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AFRIKA/560: Biafra - Elf Tote durch Polizeigewalt bei Demonstrationen


Presseerklärung vom 20. Januar 2016

Elf Tote durch Polizeigewalt bei Demonstrationen in Biafra: Nigeria soll Untersuchungskommission einsetzen


Im Südosten Nigerias sind seit Sonntag elf Biafraner bei der blutigen Niederschlagung von Demonstrationen getötet worden, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Die Menschenrechtsorganisation forderte die Einsetzung einer offiziellen Untersuchungskommission, um das Ausmaß und die Hintergründe der Gewalt zu klären. "Sicherheitskräfte, die bei ihrem Vorgehen gegen Demonstranten unverhältnismäßig Gewalt anwenden, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Nur so kann eine weitere Eskalation der Spannungen verhindert werden", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Die Menschenrechtsorganisation übte scharfe Kritik an dem Verhalten der Sicherheitskräfte, die Todesfälle von Biafranern bei Demonstrationen trotz anderslautender Berichte von Ärzten und Augenzeugen grundsätzlich leugnen. Insgesamt sind seit dem 2. Dezember 2015 bei Demonstrationen von Biafranern gegen die rechtswidrige Inhaftierung des Direktors von Radio Biafra, Nnamdi Kanu, mindestens 26 Menschen getötet worden.

Am vergangenen Sonntag starben in der 1,7 Millionen Einwohner zählenden Stadt Aba im Bundesstaat Abia acht Anhänger der Organisation "Indigenous People of Biafra (IPOB)", als sie trotz eines Demonstrationsverbots öffentlich die Freilassung von Kanu forderten. Auch in den Städten Asaba im Bundesstaat Delta und Enugu im gleichnamigen Bundesstaat kam es zu Protesten. Bei der Niederschlagung der Demonstrationen wurden 30 Biafraner verletzt und 26 festgenommen.

Drei Demonstranten kamen am Montag in der Stadt Aba zu Tode, als Soldaten das Feuer auf Protestierende eröffnete. Erneut dementierte die Polizei, dass es Verletzte oder Tote gegeben habe und versicherte, nur Tränengas eingesetzt zu haben.

"Das massive und offensichtlich unverhältnismäßige Vorgehen der Sicherheitskräfte schürt weiter Spannungen und Gewalt im Südosten des Landes", warnte Delius. Statt zu deeskalieren, setzen Nigerias Sicherheitsbehörden auf Konfrontation und Machtdemonstrationen. So wird die Stimmung bei den Protesten immer aufgeheizter und bei den Demonstranten wächst die Verbitterung über die Willkür der Behörden, die Nnamdi Kanu weiter festhalten, obwohl ein Gericht seine Freilassung verfügt hatte. Ursprünglich sollte Kanu am vergangenen Sonntag vor dem Obersten Bundesgericht in Abuja vorgeführt werden. Doch der Richter erschien nicht, so dass das Verfahren auf den 21. Januar vertagt wurde.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. Januar 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2016

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