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NAHOST/219: Syrien - Artillerieangriffe auf Wohngebiete bedrohen hunderte Zivilpersonen


Amnesty International - 28. Februar 2018

Syrien - Artillerieangriffe auf Wohngebiete bedrohen hunderte Zivilpersonen


Bei Gefechten im türkisch-syrischen Grenzgebiet beschießen die türkische Armee und in geringerem Umfang die kurdische YPG-Miliz die Städte Afrin und Azaz. Dabei werden auch Wohngebiete und zivile Einrichtungen mit unterschiedslos wirkenden Waffen angegriffen. Von Amnesty verifizierte Augenzeugenberichte dokumentieren zahlreiche getötete Zivilpersonen.

Amnesty International hat Interviews mit 15 Personen geführt, die in den von den Kämpfen betroffenen Ortschaften Afrin und Azaz leben oder kürzlich von dort geflohen sind. Die meisten dieser Augenzeugenberichte über den wahllosen Beschuss von Wohngebieten konnten mittels Videoanalysen durch Expertinnen und Experten von Amnesty verifiziert werden.

Die Verwendung von Artillerie und anderen unpräzisen Waffen in dicht besiedelten Gebieten verletzt das in den Genfer Konventionen verankerte Gebot der Unterscheidung militärischer und ziviler Ziele und ist daher völkerrechtlich verboten. Amnesty ruft die Konfliktparteien auf, solche Angriffe umgehend einzustellen.

Türkische Angriffe

Nach Angaben des Kurdischen Roten Kreuzes hat die am 20. Januar gestartete türkische Militäroperation "Olivenzweig" bisher 93 Zivilpersonen das Leben gekostet, darunter 24 Kinder. 313 Zivilistinnen und Zivilisten wurden verletzt, unter ihnen 51 Kinder. Menschen aus den Dörfern Jenderess, Rajo und Maabatli in der Region Afrin beschrieben gegenüber Amnesty, wie sie völlig unvorbereitet stundenlangem Artilleriebeschuss ausgesetzt waren, selbst nachdem die türkische Armee versichert hatte, den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen.

Angriffe der YPG

Demgegenüber berichteten Einwohnerinnen und Einwohner von Azaz von Raketenangriffen durch die kurdische YPG-Miliz, die auch Wohn- und Krankenhäuser trafen. Dabei wurden mutmaßlich vier Menschen getötet, darunter ein neunjähriges Mädchen.

Zudem wurden auch Wohngebiete auf der türkischen Seite der Grenze beschossen. Laut türkischen Angaben wurden dabei sieben Zivilpersonen getötet und über 100 verletzt.

Das türkische Militär startete die Offensive in einer Region, die bisher von Kampfhandlungen wenig betroffen war und in der zahllose Vertriebene Zuflucht gefunden haben. Die USA, Russland und andere Staaten müssen ihren Einfluss auf die Kriegsparteien geltend machen, damit diese völkerrechtswidrigen Angriffe beendet werden und die Zivilbevölkerung nicht länger gefährdet wird.


Die englischsprachige Meldung mit den Augenzeugenberichten der betroffenen Zivilpersonen ist zu finden unter:
https://www.amnesty.org/en/latest/news/2018/02/syria-hundreds-of-civilian-lives-at-risk-as-afrin-offensive-escalates/

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Quelle:
Meldung vom 28. Februar 2018
https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/syrien-artillerieangriffe-auf-wohngebiete-bedrohen-hunderte-zivilpersonen
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2018

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