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ASIEN/390: China - Westerwelle soll sich für Freilassung von Regimekritikern einsetzen


Presseerklärung vom 25. März 2011

Außenminister Westerwelle reist nach China (31.3.-2.4.)

Verfolgung von Regimegegnern in China nimmt stark zu - Westerwelle soll sich für Freilassung inhaftierter Kritiker einsetzen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appelliert an Außenminister Guido Westerwelle, sich bei seiner geplanten China-Reise in der kommenden Woche (31.3. bis 2.4.2011) für die Freilassung von verfolgten Regimekritikern und für ein Ende der Einschüchterung von Dissidenten einzusetzen. "Chinas Führung geht gezielt gegen friedliche Regimekritiker vor und knebelt Menschenrechtler", heißt es in dem Schreiben der Menschenrechtsorganisation an den Minister, der am ersten strategischen deutsch-chinesischen Dialog auf Ministerebene teilnehmen wird. "Die Übergriffe verletzen sowohl chinesisches Recht als auch grundlegende internationale Menschenrechtskonventionen." Seit der Kulturrevolution habe China nicht mehr so massive Übergriffe auf Regimekritiker erlebt wie in den vergangenen fünf Wochen: Nach Angaben des GfbV-Asienreferenten Ulrich Delius wurden seit Mitte Februar 2011 mehr als 100 Blogger, Journalisten, Schriftsteller, Rechtsanwälte und Menschenrechtler willkürlich festgenommen.

"Chinas Führung will mit dieser Repression ein Übergreifen der Jasmin-Revolution von Nordafrika auf die Volksrepublik im Keim ersticken", sagt Delius. "Die Verfolgung heute übertrifft auch die Unterdrückungsmaßnahmen während der Olympiade im Sommer 2008 und der Verleihung des Friedensnobelpreise an Liu Xiaobo im Dezember 2010."

Westerwelle solle sich dringend auch für die Aufhebung des unrechtmäßigen Hausarrests von Liu Xia, der Frau von Liu Xiaobo, und anderer in ihren Wohnungen isolierten Oppositionellen engagieren. Liu Xia hatte jüngst mit einem dramatischen Hilferuf auf das Schicksal von unter Hausarrest stehenden Dissidenten aufmerksam gemacht. Seit fünf Monaten darf sie selbst keinen Kontakt zur Außenwelt haben und keinen Besuch empfangen. Alle Telefonleitungen wurden gekappt, ihr Mobiltelefon eingezogen und das Verlassen der Wohnung untersagt. "Ich werde noch wahnsinnig", hatte Liu Xia verzweifelt erklärt.

Von den meisten der mehr als 100 Festgenommenen fehlt bis heute jedes Lebenszeichen. So wurde der Pekinger Rechtsanwalt Tang Jitian am 16. Februar von Sicherheitskräften verschleppt. Er hatte im Juni 2009 seine Zulassung als Rechtsanwalt verloren, weil er es gewagt hatte, Anhänger der verfolgten Meditationsbewegung Falun Gong vor Gericht zu vertreten. Allein 2010 wurden mehr als 550 Falun Gong Praktizierende in Willkürverfahren zu Haftstrafen verurteilt. Mehr als 20 Rechtsanwälte, die Falun Gong Anhänger, Tibeter oder Uiguren vertraten, haben seither ihre Zulassung verloren.

Auch die Verfolgung von Tibetern und Uiguren hat zugenommen. Zahlreiche uigurische Blogger und Webmaster wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Seit Februar 2011 wurden elf Uiguren in Geheimverfahren zum Tode verurteilt, die nicht internationalen juristischen Standards entsprachen. In Tibet wurde die Bewegungsfreiheit von Mönchen immer mehr eingeschränkt, damit sie nicht an Wahlen zur Bestimmung der Nachfolge des Dalai Lama als weltlicher Führer der Tibeter teilnehmen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 25. März 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2011