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AFRIKA/696: Burundi - Referendum gefährdet Frieden


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 17. Mai 2018

Umstrittenes Referendum in Burundi (17.5.) - Schwerer Rückschlag für Demokratie und Frieden in Ostafrika


Göttingen, den 17. Mai 2018 - Als schweren Rückschlag für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Frieden in Ostafrika hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) das heutige Referendum in Burundi bezeichnet, mit dem Staatspräsident Pierre Nkurunziza auf lange Jahre seine Herrschaft sichern will. "Burundi dreht mit dem Volksentscheid die Uhren Afrikas zurück in die Zeit der Diktatoren. Mit Staatsterror erzwingt der Präsident die vermeintliche Zustimmung des Volkes. Das ist eine fatale Abkehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, um durch die Hintertür seine Alleinherrschaft zu festigen", kritisierte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Nachdrücklich warnte die Menschenrechtsorganisation vor den Folgen des Referendums für den Frieden zwischen den ethnischen Gruppen der Hutu und Tutsi, die bei völkermordartigen Auseinandersetzungen in den 1990er-Jahren mehr als 300.000 Menschen verloren.

Der seit dem Jahr 2005 regierende Staatspräsident hat das Referendum angesetzt, um auch nach Ablauf seiner dritten Amtszeit im Jahr 2020 weitere zwei Amtsperioden bis zum Jahr 2034 mit absoluter Macht regieren zu können. Trotz des Terrors von Sicherheitskräften und der wegen ihrer Gewaltexzesse gefürchteten Jugendorganisation Imbonerakure der Regierungspartei haben 26 oppositionelle Parteien zum Boykott des Referendums aufgerufen.

Seit der Eskalation des Streits um Nkurunzizas absolute Herrschaft im Oktober 2016 sind in Burundi rund 1.700 Menschen politisch motivierter Gewalt zum Opfer gefallen, mehr als 480 Regierungskritiker verschwanden süurlos, mehr als 8.500 Menschen wurden willkürlich verhaftet und 550 Fälle von Folter im Gewahrsam der Sicherheitskräfte registriert. 430.000 Menschen sind vor der Gewalt aus dem Kleinstaat mit elf Millionen Einwohnern geflohen, weitere 200.000 Personen sind im Land auf der Flucht.

"Dieser Volksentscheid ist auch eine Abkehr von dem im Jahr 2000 unterzeichneten Friedensabkommen von Arusha, mit dem der siebenjährige blutige Bürgerkrieg beendet wurde. Dieser Vertrag regelte auch den regelmäßigen Regierungswechsel zwischen Hutu und Tutsi", berichtete Delius und warnte: "Nkurunziza setzt den Frieden in seinem Land aufs Spiel, wenn er den Machtausgleich zwischen Hutu und Tutsi willkürlich zugunsten der Hutu verändert."

Darüber hinaus kritisierte die GfbV den Missbrauch von Religion durch den evangelikalen Präsidenten, um seine Macht langfristig zu sichern. Nkurunziza bekennt sich zu einer Glaubensgemeinschaft wiedergeborener Christen (Eglise du Rocher), die ihn als Retter Burundis verehren. Seine Ehefrau ist Pastorin dieser Kirche in der Hauptstadt Bujumbura. Dank seines Einflusses konnte sich diese evangelikale Bewegung stark im ganzen Land verbreiten. Zwar ist Burundi offiziell ein laizistischer Staat, doch Minister sind gut beraten, wenn sie sonntags die Messe der Ehefrau des Staatspräsidenten besuchen, um bei ihrem Ehemann nicht in Ungnade zu fallen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 17. Mai 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2018

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