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MELDUNG/090: Nachrichten, April/Mai 2013 (ai journal)


amnesty journal 04/05/2013 - Das Magazin für die Menschenrechte

NACHRICHTEN

- China - Nobelpreisträger fordern Freiheit für Liu Xiaobo
- Schweiz - Unter Mächtigen: Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty in Davos
- Papua-Neuguinea - Hexenjagd in Papua-Neuguinea



Nobelpreisträger fordern Freiheit für Liu Xiaobo

CHINA - Als der Brief auf seinen Schreibtisch flatterte, dürfte Chinas neuer starker Mann wenig erfreut gewesen sein: In einem gemeinsamen Schreiben an den frisch gekürten Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Xi Jinping, haben mehr als 130 Nobelpreisträger aus aller Welt die Freilassung des chinesischen Schriftstellers Liu Xiaobo gefordert.

Liu Xiaobo ist weltweit der einzige Nobelpreisträger in Haft. Der heute 56-Jährige wurde 2009 zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er es wagte, in seiner Heimat tiefgreifende politische Reformen einzufordern. Im Jahr 2010 wurde er in Oslo in Abwesenheit mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

Das Schreiben an Parteichef Xi Jinping wurde von dem südafrikanischen Bischof und Menschenrechtsaktivisten Desmond Tutu initiiert, der 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war. Auch Amnesty International unterzeichnete den Brief. Die Menschenrechtsorganisation hatte 1977 den Friedensnobelpreis erhalten.

Weltweit schlossen sich inzwischen mehr als 450.000 Menschen der Petition an, die auch die Freilassung von Liu Xiaobos Ehefrau fordert: Liu Xia steht seit mehr als zwei Jahren unter Hausarrest, ohne dass gegen sie je ein Prozess geführt worden wäre.


Unter Mächtigen: Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty in Davos

SCHWEIZ - Der Kaffeegigant Starbucks macht in Deutschland seit Jahren Millionenumsätze. Und zahlte bisher keinen Cent Steuern. Ein Fall für Amnesty International? Ja, meint Salil Shetty, der Generalsekretär der Organisation. Der gebürtige Inder besuchte im Januar das "Weltwirtschaftsforum" im Schweizer Alpendorf Davos, um die dort versammelten Manager und Politiker für Menschenrechtsfragen zu sensibilisieren. Auf seiner Agenda stand unter anderem das Thema "Steuergerechtigkeit". Gerade in Zeiten, in denen Regierungen Sozialausgaben rigoros kürzten, sei es besonders verwerflich, dass es großen Konzernen gelinge, Millionen am Fiskus vorbeizuschleusen. Auch die weltweit wachsende Kluft zwischen Arm und Reich mahnte Shetty in Davos an. "Sicherlich gibt es kein Menschenrecht auf gleichen Wohlstand für alle", sagte Shetty. "Aber es gibt international gültige Normen, die jedem Menschen das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard zusichern, einschließlich angemessener Ernährung, Wasser und Obdach." Salil Shetty besuchte das "Weltwirtschaftsforum" bereits zum dritten Mal. Das Forum ist mittlerweile ein Pflichttermin für die Mächtigen der Welt: Zu Beginn eines jeden Jahres treffen sich im verschneiten Wintersportort Davos Manager und Spitzenpolitiker, um Vorträgen zu lauschen, Ideen auszutauschen und Geschäfte anzuleiern. Nicht nur die Chefs der Weltkonzerne sind vertreten, sondern auch Dutzende Staatspräsidenten und Premierminister stehen auf der Gästeliste. "Natürlich beschleicht mich ein etwas merkwürdiges Gefühl, als Amnesty-Generalsekretär das 'Weltwirtschaftsforum' zu besuchen", sagt Shetty, der die Menschenrechtsorganisation seit 2010 leitet. "Schließlich sitze ich in Davos mit Menschen aus Politik und Wirtschaft an einem Tisch, die Amnesty immer wieder scharf kritisiert. Aber es ist wichtig, die globalen Entscheidungsträger an ihre Verantwortung zu erinnern."


Hexenjagd in Papua-Neuguinea

PAPUA-NEUGUINEA - Sie starb auf dem Scheiterhaufen, weil man sie für eine Hexe hielt: Ein aufgebrachter Mob hat Anfang Februar in Papua-Neuguinea eine 20-jährige Frau wegen "Hexerei" öffentlich gefoltert und lebendig verbrannt. Hunderte Schaulustige beobachteten die Tat in der Provinzhauptstadt Mount Hatten, darunter auch Schulkinder. Die Menge beschuldigte die Frau, einen Achtjährigen "verhext" und dadurch dessen Tod verursacht zu haben. Der Glaube an schwarze Magie ist in dem pazifischen Inselstaat weit verbreitet. Hunderte fallen ihm jedes Jahr zum Opfer, zumeist alleinstehende Frauen, die am Rande der Gesellschaft leben. Die vermeintlichen Hexen werden für Unfälle, Krankheiten, Missernten oder Todesfälle verantwortlich gemacht. Amnesty International hat die Behörden Papua-Neuguineas wiederholt aufgefordert, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um derartige Gewaltakte zu unterbinden (siehe auch Amnesty Journal, 01/2012). Nur eine Woche nach der Tat ereignete sich in Mount Hatten ein weiterer Vorfall: Polizisten konnten eine wütende Menschenmenge in letzter Minute daran hindern, zwei Frauen anzuzünden, die man ebenfalls der Hexerei bezichtigte. Man warf ihnen vor, mit schwarzer Magie den Tod eines achtjährigen Mädchens herbeigeführt zu haben.

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Quelle:
amnesty journal, April/Mai 2013, S. 14
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2013