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NORDAMERIKA/092: USA - 334 Todesfälle beim Einsatz von Tasern


Pressemitteilung vom 16. Dezember 2008

USA: 334 Todesfälle beim Einsatz von Tasern


BERLIN, 16.12.2008 Die Behauptung, Taser seien keine tödlichen Waffen, hält einer gründlichen Überprüfung nicht stand. Amnesty International veröffentlicht heute einen neuen Bericht über die Gefährlichkeit der Elektroschockwaffen. Zwischen 2001 und August 2008 starben in den USA 334 Menschen in Zusammenhang mit Taser-Einsätzen. Die Menschenrechtsorganisation fordert die Behörden auf, die Verwendung von Tasern auszusetzen oder auf lebensbedrohliche Situationen zu beschränken.

"Diese Elektorschocker sind nicht die 'nicht tödlichen Waffen', als die sie angepriesen werden", so Mathias John, Rüstungsexperte von Amnesty Deutschland. "Sie sollten - wenn überhaupt - nur als letztes Mittel eingesetzt werden". "Ein Problem der Tasereinsätze ist das hohe Missbrauchsrisiko - auf Knopfdruck können fast ohne Spuren wieder und wieder starke Schmerzen verursacht werden", so John.

Die Studie von Amnesty International stützt sich auf 98 Autopsien und kommt zu dem Schluss, dass 90 Prozent der nach einem Taser-Einsatz Verstorbenen nicht bewaffnet waren und von ihnen häufig keine unmittelbare Bedrohung ausging. Die Personen waren oft wiederholten und anhaltenden Elektroschocks ausgesetzt - deutlich länger als die "normalen" Elektroschocks von 5 Sekunden. In manchen Fällen wurde ein weiterer Elektroschock verabreicht, weil die Zielperson nach dem ersten Einsatz paralysiert war und nicht auf Anweisungen reagiert hatte.

Die Polizei setzte Taser auch gegen Kinder, schwangere Frauen und Menschen mit Altersdemenz ein. In mindestens sechs Todesfällen wurde ein Taser gegen Menschen mit neurologischen Problemen eingesetzt: so beispielsweise gegen einen Arzt, der nach einem Autounfall einen epileptischen Anfall erlitt. Er starb nach mehreren Elektroschocks, nachdem er, verwirrt und benommen, den Befehlen der Polizisten nicht nachkam.

In den meisten der untersuchten 334 Todesfälle spielten weitere Faktoren wie Drogen eine Rolle. Nichtsdestotrotz kamen Gerichtsmediziner und Justizbehörden zum Schluss, dass die Elektroschocks von Tasern in mindestens 50 Fällen direkt oder indirekt zum Tode führten. "Wir sind sehr besorgt, dass solche Elektroschockwaffen verwendet werden, ohne dass es vorher umfassende und unabhängige Untersuchungen über die möglichen Auswirkungen gegeben hat. Dies gilt auch für Deutschland, wo Taser in mehreren Bundesländern von der Polizei eingesetzt werden.", erklärte Mathias John.

Den Bericht ("USA: Less than lethal?") sowie eine Auflistung mit Einzelfällen kann im Internet herunterladen unter unter:
www.amnesty.org


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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 16. Dezember 2008
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2008