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ASIEN/577: Chian - Unfaire Gerichtsverfahren im Nordwesten des Landes


Presseerklärung vom 27. Juli 2014

Unfaire Gerichtsverfahren im Nordwesten Chinas

- 256 Uiguren seit Juni 2014 wegen "politischer Straftaten" verurteilt
- 1.600 Menschenrechtler in China seit 2012 in Gewahrsam genommen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Regierung Chinas vorgeworfen, mit willkürlichen Verhaftungen und unfairen Gerichtsverfahren die Gewalt im Nordwesten des Landes zu schüren. "Wer willkürlich Menschen nur aufgrund ihrer ethnischen Abstammung oder Religion verhaftet, heizt den Hass zwischen Uiguren und Han-Chinesen an", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. Nach GfbV-Informationen wurden seit Juni 2014 mindestens 256 Uiguren wegen "politischer Straftaten" in Gerichtsverfahren zu meist langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Gegen 22 dieser Angeklagten wurde die Todesstrafe verhängt und sie wurden hingerichtet.

Mitte Juli 2014 sind in einem Geheimverfahren 17 uigurische Demonstranten zu Haftstrafen zwischen sechs Monaten und sieben Jahren verurteilt worden, wie erst Ende dieser Woche bekannt wurde. Sie hatten es gewagt, öffentlich gegen die Erschießung des 17 Jahre alten Motorradfahrers Abdulbasit Ablimit zu protestieren. Der Jugendliche hatte im April 2014 in der Präfektur Aksu eine rote Ampel ignoriert und war von einer Polizeistreife durch Schüsse in den Rücken getötet worden. Ein Großteil der nun Verurteilten waren Verwandte und Nachbarn des Jugendlichen, die für eine Bestrafung der Verantwortlichen für die Todesschüsse demonstriert hatten.

"Wer in Xinjiang/Ostturkestan öffentlich Missstände und Fehlverhalten von Behörden oder Polizisten anprangert, dem drohen jahrelange Haftstrafen", erklärte Delius. "In keiner Region Chinas gibt es mehr politisch motivierte Strafverfahren." Mehr als 80 Prozent aller vor chinesischen Gerichten verhandelten Staatsschutzdelikte betreffen nach offiziellen chinesischen Informationen Xinjiang. "Uiguren leiden besonders unter staatlicher Willkür und mangelnder Rechtstaatlichkeit."

Doch nicht nur in Xinjiang/Ostturkestan missachten und verletzen chinesische Sicherheitsbehörden systematisch chinesische Gesetze, um unliebsame Kritiker mundtot zu machen. "Trotz Weißbüchern zu Menschenrechten und einem Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte nehmen landesweit die Übergriffe auf Menschenrechtler in dramatischem Umfang zu", erklärte Delius. "So wurden seit Januar 2012 mehr als 1.600 Menschenrechtsverteidiger mindestens fünf Tage lang von den chinesischen Behörden in Gewahrsam genommen. Fast jeden Tag wurden somit zwei Menschenrechtler unter Hausarrest gestellt oder festgenommen."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. Juli 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2014