Schattenblick → INFOPOOL → BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER


NAHOST/268: Sinai/Ägypten - IS enthauptet zwei Männer wegen Apostasie


Presseerklärung vom 30. März 2017

Christen und Sufis leiden unter Terror des Islamischen Staates auf dem Sinai

- IS lässt zwei Männer wegen Apostasie enthaupten
- Ägypten soll Verbrechen aufklären


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Ägyptens Regierung aufgefordert, die Enthauptung von zwei Männern im Norden der Sinai-Halbinsel durch den Islamischen Staat (IS) aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. "Bislang ist die Identität der Ermordeten noch ungeklärt. Es könnte sich sowohl um gemäßigte muslimische Sufis als auch um Christen handeln", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Die grausamen Verbrechen des IS an liberalen Muslimen oder Andersgläubigen dürfen nicht unbestraft bleiben". Die Terrororganisation hatte am Dienstag ein Video über den oft von ihr genutzten Telekommunikationskanal Telegram verbreiten lassen, das die Enthauptung von zwei älteren Männern in der Wüste zeigt. Sie seien angeblich wegen Apostasie und Hexerei von einem Scharia-Gericht zum Tode verurteilt worden. Einzelheiten zu den Tatumständen und den Opfern wurden nicht genannt.

"Die Verbrechen des IS müssen aufgearbeitet werden, um den Terror der Extremisten gegen die Zivilbevölkerung auf dem Sinai einzudämmen", erklärte die Menschenrechtsorganisation in einem Fax-Schreiben an Ägyptens Staatspräsident Abdel Fattah Al Sisi. Nachdrücklich forderte die Menschenrechtsorganisation einen besseren Schutz religiöser Minderheiten und liberaler Muslime.

Die Behörden des Landes verweigerten bislang jede Auskunft zu der Hinrichtung und zu der Identität der Opfer. Einige Indizien deuten darauf hin, dass es sich bei den Ermordeten um Sufis handeln könnte. So wurden die Opfer der Hexerei beschuldigt, ein Vorwurf, der oft vom IS gegenüber Sufis geäußert wird. Die muslimischen Mystiker sind in vielen Staaten (Libyen, Saudi-Arabien, Pakistan, Iran) in das Visier von muslimischen Extremisten geraten. In dem vom IS verbreiteten Video wird auch gezeigt, wie die Religionspolizei der Terrororganisation eine Versammlung von Sufis stürmt und viele Gläubige verhaftet, die sich schließlich schriftlich vom Sufismus lossagen müssen.

Die Enthaupteten könnten aber auch Christen sein. Anfang März 2017 flohen 143 koptische Familien aus dem Norden des Sinai, nachdem sieben Christen im Februar 2017 von Extremisten ermordet worden waren. Der IS hat in den letzten Monaten seine Terrorkampagne gegen religiöse Minderheiten in Ägypten massiv verstärkt, um unter Andersgläubigen Angst und Schrecken zu verbreiten und ihren Exodus aus dem Land voranzutreiben. Das Nachbarland Israel warnte in dieser Woche nachdrücklich vor Terroranschlägen des IS auf dem Sinai und forderte seine Staatsbürger auf, die Krisenregion unverzüglich zu verlassen.

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. März 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang