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ASIEN/629: China - Vier Millionen Studenten für Internet-Propaganda


Presseerklärung vom 26. Juni 2015

China verschärft Internetzensur

- Neue Hacker-Angriffe auf Uiguren
- Vier Millionen Studenten werden für Internet-Propaganda mobilisiert


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Chinas Kommunistischer Partei (KP) vorgeworfen, mit der massenweisen Mobilisierung von Studenten für Internet-Propaganda die Meinungsfreiheit weiter auszuhöhlen und die Zensur drastisch zu verschärfen. So will die KP-Jugendorganisation "Kommunistische Jugendliga" bis Ende Juni 2015 vier Millionen Studenten an Chinas Universitäten für die Internet-Propaganda im Sinne der Partei anwerben. Allen Hochschulen und Abteilungen der Jugendorganisation wurden in neuen Richtlinien im Februar 2015 verbindlich feste Quoten für die Anwerbung neuer Internetzensoren vorgegeben.

"China strebt systematisch nach absoluter Kontrolle und geht gezielt gegen alle Versuche vor, die Internetzensur zu umgehen", berichtete der GfbV-China-Experte Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. So spähten in den vergangenen Wochen mit den Behörden kooperierende Hacker gezielt Kontakte und E-Mail-Verkehr von Uiguren und Anhängern der Demokratiebewegung aus. Nach Einschätzung US-amerikanischer Computer-Experten ist es den Hackern gelungen, die bei Uiguren und kritischen Bürgern zur Umgehung der Internet-Zensur beliebten VPN-Dienste (Virtual Private Network) mit Trojanern zu infizieren und zahllose Kontakte auszuspionieren. Schon seit Jahresbeginn hatten die Behörden systematisch den Verkauf und den Betrieb von VPN-Diensten blockiert, die auch bei in China ansässigen ausländischen Unternehmen regelmäßig genutzt wurden. Software-Experten der im Silicon Valley ansässigen Sicherheitsfirma AlienVault dokumentierten diese jüngsten Hacker-Angriffe und warnten vor einer weiteren Nutzung von VPN-Diensten in China.

Neben dem Einsatz von zehntausenden bezahlten Kommentatoren, die das Internet im Sinne der staatlichen Propaganda manipulieren, sollen die Studenten unentgeltlich ein "harmonisches Internet" und den Machterhalt der Partei sichern. So müssen die Abteilungen der Jugendliga nach den offiziellen Vorgaben der Organisation beispielsweise an den Universitäten in der Unruheregion Xinjiang/Ostturkestan 40.000 neue Internet-Propagandisten anwerben. An Pekings Hochschulen sollen 140.000, in Shanghai 130.000, in den Provinzen Guangdong und Jiangsu 260.000 und 290.000 Studenten gewonnen werden. "Das sind verrückte Vorgaben, die auf der Grundlage der Freiwilligkeit nicht erfüllt werden können", sagte Delius. "So sind weiterer Zwang und die systematische Täuschung der Behörden über das wahre Ausmaß der Mobilisierung zu erwarten."

Der "Kommunistischen Jugendliga" gehören in China nach offiziellen Angaben 89 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 14 und 28 Jahren an.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. Juni 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2015

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