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ASIEN/580: China - Uiguren-Konflikt wird immer blutiger, 141 Tote in nur sechs Wochen


Presseerklärung vom 3. August 2014

Nordwest-China: Eskalation der Gewalt - 141 Tote in nur 6 Wochen

Vereinte Nationen sollen Hintergründe der Gewalt untersuchen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Navi Pillay, die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, aufgefordert, die Hintergründe der dramatischen Eskalation der Gewalt im Nordwesten Chinas zu untersuchen. "Mit 141 Opfern politisch motivierter Gewalt in den letzten sechs Wochen nimmt der Uiguren-Konflikt neue tragische Dimensionen an", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Chinas Informationen über die blutigen Zwischenfälle sind mangelhaft und oft irreführend. Die Fehlinformationen schüren neue Auseinandersetzungen. Um die Gewaltspirale zu stoppen, ist dringend eine unabhängige Untersuchung der Vorkommnisse erforderlich."

Seit dem 18. Juni 2014 hat die GfbV elf Zwischenfälle in Xinjiang/Ostturkestan registriert, bei denen 141 Menschen (überwiegend muslimische Uiguren) starben, elf Personen verletzt und 231 Uiguren festgenommen wurden. So sind noch am Freitag letzter Woche neun Einheimische von Polizisten erschossen worden.

Seit März 2013 hat die Menschenrechtsorganisation 60 blutige Zwischenfälle dokumentiert, bei denen 495 Menschen getötet und 526 Personen verletzt wurden. Im gleichen Zeitraum wurden mindestens 976 Uiguren aus politischen Gründen verhaftet. Im Juni / Juli 2014 wurden 256 Uiguren wegen politischer Straftaten verurteilt, davon wurden 22 Personen zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Chinas staatlich kontrollierte Medien melden regelmäßig "Angriffe" von Uiguren auf Polizeiwachen. Erst Montag letzter Woche sollen mindestens 96 Menschen bei einer mutmaßlichen Attacke auf eine Polizeidienststelle getötet worden sein, erklärten heute die Behörden. Die vermeintlichen "Angreifer" hatten vor der Polizeiwache gegen Verletzungen der Religionsfreiheit im Fastenmonat Ramadan protestiert, berichteten Augenzeugen. Weitere zehn solcher "Angriffe" meldeten Chinas Behörden seit März 2013. Nähere Recherchen zeigen, dass einige dieser so genannten "Attacken" zunächst friedliche Demonstrationen Einheimischer gegen willkürliche Verhaftungen, extralegale Erschießungen oder Einschränkungen der Glaubensfreiheit waren. Polizisten eröffneten dann das Feuer auf die Demonstranten und erklärten sie zu "Terroristen". So starben mindestens drei Uiguren, als sie am 7. August 2013 in Akyol (Präfektur Aksu) gegen Einschränkungen des Ramadans protestierten. Im Juni 2013 kamen in Hanerik (Präfektur Hotan) bei einer ähnlichen Demonstration 15 Uiguren zu Tode.

Doch es gibt auch gezielte Anschläge von Uiguren auf Sicherheitskräfte und Polizeiwachen, die selbstverständlich strafrechtlich in fairen Gerichtsverfahren geahndet werden müssen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 3. August 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2014