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ASIEN/211: Film über mongolische Nomaden in China gewinnt Berlinale


Presseerklärung vom 18. Februar 2007

Film über mongolische Nomaden in China gewinnt Berlinale

Berlinale-Gewinner "Tuyas Ehe" erinnert an Vertreibung von 650.000 Nomaden in China


Der Berlinale-Gewinner "Tuyas Ehe" erinnere an den Untergang des Nomadenlebens in der Inneren Mongolei in China, für den die chinesische Regierung entscheidend mitverantwortlich sei, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Sonntag. "Das offizielle China wird sich über diese Auszeichnung des Films des chinesischen Regisseurs Wang Quan'an nicht freuen, der vom harten Leben der Nomaden in der Inneren Mongolei erzählt", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Denn Chinas Regierung hat seit dem Jahr 2001 systematisch 650.000 mongolische Nomaden in Städten angesiedelt und damit der Jahrhunderte alten mongolischen Nomaden-Kultur den Todesstoss versetzt. Dieser Film wird dazu beitragen, die Vernichtung der mongolischen Kultur bekannt zu machen."

Lebten 1949 nur 200.000 Han-Chinesen in der Inneren Mongolei, so habe sich das Zahlenverhältnis inzwischen vollkommen umgekehrt. Heute stünden den 5 Millionen Mongolen in der Autonomen Region Inneren Mongolei, die rund dreimal so groß wie Deutschland ist, 12 Millionen eingewanderte Han-Chinesen gegenüber. Die Mongolen litten unter ähnlichen Problemen wie die Tibeter, doch sei die Zerstörung ihrer traditionellen Gesellschaft aufgrund von Industrialisierung und Rohstoffsuche noch weiter fortgeschritten als in Tibet und in der Weltöffentlichkeit kaum bekannt.

An der zunehmenden Versteppung seien nicht nur die Nomaden schuld - wie China behauptet -, sondern vor allem die eingewanderten Han-Chinesen, deren intensive Landwirtschaft die kargen Böden ruiniere. Im Jahr 2001 beschlossen die Behörden, in den folgenden fünf Jahren 650.000 Nomaden in Städten und Dörfern anzusiedeln, um die ökologische Zerstörung der Region zu stoppen. Zahlreiche Nomaden, die sich weigerten umzusiedeln, wurden verhaftet und ihre Herden beschlagnahmt. Die Mongolen sehen in der Umsiedlungspolitik eine massive Verletzung ihrer Menschenrechte.

Bislang habe die Regierung in Peking mit Zensur wirksam verhindert, dass diese umstrittene Politik in China öffentlich diskutiert wird. So schlossen die Behörden am 26. September 2005 zwei mongolische Websites, weil sie zu kritisch über die Zerstörung der mongolischen Kultur berichtet hatten. Im Frühjahr 2003 hatten die Behörden in einer Kampagne gegen die mongolische Menschenrechtsbewegung 500 Internet-Cafes in der inneren Mongolei schließen lassen. Im November 2006 machten die Polizei in der Provinzhauptstadt Hohhot eine Razzia gegen mongolische Buch- und Musikläden. Mehr als ein Dutzend mongolische Menschenrechtler sind in Haft, weil sie die Repression Chinas kritisierten. So wurde der Buchhändler Hada 1996 wegen "Separatismus" zu 15 Jahren Haft verurteilt.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 18. Februar 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2007