungsorganisationen und JournalistInnen unterliegen in ihrer Arbeit weit reichenden Einschränkungen.

Amnesty International gehen nach wie vor glaubwürdige Berichte über Folter und Misshandlungen, den unverhältnismäßigen und exzessiven Einsatz von Gewalt sowie andere Menschenrechtsverletzungen von Seiten der indonesischen Sicherheitskräfte zu. Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen ziehen nur selten unabhängige Ermittlungen nach sich, ebenso selten müssen die für Übergriffe mutmaßlich Verantwortlichen vor einem unabhängigen Gericht Rede und Antwort stehen. Im Januar 2011 verurteilte ein Militärgericht drei Soldaten wegen Befehlsverweigerung zu Freiheitsstrafen zwischen acht und zehn Monaten. Die Soldaten waren dabei gefilmt worden, wie sie Papua mit Fußtritten traktierten und in anderer Weise misshandelten. Die Opfer konnten mangels angemessener Garantien für ihren Schutz nicht vor Gericht aussagen, was zu erheblichen Zweifeln an der Fairness des Prozesses führte. Nach Einschätzung von Amnesty International können Gerichte der zivilen Justiz mit höherer Wahrscheinlichkeit als die Militärgerichte sicherstellen, dass ZeugInnen geschützt und die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden, da es der Militärjustiz häufig an Unparteilichkeit und Unabhängigkeit mangelt.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Leiten Sie bitte umgehend Schritte ein, um Yones Douw entsprechend seinen Wünschen zu schützen und sicherzustellen, dass er medizinisch versorgt wird.

- Ich appelliere an Sie, unverzüglich eine effektive und unabhängige Untersuchung der Drohungen und tätlichen Übergriffe gegen Yones Douw zu veranlassen, die Ergebnisse bekannt zu geben und die TäterInnen in fairen Prozessen vor Gericht zu stellen.

- Veranlassen Sie eine unabhängige Untersuchung des Todes von Derek Adil. Sollte sich herausstellen, dass Derek Adil in ungesetzlicher Weise getötet worden ist, sorgen Sie bitte dafür, dass die Verantwortlichen in fairer Weise vor Gericht gebracht und die Hinterbliebenen entschädigt werden.

- Stellen Sie außerdem sicher, dass Polizei und Streitkräfte über die legitime Arbeit von MenschenrechtsverteidigerInnen informiert und an ihre aus der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtverteidigern erwachsenen Verpflichtung erinnert werden.


APPELLE AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND MENSCHENRECHTE
Mr. Patrialis Akbar
Jl. H.R. Rasuna Said Kav No. 4-5
Kuningan, Jakarta Selatan 12950
INDONESIEN (korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 62) 21 525 3095

VORSITZENDER DER NATIONALEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION KOMNAS HAM
Ifdhal Kasim
Jl Latuharhary, No. 4 Menteng Jakarta Pusat
10310 INDONESIEN (korrekte Anrede: Dear Ifdhal Kasim / Sehr geehrter Herr Ifdhal Kasim)
Fax: (00 62) 21 39 25 227

LEITER DER POLIZEI VON PAPUA
Inspektur Jenderal Bekto Suprapto
Papua Regional Head of Police (Kapolda)
Jl. Samratulamgi No. 8 Jayapura PAPUA, INDONESIEN (korrekte Anrede: Dear Kapolda / Sehr geehrter Herr Kapolda)
Fax: (00 62) 967 533763


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S.E. Herrn Eddy Pratomo
Lehrter Straße 16-17, 10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail nur über die Website,
Kontaktformular:
http://www.botschaft-indonesien.de/de/kontak/kontakt.php


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Juli 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the authorities to take immediate action to ensure the safety of Yones Douw, in accordance with his wishes, and ensure his immediate access to medical care.

- Calling for an immediate, effective and impartial investigation into the beatings and the threats against Yones Douw, with the results made public and those responsible brought to justice in fair trials.

- Calling on the authorities to initiate an independent investigation into the possible unlawful killing of Derek Adii, and ensure that, should the allegations be verified, those responsible be brought to justice in fair trials and the victims receive reparations; and.

- Calling on the authorities to ensure that all members of the police and military are made aware of the legitimate role of human rights defenders and their responsibility to protect them, as set out in the UN Declaration on Human Rights Defenders.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Amnesty International ist sich der Schwierigkeiten gewahr, mit denen die indonesischen Sicherheitskräfte insbesondere bei Gewalttaten, konfrontiert sind. Doch internationale Abkommen und Standards zum Schutz der Menschenrechte - und das Recht auf Leben ist das elementarste aller Menschenrechte - legen den Sicherheitskräften Beschränkungen in ihrem Vorgehen auf. Die indonesischen Behörden müssen bei Bekanntwerden glaubwürdiger Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte unverzüglich unabhängige und unparteiische Ermittlungen sicherstellen. Es muss ferner dafür Sorge getragen werden, dass die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen - auch wenn sie hochrangige Posten bekleiden - in einem internationalen Grundsätzen der Fairness entsprechenden Verfahren zur Rechenschaft gezogen werden und die Opfer von Verbrechen gegen die Menschenrechte Wiedergutmachung erhalten.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-188/2011, AI-Index: ASA 21/014/2011, Datum: 17. Juni 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2011