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AFRIKA/258: Tunesien - Neue Führung soll Rechte der Berber anerkennen


Presseerklärung vom 17. Januar 2011

Diktator Ben Ali ließ Ureinwohner assimilieren

Tunesiens neue Führung soll Rechte der Berber anerkennen


Die neue politische Führung Tunesiens muss die Rechte der Berber endlich anerkennen und respektieren, fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). In einem Schreiben appellierte die Menschenrechtsorganisation am Montag an den tunesischen Übergangspräsidenten Foued Mebazaa, den Ureinwohnern zu erlauben, eigene Vereine zu gründen, Schriften in ihrer Sprache zu veröffentlichen und ihren Kindern Berber-Vornamen zu geben.

"Nach dem Sturz von Diktator Ben Ali ist ein Umdenken notwendig", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen. Ben Ali hatte die Existenz der Masiren, wie sich die Berber selbst bezeichnen, stets geleugnet. Daher gibt es bis heute auch keine offiziellen Angaben über die Minderheit. Rund zehn Prozent der zehn Millionen Bewohner Tunesiens gelten als Masiren. Sie leben vor allem im Süden des Landes, in der Nähe der Insel Djerba sowie nahe der Grenze zu Libyen und Algerien. Viele Masiren sind als Gastarbeiter auch nach Europa emigriert oder leben in den großen Städten des Landes.

Schon bei der Ausarbeitung der Verfassung Tunesiens im Jahr 1959 wurden die Masiren übergangen. Das Land wurde zur arabisch-islamischen Nation erklärt. Dass dort auch nicht-arabische Masiren leben, wird von der politischen Führungsschicht Tunesiens bis heute ignoriert.

Selbst die laizistischen Oppositionspolitiker setzten in ihrem 1988 geschlossenen "Nationalen Pakt Tunesiens" auf eine Arabisierung des Landes. Ben Ali trieb diese Arabisierung unter Zwang voran. So sieht das von ihm 1995 erlassene "Gesetz zum Schutz der Kinder" eine Erziehung gemäß arabischen und islamischen Werten vor. Kinder von Masiren dürfen keine Berber-Namen tragen, und auch im Schulsystem sowie im kulturellen Leben und in den Medien wird die Jahrtausende alte Sprache, Kultur und Geschichte der Berber ignoriert.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 17. Januar 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2011