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AKTION/717: Urgent Action - Syrien - Gefangenem droht Folter


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-224/2011, AI-Index: MDE 24/036/2011, Datum: 20. Juli 2011 - mf

Syrien
Gefangenem droht Folter


Herr GEORGE SABRA, 64 Jahre alt

Der politisch engagierte Syrier George Sabra wird seit dem 20. Juli an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Er wurde bei Massenfestnahmen der syrischen Armee und Sicherheitskräften in der Stadt Qatana südwestlich der Hauptstadt Damaskus festgenommen. Der 64-Jährige ist in Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

Am 16. Juli rückten bewaffnete Männer mit Panzern in die Stadt Qatana, südwestlich der Hauptstadt, ein und eröffneten das Feuer auf unbewaffnete BewohnerInnen. Sie führten Razzien und willkürliche Festnahmen von zahlreichen Männern zwischen 18 und 40 Jahren durch. Der 64-jährige politische Aktivist George Sabra befindet sich unter denjenigen, die an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden. Amnesty International ist aufgrund der Berichte über die weitverbreitete Anwendung von Folter in Syrien besonders um seine Sicherheit besorgt.

George Sabras Sohn, Chadi Sabra, lebt in Frankreich im Exil. Er gab gegenüber Amnesty International an, dass zahlreiche bewaffnete Männer in zivil seinen Vater am 20. Juli um ein Uhr nachts in der Wohnung festnahmen und ihm weder erlaubten, sich umzuziehen noch seinen Personalausweis mitzunehmen. Zehn Minuten später stand erneut eine Gruppe bewaffneter Männer vor der Wohnung, die sich als Angehörige der Sicherheitskräfte vorstellte und dann George Sabras Computer und Handy konfiszierte. Außerdem nahmen die Männer einige seiner Kleidungsstücke sowie seinen Ausweis mit.

Die syrischen Behörden haben den Grund seiner Festnahme bislang nicht bekannt gegeben. Laut Chadi Sabra steht die Festnahme seines Vaters sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit dessen Führungsposition in der verbotenen Demokratischen Volkspartei in Syrien sowie mit seiner öffentlich zum Ausdruck gebrachten Unterstützung für friedliche Proteste und der Verweigerung, mit den Behörden in Dialog zu treten, solange die Sicherheitskräfte nicht von weiterer Gewalt gegen friedliche DemonstrantInnen absehen.

Amnesty International betrachtet George Sabra als gewaltlosen politischen Gefangenen, der sich allein wegen der Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Haft befindet.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nach viermonatigen Unruhen in ganz Syrien fanden vom 9. bis 15. Juli täglich Proteste für die Reform in Qatana statt. Dabei kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und AnhängerInnen von Präsident Bashar al-Assad, wobei beide Seiten Steine warfen. Laut den BewohnerInnen von Qatana eskalierte die Situation, als Armee und Sicherheitskräfte am 16. Juli mit Panzern in die Stadt einrückten, das Feuer auf eine Wohngegend eröffneten und dabei mehrere Personen verletzten, einschließlich einiger Menschen, die gerade die Moschee Mariam Ben 'Omran nach dem morgendlichen Samstagsgebet verließen. Gegen 23 Uhr wurde eine Ausgangssperre verhängt und in einigen Stadtteilen sogar Internet, Strom und Wasser abgestellt. Indessen führten die Sicherheitskräfte und die Armee Razzien von Tür zu Tür durch und verhafteten mehrere Männer. Qatana-BewohnerInnen berichteten auch, dass ein sieben Monate altes Kind, Mohammed Ahmed Sabboura, erschossen und seine Mutter verletzt wurde, als sie aus Qatana fliehen wollten.

George Sabra war zuvor schon zwei Mal wegen seiner friedlichen Aktionen als führendes Mitglied der Demokratischen Volkspartei inhaftiert. Zuletzt war er vom 10. April bis 10. Mai 2011 in Haft gehalten worden und kam dann auf Kaution frei. Davor war er von 1987 bis 1995 acht Jahre lang inhaftiert. Damals war er in einem unfairen Prozess vor dem Obersten Staatssicherheitsgericht für schuldig befunden worden. Die ersten drei Jahre seiner Haft verbrachte er in einer Einrichtung der Staatssicherheit in Damaskus, wo ihn weder seine Familie noch sein Rechtsbeistand besuchen durften. Später wurde er ins Militärgefängnis Saydnaya in der Nähe von Damaskus gebracht, wo er die restlichen fünf Jahre absaß und Besuch empfangen durfte. Zu seiner leitenden Position in der Demokratischen Volkspartei gehört auch die Repräsentation der Partei in der "Damascus Declaration for Democratic National Change" (DDDNC), eine verbotene Dachorganisation für oppositionelle Gruppen, die demokratische Reformen und mehr Respekt für Menschenrechte in Syrien fordern.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte meine Sorge darüber ausdrücken, dass George Sabra seit dem 20. Juli ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wird. Bitte stellen Sie sicher, dass er vor Folter und Misshandlung geschützt ist.

- Es bereitet mir große Sorgen, dass George Sabra sich möglicherweise wegen der Unterstützung der Proteste in Qatana in Haft befindet. Ist das der Fall, so betrachtet Amnesty International ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit festgehalten wird, und fordert seine unverzügliche und bedingungslose Freilassung.

- Bitte geben Sie die Namen und den Aufenthaltsort aller im Zusammenhang mit den derzeitigen Protesten festgenommenen Gefangenen bekannt. Gewähren Sie ihnen umgehend Zugang zu ihren Familien, Rechtsbeiständen ihrer Wahl und der notwendigen medizinischen Versorgung und schützen Sie sie außerdem vor Folter und Misshandlung.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
Presidential Palace
al-Rashid Street
Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410

AUßENMINISTER
Walid al-Mu'allim
Ministry of Foreign Affairs
al-Rashid Street,
Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 6251


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
S.E. Herr Radwan Loutfi
Rauchstr. 25
10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de
press@syrianembassy.de
secretary@syrianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. August 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern that George Sabra has been held incommunicado at an unknown location since 20 July, and calling on the authorities to ensure that he is fully protected against torture or other ill-treatment.

- Expressing concern that George Sabra is held for supporting the protests in Qatana and noting that, if this is the case, Amnesty International would consider him a prisoner of conscience detained solely for peacefully exercising his rights to freedom of expression and association and call for his immediate and unconditional release.

- Urging the Syrian authorities to take immediate steps to name and disclose the whereabouts of all detainees arrested in connection with ongoing protests, to give them immediate access to lawyers of their choosing and their families and any medical treatment they may require, and to safeguard them from torture and other ill-treatment.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-224/2011, AI-Index: MDE 24/036/2011, Datum: 20. Juli 2011 - mf
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juli 2011