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AFRIKA/331: Streit über Sklaverei in Mauretanien spitzt sich zu


Presseerklärung vom 30. April 2012

Streit über Sklaverei in Mauretanien spitzt sich zu

Menschenrechtler werden verhaftet nach demonstrativer Verbrennung muslimischer Schriften



In Mauretanien sind der Sklaverei-Kritiker Biram Dah Abeid und vier Unterstützer seiner Menschenrechtsorganisation IRA verhaftet worden, nachdem sie Schriften muslimischer Gelehrter verbrannt hatten, die die Sklaverei rechtfertigen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte am Montag die Freilassung der Menschenrechtler, die sich mit ihrem Protest nur gegen die Förderung der Sklaverei durch muslimische Gelehrte wandten.

"Natürlich ist eine Bücherverbrennung sehr problematisch und wir wollen dies auch nicht rechtfertigen. Der Protest richtet sich auch nicht gegen den Koran oder den muslimischen Glauben. Die Sklaverei-Kritiker sind selbst gläubige Muslime. Sie haben auch nicht den Koran verbrannt, sondern mit ihrem Protest nur auf das Fortbestehen der Sklaverei in Mauretanien aufmerksam machen wollen", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Mauretaniens Regierung kündigte bereits eine harte Bestrafung der Menschenrechtler an. Biram Dah Abeid war im Jahr 2011 mit dem Weimarer Menschenrechtspreis ausgezeichnet worden.

Bei den Schriften handelt es sich um religiöse Bücher der Malikiten, einer Ausprägung des sunnitischen Islam, die in Mauretanien besonders verbreitet ist. In diesen Büchern wird im Detail beschrieben, dass Sklaverei ein allseits anerkannter Bestandteil der muslimischen Gesellschaft ist. So wird darin geregelt, dass schwangeren Sklavinnen zwar die Freiheit gegeben werden kann, ihr ungeborenes Kind nach der Geburt jedoch Sklave bleibt. Auch wird darin beschrieben, wie Sklaven in die Freiheit entlassen werden können, doch einzelne Gliedmassen weiterhin im Besitz der Sklavenhalter bleiben können. "Diese Schriften rechtfertigen ideologisch die Sklaverei, die als eines der schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit international geächtet ist", erklärte Delius. "Es muss auch in einem muslimischen Staat gestattet sein, darauf öffentlich aufmerksam zu machen, selbst wenn die von den Sklaverei-Kritikern gewählte Form des Protests sicher nicht sehr geschickt ist."

Der Zwischenfall ereignete sich am letzten Freitag am Rande einer Protestveranstaltung der Menschenrechtler gegen die Unterstützung der Sklaverei durch muslimische Gelehrte. Mehrfach hatten die Gelehrten die Menschenrechtler öffentlich beschimpft und ihnen vorgeworfen, die gegebene Gesellschaftsordnung in Mauretanien in Frage zu stellen.

"Mit der Verhaftung der Menschenrechtler am letzten Samstag spitzt sich der Konflikt um die Sklaverei weiter zu", erklärte Delius. Rund 500.000 schwarzafrikanische Haratin gelten noch immer als Sklaven in dem Land in Nordwestafrika. Obwohl Sklaverei gesetzlich verboten ist, bleiben Sklavenhalter straflos. So hob das Oberste Gericht am 26. März 2012 die erste Verurteilung eines Sklavenhalters wieder auf. Sie war im Herbst 2011 als großer Erfolg von den Sklaverei-Kritikern gefeiert worden.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. April 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2012