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ASIEN/294: Afghanistan - 100 Peitschenhiebe wegen "Ehebruchs"


Amnesty International - Meldung vom 2. September 2015

Afghanistan: 100 Peitschenhiebe wegen "Ehebruchs"


02. September 2015 - Die öffentliche Auspeitschung eines Mannes und einer Frau wegen "Ehebruchs" im Westen Afghanistans ist abscheulich. Amnesty International fordert, dass die Behörden die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

Das Paar wurde von einem Gericht in der Stadt Tschaghtscharan in der westlichen Provinz Ghor widerrechtlich zu 100 Peitschenhieben verurteilt. Am 30. August 2015 führte einer der Richter des Gerichts die Strafe öffentlich im Beisein von Angehörigen der Polizei und weiterer Beamten aus. Größere Aufmerksamkeit erregte der Fall allerdings erst durch einen Bericht im afghanischen Fernsehen.

"Die afghanischen Behörden müssen diesen Fall unverzüglich untersuchen und sicherstellen, dass alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Berichte, wonach diese fürchterliche Strafe durch ein erstinstanzliches Gericht, das Teil des formellen afghanischen Justizsystems ist, verhängt worden ist, sind besorgniserregend", erklärte Horia Mosadiq, Afghanistan-Expertin bei Amnesty International.

"Körperstrafen stellen eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Form der Strafe dar. In diesem Fall könnten sie aufgrund des Ausmaßes der Gewalt und der Erniedrigung Folter gleichkommen. Die Tatsache, dass dieses Paar anscheinend wegen 'Ehebruchs' verurteilt wurde, was überhaupt nicht als Straftat betrachtet werden darf, macht diesen Fall noch schlimmer", so Mosadiq.

"Dies ist bei weitem kein Einzelfall im Hinblick auf grausame und widerrechtliche Strafen, die in Afghanistan verhängt und ausgeführt werden. Vor allem im informellen Justizsystem, das in vielen Teilen des Landes noch existiert, kommt es besonders häufig zu solchen Fällen. Die afghanische Regierung muss größere Anstrengungen unternehmen, um eine strengere Überwachung aller Gerichte, formell und informell, einzuführen und Körperstrafen außerdem vollständig abschaffen", forderte Mosadiq.

Auch die Taliban und weitere bewaffnete, aufständische Gruppen sind häufig für die Verhängung von Körperstrafen in der Öffentlichkeit sowie für öffentliche Hinrichtungen verantwortlich.

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Quelle:
Meldung vom 2. September 2015
http://www.amnesty.de/2015/9/2/afghanistan-100-peitschenhiebe-wegen-ehebruchs?destination=node%2F2817
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2015

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