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AFRIKA/427: Internationale Friedenstruppen stehen in Zentralafrikanischer Republik vor Mammut-Aufgabe


Presseerklärung vom 19. Januar 2014

GfbV begrüßt Steinmeiers Appell für europäisches Eingreifen in Zentralafrikanischer Republik

Menschenrechtler warnen vor Mammut-Aufgabe - Exodus von Muslimen erschwert Versöhnung



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat den Appell von Außenminister Frank-Walter Steinmeier an die EU-Staaten begrüßt, Frankreichs Friedensmission in der Zentralafrikanischen Republik zu unterstützen. "Die internationalen Friedenstruppen stehen bei ihrem Einsatz aber vor einer Mammut-Aufgabe", warnte die Menschenrechtsorganisation. "Denn das Land befindet sich in einem Bürgerkrieg, in dem Massenmorde drohen. Es ist nicht damit getan, einige Dutzend Soldaten zu entsenden, um Frieden in einem Staat wiederherzustellen, der anderthalb mal so groß wie Frankreich ist", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Wenn Europas Unterstützung nicht nur symbolischen Charakter haben soll, dann müssen mindestens noch einmal 1600 Soldaten von europäischen Staaten zur Verfügung gestellt werden." Auch seien flankierende wirtschaftliche und politische Initiativen zur Stabilisierung der Zentralafrikanischen Republik dringend erforderlich.

"Ohne Versöhnung zwischen verfeindeten Christen und Muslimen wird es aber keinen dauerhaften Frieden geben", erklärte Delius. "Mit Waffen kann die Versöhnung nicht erzwungen werden. Versöhnung wird es nur geben, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung bessert und wenn die Menschen wieder eine Lebensperspektive bekommen." Massiv erschwert werden die Versöhnungsbemühungen durch den Exodus von mehr als 30.000 Muslimen aus dem Tschad, Mali, Kamerun, Nigeria und anderen afrikanischen Staaten, die aus Angst vor Racheakten von Christen in den letzten zwei Wochen aus dem Land flohen. Viele der muslimischen Flüchtlinge bildeten das wirtschaftliche Rückgrat der Zentralafrikanischen Republik. "Ihr erzwungener Exodus wirft das Land wirtschaftlich um 15 bis 20 Jahre zurück und schürt die Verarmung."

Bei einem Handgranaten-Angriff auf einen Flüchtlingstreck nahe der Grenze zu Kamerun sind am letzten Freitag 23 Muslime getötet und mehr als 50 Menschen verletzt worden. Mehrere hundert muslimische Peul-Nomaden fanden in einer Kirche in der 90 Kilometer nordwestlich von Bangui gelegenen Stadt Boali Schutz, nachdem Anhänger einer christlichen Miliz sie angegriffen hatten.

Die EU-Außenminister werden am morgigen Montag über die europäische Unterstützung der französischen Militärintervention beraten. Bislang sind die 1600 französischen Soldaten und die 4400 afrikanischen Streitkräfte der Friedenstruppe MISCA vor allem im Großraum der Hauptstadt Bangui konzentriert. Mit der Entsendung europäischer Truppen sollen sie vom Schutz der Zivilbevölkerung in Bangui entlastet werden, um in anderen Landesteilen für die Entwaffnung von Milizen und die Wiederherstellung staatlicher Ordnung zu sorgen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 19. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2014