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ASIEN/606: Flüchtlingsdrama eskaliert - Thailand soll Uiguren in die Türkei ausreisen lassen


Presseerklärung vom 23. Januar 2015

Als "Terroristen" diffamierte Uiguren im Hungerstreik

Flüchtlingsdrama eskaliert: Thailand soll Uiguren aus China in die Türkei ausreisen lassen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Regierung Thailands aufgefordert, 367 uigurische Flüchtlinge aus China in die Türkei ausreisen zu lassen. "Flüchtlinge sind keine Handelsware. Das unmenschliche Geschacher zwischen Thailand, China und der Türkei um die nach Südostasien geflohenen Uiguren muss endlich aufhören", erklärte der GfbV-China-Experte Ulrich Delius in einem Schreiben an die Regierung Thailands. Eine Abschiebung nach China verbietet sich, da den Uiguren dort die Todesstrafe droht. Nachdrücklich forderte die GfbV auch den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, dazu auf, das seit zehn Monaten andauernde Flüchtlingsdrama zu beenden.

Am Mittwoch haben 140 der internierten 367 muslimischen Flüchtlinge aus dem Nordwesten Chinas einen Hungerstreik begonnen, um gegen ihre katastrophalen Haftbedingungen zu protestieren. Mindestens 195 Flüchtlinge sind Frauen und Kinder, ein dreijähriges Kind starb aufgrund unzureichender hygienischer Bedingungen bereits an Tuberkulose. Die große Zahl der von Eltern begleiteten Kinder zeigt, dass hier offensichtlich viele Familien geflohen sind. Seit zehn Monaten werden Männer und Frauen jedoch getrennt in unterschiedlichen Internierungslagern unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten. Die Zellen sind mit Dutzenden Menschen oft hoffnungslos überfüllt, haben keine Betten und das Essen ist kaum genießbar. Viele Flüchtlinge sind erkrankt. Anfang November 2014 flohen daher mehr als 100 Lagerinsassen, nur rund 20 dieser Flüchtlinge wurden bislang wieder gefasst.

Die Türkei ist seit Monaten zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit, doch Thailand zögert eine Weiterreise der Angehörigen der in China verfolgten Minderheit heraus, um die chinesische Regierung nicht zu verärgern. Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Flucht der Uiguren im März 2014 hatte die Volksrepublik ihre Auslieferung gefordert. Thailands Verteidigungsminister und stellvertretender Ministerpräsident General Prawit Wongsuwon hält eine Abschiebung der Flüchtlinge in ihre Heimat für unproblematisch. China sei eine Weltmacht und werde sich daher nicht an ihnen rächen, erklärte der General am 17. November. "Solche Aussagen sind ignorant, da bereits mehrere Dutzend im vergangenen Jahrzehnt nach China abgeschobene Uiguren zum Tode oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden", erklärte Delius.

Am vergangenen Wochenende hat China den Druck auf die Nachbarländer nochmals erhöht, Uiguren keinen Schutz zu gewähren. So wurden uigurische Flüchtlinge pauschal zu "Terroristen" erklärt. Mehr als 800 Uiguren seien im Jahr 2014 beim illegalen Grenzübertritt nach Vietnam festgenommen worden, ließ die chinesische Polizei verlauten. Mehrheitlich seien dies Terroristen gewesen, die zu militärischen Trainingscamps radikaler Islamisten ausreisen wollten. "Doch die bekannt gewordenen Fälle von gescheiterten Fluchtversuchen aus China ergeben ein anderes Bild", schrieb Delius. So setzten die malaysischen Behörden im Oktober 2014 eine Gruppe von 155 uigurischen Flüchtlingen fest, von denen 76 Kinder und 37 Frauen waren. Bei einem Zwischenfall an der vietnamesisch-chinesischen Grenze wurden am 21. Dezember 2014 ein Uigure getötet und 21 Menschen festgenommen, unter ihnen 17 Frauen und Kinder. Angesichts immer repressiverer Gesetze und massiverer Menschenrechtsverletzungen sehen viele Uiguren keine Hoffnung mehr für ein Leben in Frieden in ihrer Heimat.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 23. Januar 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2015


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