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MELDUNG/143: Internationaler Tag der Mutter Erde am 22.4. - "Weltkrieg" gegen indigene Völker


Presseerklärung vom 21. April 2017

Internationaler Tag der Mutter Erde (22.4.):

"Weltkrieg" gegen indigene Völker
Lebensgrundlage von Ureinwohnern wird zerstört


Zum Internationalen Tag der Mutter Erde (22.4.) hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor der systematischen Zerstörung der Lebensgrundlage der rund 5.000 indigenen Völker der Welt gewarnt. "Ureinwohner verstehen sich als Hüter von Mutter Erde, weil sie traditionell besonders schonend mit natürlichen Ressourcen umgehen. Doch heute herrscht ein unerklärter "Weltkrieg" gegen die indigenen Völker, mit dem sich Wirtschaftsunternehmen und Regierungen den Zugriff auf begehrte Rohstoffe sichern wollen", erklärte die GfbV am Freitag. "Rücksichtslos werden nicht nur Natur und Umwelt zerstört, sondern auch die kulturelle Vielfalt und das Erbe der Menschheit unwiederbringlich vernichtet." Ohne ein Umdenken werde sich die Zahl der indigenen Völker in den kommenden 20 Jahren halbieren, warnte die Menschenrechtsorganisation.

Auch in den entlegensten Regionen Indiens, Nordschwedens, Brasiliens, der USA oder der Philippinen tobt auf dem traditionellen Land indigener Völker ein unerbittlicher Kampf um die Kontrolle von Rohstoffen, berichtete die GfbV. "Die Ureinwohner sind dabei fast immer die Verlierer. Meist werden ihre Interessen nicht berücksichtigt und Unternehmen verschaffen sich gewaltsam Zugang zu den Ressourcen. Manchmal wird mit Geldzuwendungen der Zugang zu den Ressourcen erkauft und so Streit und Missgunst unter Ureinwohnern geweckt."

So will Indien in den kommenden fünf Jahren 15 Milliarden Euro investieren, um seine Bergbauproduktion zu verdoppeln. Rund 70 Prozent der Kohlereserven und 80 Prozent der Eisenerzvorräte Indiens liegen unter dem Land der rund 100 Millionen Adivasi-Ureinwohner. Dort befindet sich auch die Hälfte der 50 bedeutendsten Bergwerke des Subkontinents.

Im Süden der Philippinen werden auf der Insel Mindanao die indigenen Lumad Opfer des Abbaus von Gold, Nickel, Kupfer und Silber. Milizen verbreiten Terror unter den Ureinwohnern, um sie von ihrem Land zu vertreiben, damit Bergbau-Unternehmen den Rohstoffabbau vorantreiben können. Seit Juni 2016 wurden mindestens 16 Lumad gezielt ermordet, um die Ureinwohner einzuschüchtern.

Im Norden Schwedens sind die Sami-Rentierhalter von der Ausweitung des Eisenerz- und Kupferabbaus bedroht. Ihnen werden immer mehr Weideflächen genommen. Im benachbarten Finnland leiden die Sami unter der Abholzung der Wälder, die ihren Rentieren die Nahrung nimmt. Auch der Klimawandel gefährdet das Überleben der Rentier-Züchter, da die Tiere nicht ausreichend Nahrung finden.

In Brasilien wird rund 80 Prozent des Stroms durch Wasserkraft erzeugt. Dafür werden Großstaudämme gebaut, die die Natur zerstören und mit giftigem Methangas belasten, das durch die Verrottung von organischem Material unter Wasser freigesetzt wird. Durch Staudämme wird der Wasserhaushalt im Amazonas nachhaltig verändert und indigene Fischer leider darunter, dass die Flüsse weniger Wasser führen und der Fischreichtum abnimmt. So sind von dem im Jahr 2016 in Betrieb genommenen Staudamm Belo Monte am Xingu-Fluss (Bundesstaat Para) 24 indigene Völker betroffen. Dieser drittgrößte Staudamm der Welt wurde auch mit Hilfe deutscher Unternehmen errichtet.

Indigene Völker in den USA sehen sich durch den Bau von Pipelines auf ihrem Land bedroht. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat den unter seinem Vorgänger Barack Obama gestoppten Ausbau der 1.890 Kilometer langen Dakota Access Pipeline im US-Bundesstaat North Dakota wieder aufgenommen. Der Standing Rock Sioux Tribe leistet dagegen gemeinsam mit US-Umweltschützern und vielen prominenten Unterstützern friedlichen Widerstand. Die Ureinwohner beklagen eine Missachtung ihrer Landrechte, die Zerstörung ihrer Grabstätten sowie drohende schwere Umweltschäden etwa durch Lecks in der Pipeline.

Schon zuvor international gefeiert, wurde der 22. April im Jahr 2009 auf Vorschlag der Regierung Boliviens von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Internationalen Tag der Mutter Erde erklärt. Er soll die Wertschätzung für die natürliche Umwelt stärken.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 21. April 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2017

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