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EUROPA/469: Kurdisches Neujahrsfest Newroz - Übergriffe auf Zivilbevölkerung befürchtet


Presseerklärung vom 20. März 2009

Kurdisches Neujahrsfest Newroz (21. März)

Übergriffe auf die kurdische Zivilbevölkerung befürchtet
GfbV fordert Entsendung von Beobachtern und bittet um Medienpräsenz in der Südosttürkei


Wegen drohender Übergriffe türkischer Sicherheitskräfte auf kurdische Zivilisten während des kurdischen Neujahrsfestes Newroz am 21. März fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Entsendung von EU-Beobachtern in das Kurdengebiet der Türkei. Mit dieser dringenden Bitte hat sich die Menschenrechtsorganisation bereits an die Botschaften europäischer Staaten in Ankara gewandt. Jetzt appelliert die GfbV außerdem an die Medien, im kurdisch besiedelten Südosten des Landes Präsenz zu zeigen. "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Anwesenheit ausländischer Journalisten sehr dazu beiträgt, die kurdische Zivilbevölkerung zu schützen", sagte der GfbV-Bundesvorsitzende Tilman Zülch am Donnerstag in Göttingen.

Vor allem wegen der bevorstehenden Provinzwahlen könnte es gewalttätige Auseinandersetzungen geben, weil es zu einer "Machtprobe" zwischen dem Staat und der radikalen Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, kommen könnte, warnte die GfbV. Denn beide Seiten wollten "Kurdistan für sich erobern". Auch die pro-kurdische Partei DTP wolle angesichts der Wahlen ihren Einfluss auf die Bevölkerung des Kurdengebiets testen. Ankara werde deswegen alles daran setzen, um von der PKK oder DTP initiierte Demonstrationen oder Kundgebungen auch mit Gewalt zu verhindern.

Traditionell wird das kurdische Frühlings- und Neujahrsfest Newroz am 21.. März gefeiert. Viele Kurden nutzen jeweils die Feiern, um auf ihre politische Lage aufmerksam zu machen. In den vergangenen Jahren kam es zu Auseinandersetzungen und nicht genehmigten Demonstrationen, gegen die die türkischen Sicherheitskräfte rücksichtslos vorgehen.

So wurden 2008 nach Ausschreitungen am Rande des Festes zwei junge Männer durch Schüsse der türkischen Polizei getötet. Es gab zahlreiche Verletzte und über 100 Verhaftungen. Im gleichen Jahr lösten Jugendliche, die in der Mittelmeerstadt Mersin während Newroz türkische Fahnen verbrannt hatten, eine landesweite Krise aus. Hintergrund ihrer Protestaktion war die Verhaftung von sechs minderjährigen Kurden drei Jahre zuvor. Die Jugendlichen wurden beschuldigt, eine türkische Fahne verbrannt zu haben. Der Vorfall führte zu einer Welle nationalistischer Ausschreitungen gegen die Kurden. Später wurde ein Mitglied der türkischen extremistischen Union Patriotischer Kräfte (VKGB) als Täter identifiziert. Die sechs Beschuldigten wurden nach zwei Jahren zwar aus der Haft entlassen, jedoch weder freigesprochen noch entschädigt.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. März 2009
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2009