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MELDUNG/098: 70 Jahre Jalta-Konferenz - Krimtataren kritisieren Enthüllung von Stalin-Statue


Presseerklärung vom 5. Februar 2015

70 Jahre Jalta-Konferenz (4.-11.2.1945)

Stalin-Statue soll enthüllt werden - Schlag ins Gesicht der Krimtataren



"Als weiteren Schlag ins Gesicht der Krimtataren" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) das Vorhaben der russischen Regierung bezeichnet, anlässlich des 70. Jahrestags der Jalta-Konferenz am 5. Februar eine Statue vor dem Liwadija-Palast, dem Ort der Konferenz, zu enthüllen, die Josef Stalin neben Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill zeigt. "Die Konferenz in Jalta fand wenige Monate nach der kollektiven Deportation der Krimtataren durch die Rote Armee unter Stalin im Mai 1944 statt. 44 Prozent der Deportierten kam ums Leben. Heute sind ihre Nachkommen, die oftmals in der Verbannung in Usbekistan geboren wurden, diejenigen, die auf der Krim am stärksten unter systematischer Schikane und Diskriminierung zu leiden haben", betont Sarah Reinke, GUS-Referentin der GfbV. Ein Sprecher des Medschlis, des Selbstverwaltungsorgans der Krimtataren, sagte, es sei kein Zufall, dass gerade heute, da wichtige Krimtataren wieder aus ihrer Heimat ausgewiesen werden, eine Stalin-Statue errichtet werde und kritisierte die Haltung der Behörden zum Stalinismus scharf.

In Jalta setzte Stalin vor 70 Jahren weitgehend die von ihm angestrebte territoriale Aufteilung Europas und den Zuschlag weiter Gebiete zur Sowjetunion bzw. deren Einflusssphäre durch. "Heute sollte diese Konferenz als Mahnung dienen, dass sich auch die heutigen Machthaber im Kreml nicht durch territoriale Zugeständnisse, wie etwa die Krim, beschwichtigen lassen", mahnt die GfbV.

Gerade in den vergangenen Wochen gibt es eine neue Welle von Repressionen gegen die Krimtataren: Am 26. Januar wurde Sinaver Kadyrow von der Krim ausgewiesen. Er ist ein bekannter krimtatarischer Bürgerrechtler, der gemeinsam mit zwei Partnern im November 2014 die Organisation "Komitee zum Schutz der Rechte der Krimtataren" gegründet hat. Allein in den ersten zehn Tagen ihrer Existenz hatte das Komitee mehr als 300 Anrufe erhalten, in denen über Rechtsverstöße geklagt wurde. Pro-russische Provokateure störten durch Pöbeleien, Unterbrechungen und Anrempeln der Teilnehmer die erste Konferenz der Organisation am 17. Januar. Am 26. Januar wurde der einzige krimtatarische Fernsehsender ATR von russischen Spezialeinheiten durchsucht. Alle Computer wurden überprüft, das Archiv des Senders und weiteres Material konfisziert. Zudem drohten die Behörden wiederholt an, ATR zu schließen.

Am 29.1. wurde Achtem Chjigoz, der Vizepräsident des Medschlis, verhaftet, am nächsten Tag sein Haus durchsucht. Ihm wird vorgeworfen, am 26.2.2014 "Massenunruhen" organisiert zu haben. Dafür drohen bis zu zehn Jahre Haft. Dem Präsidenten des Medschlis, Refat Tschubarow, wurde die Einreise auf die Krim für fünf Jahre verweigert. Ein Einreiseverbot gilt auch für Mustafa Dschemilew, den wichtigsten krimtatarischen Bürgerrechtler, Sowjetdissidenten und derzeit einzigen krimtatarischen Abgeordneten im ukrainischen Parlament.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5. Februar 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2015


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