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AFRIKA/289: Ostafrika - Hungerkatastrophe von Menschenhand mitverursacht


Presseerklärung vom 12. Juli 2011

Hungerkatastrophe in Ostafrika: Dürre ist nur eine von vielen Ursachen

Hilfe kommt für zehntausende Nomaden zu spät - drohender Hungertod von Menschenhand mitverursacht


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wirft den Regierungen Ostafrikas und der internationalen Gemeinschaft vor, für die Hungersnot am Horn von Afrika mitverantwortlich zu sein. "Nicht nur die anhaltende Dürre, sondern auch mangelndes Interesse an der Lage der Nomaden, eine verfehlte Agrarpolitik, Bürgerkriege und nicht zuletzt fehlendes schnelles Engagement der reichen Industrieländer haben dazu geführt, dass nun mehrere zehntausend Nomaden vom Hungertod bedroht sind", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.

Schon im November 2010 hatten Experten und Hilfsorganisationen vor der drohenden Hungerkatastrophe gewarnt. "Doch das beste Frühwarnsystem hilft nichts, wenn die internationale Gemeinschaft erst auf die Fotos von abgemagerten Kindern reagiert", kritisierte Delius. Damals wäre noch genug Zeit gewesen, die Herden der Nomaden mit Futter zu versorgen. Das Vieh hätte dann weiter Milch für den Eigenbedarf der Nomaden, aber auch für den Verkauf produziert. So hätten die Hirten Geld für den Erwerb anderer Nahrungsmittel verdienen können. Mit dem Untergang ihrer Herden stehen die Nomaden nun jedoch vor dem Nichts und müssen aufwändig mit Nahrungsmittelhilfe aus dem Ausland unterstützt werden.

"Außerdem sind im vergangenen Jahrzehnt hunderttausende Hektar Weideland verloren gegangen, weil es von den Behörden zweckentfremdet und als vermeintlich ungenutztes Land für Agrarprojekte verpachtet oder für die Ansiedlung von Bauern zur Verfügung gestellt wurde", sagte Delius. Auf diese Flächen sind die Nomaden mit ihren Herden traditionell ausgewichen, wenn es auf den normalerweise genutzten Weiden nicht genug Futter gab.

Nicht nur daran zeigt sich nach Auffassung der Menschenrechtsorganisation, dass viele Regierungen sich noch immer nicht richtig auf die Lebensweise der Nomaden eingestellt haben. Oft werden Nomaden auch daran gehindert, die Grenzen zum Nachbarland zu überschreiten, um dort Weiden zu nutzen. So soll Steuerflucht verhindert werden, doch diese Wanderungsbewegungen sind eine notwendige Reaktion auf die Folgen des Klimawandels. Zwar betrachten viele Regierungsmitarbeiter die Hirten bis heute abschätzig als "Hinterwäldler". Doch die Viehherden sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und in vielen Regionen die einzige Chance zu überleben.

Eine große Gefahr für die Nomaden sind auch die anhaltenden Bürgerkriege in Somalia und der Region Ogaden (Äthiopien). Aufgrund der Kämpfe können sich die Hirten oft nicht frei zwischen ihren Weiden bewegen. In Somalia hindern radikal-islamische Milizen Nomaden sogar an der Flucht in das benachbarte Kenia. Kenia schürt den Hunger, in dem es sich weigert, neue Flüchtlinge in einem bereits errichteten Lager aufzunehmen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 12. Juli 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2011