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NAHOST/187: Hilferuf aus Syrien - Dialyse-Patienten droht langsames Sterben


Presseerklärung vom 12. April 2013

Hilferuf aus Qamishli/Syrien

Medizinischer Versorgungsengpass in Syrien - Dialyse-Patienten droht langsames Sterben



Ein dringender Hilferuf hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) aus dem multiethnischen und multireligiösen Distrikt Qamishli im äußersten Nordosten von Syrien erreicht. Dort droht bis zu 5.000 Dialyse-Patienten ein langsames Sterben, weil die für sie lebenswichtige Blutwäsche in den wenigen noch intakten Krankenhäusern nicht mehr durchgeführt werden kann. Die für diese kranken Menschen benötigten Heilmittel und Medikamente sind vollständig ausgegangen.

"Die Situation ist dramatisch, wir können unseren Dialyse-Patienten nicht mehr helfen, wenn nicht schnell medizinische Hilfe von außen kommt", schilderte ein in Qamishli ansässiger Arzt der GfbV die Notlage am Telefon. Wer an Nierenversagen leidet, muss sein Blut mehrmals in der Woche von einer "künstlichen Niere" reinigen lassen. Da nahezu alle Zufahrtsstraßen nach Qamishli entweder durch die Regimetruppen oder die radikalislamistischen Rebellen gesperrt sind, erreichen Hilfslieferungen aus Syrien selbst die Stadt nicht. Es gibt nur noch den Weg über den nahen Grenzübergang zur Türkei.

Deshalb appellierte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch appellierte am Freitag an die Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die benötigten medizinischen Güter in die Türkei geflogen und von dort über den türkisch-syrischen Grenzübergang Nusaybin nach Qamishli transportiert werden. In einem zweiten Schreiben appellierte Zülch an den türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu, den Transport von Heilmitteln und Medikamenten nach Qamishli zu erleichtern.

In Qamishli lebten vor dem Beginn der "syrischen Revolte" im März 2011 etwa 200.000 Einwohner. Nachdem sich die friedlichen Proteste in einen offenen Bürgerkrieg verwandelt hatten, kamen immer mehr Flüchtlinge, Kurden, christliche Assyro-Aramäer, Armenier, aber auch Angehörige anderer Volksgruppen aus den zwischen den Truppen des Regimes und sunnitischen Rebellen umkämpften Städten wie Damaskus und Aleppo in die relativ ruhige Region. Heute sollen dort mindestens 600.000 Menschen leben.

Etwa 70.000 Syrer, vor allem Zivilisten, sind im syrischen Bürgerkrieg getötet worden. Mehr als eine Million Flüchtlinge aus Syrien wurden vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in den Nachbarländern registriert oder warten auf eine Registrierung. Die meisten davon in Jordanien (271.885). Weitere 2,5 Millionen sind in Syrien selbst auf der Flucht. Etwa die Hälfte der Geflüchteten sind Kinder, die zumeist jünger als elf Jahre sind. 57 Prozent der staatlichen Krankenhäuser sind teilweise zerstört, 36 Prozent sind nicht mehr betriebsfähig. Mehr als vier Millionen Syrer sind im Land auf humanitäre Hilfe angewiesen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 12. April 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2013