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EUROPA/526: Burma - Deutschland darf sich nicht für Lockerung der EU-Sanktionen aussprechen


Presseerklärung vom 31. März 2011

Neuer Irrweg deutscher Außenpolitik?

Berlin darf sich nicht für Lockerung von EU-Sanktionen gegen Burma einsetzen!


Der deutschen Bundesregierung droht nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erneut außenpolitischer Ärger mit westlichen Verbündeten. Denn Berlin erwägt eine Lockerung der EU-Sanktionen gegen Burma, über deren Verlängerung im April 2011 von der Europäischen Union entschieden werden muss. "Deutschland darf sich nicht im Alleingang für eine Aufhebung der Sanktionen einsetzen und so auch Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in den Rücken fallen", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Die jahrelang unter Hausarrest stehende bekannteste Regimekritikerin in Burma lehnt eine Aufhebung der Sanktionen ab. Auch die US-Regierung signalisierte vor wenigen Tagen, dass sie entsprechende US-amerikanische Sanktionen weiter aufrechterhalten wird.

"Wieder einmal droht sich Berlin ohne triftigen Grund zwischen alle Stühle zu setzen", warnte Delius. "Kopfschütteln löst auch die Zurückhaltung der deutschen Bundesregierung aus, die völkermordartigen Verbrechen an den Minderheiten Burmas aufzuarbeiten. So wird deutsche Außenpolitik auch für die besten Partner immer unberechenbarer." Die USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Australien, die Niederlande, Dänemark und mindestens acht weitere Staaten unterstützen den auch von den Vereinten Nationen erhobenen Ruf nach Einrichtung einer internationalen Untersuchungskommission, die die Verbrechen dokumentieren soll. Eine solche Kommission wäre ein erster Schritt, um den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit Ermittlungen zu betrauen.

"Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich Deutschland im Falle Libyens für Ermittlungen des IStGH ausgesprochen hat, zu den ungleich schwereren Verbrechen in Burma aber schweigt", kritisierte Delius. Exil-Burmesen protestierten wegen Deutschlands Schlingerkurs in den vergangenen Tagen bereits vor der deutschen Botschaft in London.

Neben den ASEAN-Staaten setzen sich vor allem Deutschland und Österreich für eine Aufhebung der Sanktionen gegen Burma ein. Erst in diesem Monat besuchte eine Delegation von 23 österreichischen Unternehmen Burma. Auch die deutsche Industrie zeigt großes Interesse an einer Aufhebung der EU-Sanktionen. Sie verbieten Geschäfte mit 1200 burmesischen Staatsfirmen, schränken die Reisefreiheit führender Militärs ein und frieren ihre Finanzguthaben ein.

Offiziell spielt Deutschland seine Wirtschaftsinteressen herunter und begründet seine Kritik an der Aufrechterhaltung der Sanktionen mit ihren Folgen für die breite Bevölkerung. Zudem hätten die Zwangsmaßnahmen keine Wirkung auf das Regime. Befürworter der Sanktionen weisen darauf hin, dass Burmas bislang regierende Militärjunta alle von der EU geforderten Reformen abgelehnt hat und nun nicht dafür belohnt werden darf. "Wenn die Armut im Land zunimmt, so ist dafür die Misswirtschaft der Militärs verantwortlich", sagte Delius.

In Burma werden zurzeit 2189 politische Gefangene - unter ihnen 254 buddhistische Mönche - in Haftanstalten festgehalten. In den Nationalitätengebieten sind die Minderheiten Opfer völkermordartiger Verbrechen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 31. März 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2011