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NAHOST/209: Syrien - 15.000 Menschen von Islamisten und syrischen Truppen eingeschlossen


Presseerklärung vom 25. Oktober 2013

15.000 Menschen von Islamisten und syrischen Truppen eingeschlossen

Syrien: Christliche Ortschaft Sadad zwischen den Fronten
Bundesregierung soll bei Vermittlungen helfen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen hat am Freitag an die deutsche Bundesregierung appelliert, sich für einen Waffenstillstand für die mehrheitlich von Christen bewohnte syrische Ortschaft Sadad einzusetzen. "Bitte wirken Sie schnellstens sowohl auf die russische Regierung in Moskau, die das Regime in Damaskus mit Waffen beliefert, als auch auf die Regierungen der Türkei und Saudi-Arabiens, die die Islamisten unterstützen, ein, um die eingeschlossene Zivilbevölkerung zu retten", heißt es in dem Schreiben der Menschenrechtsorganisation an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle. "Es muss eine Feuerpause mit beiden Kriegsparteien ausgehandelt werden, damit die 15.000 Christen den Ort verlassen können. In Sadad gibt es keinen Strom mehr, Brot, Milch und andere Lebensmittel sowie Trinkwasser werden knapp." Das brutale Vorgehen des Regimes und der bewaffneten Opposition, die den Tod von so vielen unschuldigen Menschen in Kauf nehmen, dürfe nicht einfach hingenommen werden, zumal sich die internationale Staatengemeinschaft gleichzeitig um die Einberufung der Syrien-Friedenskonferenz "Genf-2" bemüht.

Berichten arabischsprachiger Medien zufolge wurde Sadad am 21. Oktober 2013 von Kämpfern der al-Nusra-Front und des "Islamischen Staats in Irak und Syrien" (ISIS) überfallen. Die beiden Rebellengruppen werden zum internationalen Terrornetzwerk El Kaida gerechnet. Sie konnten Teile der Ortschaft unter ihre Kontrolle bringen. Truppen des Regimes in Damaskus versuchen, die Islamisten mit Waffengewalt zu vertreiben. Die heftigen Kämpfe toben seit Montag. Mindestens neuen Zivilisten seien inzwischen getötet und Dutzende verletzt worden. Die Islamisten forderten die verängstigten Bewohner mit Lautsprecheransagen dazu auf, in den Häusern zu bleiben.

Sadad liegt 60 Kilometer südlich von der zentralsyrischen Metropole Homs und rund 100 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Damaskus. Sadad ist eine antike Stadt. Sie wurde womöglich bereits als Ortschaft Zedad an der nordöstlichen Grenze des biblischen Landes Kanaan im Alten Testament erwähnt. Isoliert am Rande der syrischen Wüste ist die Bevölkerung von Sadad auch nach der islamischen Eroberung Syriens im 7. Jahrhundert überwiegend syrisch-orthodox geblieben. Die Christen in Sadad sprechen noch Aramäisch, die Sprache Jesu.

Verschiedenen Schätzungen zufolge sollen bereits 450.000 der rund 1,5 Millionen Christen Syriens das Land verlassen haben. Die meisten sind in den benachbarten arabischen Libanon geflohen. Dort haben bereits mindestens eine Million Syrer Zuflucht gesucht. Die GfbV dokumentiert die Menschenrechtsverletzungen an Christen in Syrien in einer Chronik. Sie kann per E-Mail angefordert werden.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 25. Oktober 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2013